Wann waren Sie das letzt Mal in einem Museum, in einer Kunstgalerie? Wann haben Sie sich das letzte Mal ein Bild, eine Grafik betrachtet? Das ist schon lange her? Das ist schön für Sie, denn dann sind sie sicher ziemlich gesund.
Was Gesundheit mit Kunst, mit Bildern und Grafiken zu tun hat? Das ist ganz einfach: Die Praxen der niedergelassenen Ärzte sind in ihrer Gesamtheit für mich die größte Galerie Deutschlands. Ich kenne keine Arztpraxis, in der nicht Kunst an der Wand hängt. Wer da nun auf den erlösenden Ruf: "Herr... bitte" wartet, hat bis dahin genug Muße und bis auf die Apothekenrundschau kaum eine andere Alternative, sich die Bilder anzusehen.
Während manche Arztpraxen ihre Kunst einfach bei IKEA kaufen, öffnen viele andere örtlichen Künstlern ihre Räumlichkeiten. Eine gute Symbiose, finde ich. Die Ärzte sparen sich das Geld für die IKEA-Bilder und in der Praxis hängen immer wieder neue Arbeiten. Die Künstler können zeigen, was sie drauf haben und haben sogar die Chance, mal ein Werk zu verkaufen.
Und wir, die da warten? Wir sehen immer wieder neue Kunst. Wir sehen Kunst, dessen Macher wir vielleicht kennen, die womöglich unsere Nachbarn, unsere Kollegen sind. Die werden sich dann Fragen zu ihrer Kunst gefallen lassen müssen. Das ist im ersten Augenblick vielleicht sogar peinlich. Plötzlich steht man im Mittelpunkt, dabei wollte man sich doch nur ausdrücken. Doch es ist ein angenehmes Gefühl, plötzlich auch als Künstler wahr genommen zu werden.
Doch wie überzeugt man seinen Arzt, der bisher auf IKEA-Kunst schwört (nichts gegen diese Bilder)? Ganz einfach: in dem man miteinander redet. Fragen kostete nichts. Ich kenne viele Fälle, in denen eine solche Frage der erste Schritt zur Umgestaltung einer Arztpraxis in eine Galerie war. Ich berichte da von eigenem Erleben aus den ganz frühen 1970ger Jahren in Berlin-Baumschulenweg. Ein Freund von mir war studierter Grafiker und arbeitete nur abstrakt. Das passte nicht in den sozialistischen Kulturbetrieb und die Folge waren unter anderem keine Ausstellungsmöglichkeiten.
In der Praxis meines Hausarztes hingen damals aufgeblockte Kalenderblätter. Keine originelle Idee, damals aber durchaus üblich. Ich stellte unsere Idee meinem Arzt vor und der war nach kurzem Zögern bereit, die Grafiken - nichts verbotenes - auszustellen. Die Patienten reagierten erst irritiert dann interessiert. Das Interesse ging so weit, dass man sogar ein Treffen mit dem Künstler arrangierte.
Ich finde es bis heute sehr schön, wenn ich in einer Arztpraxis Kunst an den Wänden vorfinde. Es lenkt mich ab, egal ob mir die Kunst gefällt oder nicht. Ich finde, hier tun die Ärzte Land auf Land ab etwas für die Kulturnation Deutschland, was bisher kaum Anerkennung findet. Diese Anerkennung wird nicht nur den Medizinern sondern auch Unternehmern, Hoteliers, Gastwirten und all jenen verweigert, die Ihre Räumlichkeiten der Kunst öffnen.
Ich mache mir jetzt mein Frühstück
Ihnen wüsche ich ein genussvolles und gemeinsames Frühstück.
Morgengruß: Kunst
Kennen Sie die größten Galeristen?
Veröffentlicht am: 08.04.2015
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