(Helmut Harff / Chefredakteur) Craft Beer, aber auch Craft Gin sind schon seit längerem in aller Munde. Nun begegnet mir immer häufiger der Begriff Craft Food. Dabei wird immer suggeriert, dass das ein neuer Trend ist. Neu ist wohl das falsche Wort, denn Craft Food ist sicherlich so alt wie die Beherrschung des Feuers durch frühe Menschen.
Craft Food, das ist nicht mehr und nicht weniger als handwerklich hergestelltes Essen. Das beherrschten wohl schon unsere Vorfahren vor mehreren zehntausend Jahren. Dass die Zubereitung von Speisen ein Handwerk ist, hat sich auch schon vor etlichen tausend Jahren rumgesprochen. Das war schon damals so existenziell, dass es faktisch überall dort stattfand, wo Menschen lebten. Man bereitete das zu, was einem die Natur gab oder was man sich von ihr nahm.
Das hat sich in der Tat in unsere industrialisierten Gesellschaft massiv geändert. Handwerklich hergestelltes Essen - Craft Food - wurde immer mehr durch industriell hergestellte Nahrung ersetzt. Das war damals ein wahnsinniger Fortschritt. Das machte es möglich, Lebensmittel so herzustellen, dass man sie lagern, transportieren konnte und sie schnell essfertig zur Verfügung hatte. Es gab an Bord von Schiffen kein Skorbut mehr, man konnte Soldaten an der Front mit sogenannten eisernen Rationen ausrüsten und selbst die frühen Raumfahrer profitierten von solchen industriell hergestellten Lebensmitteln.
Die Massenfertigung sorgte für niedrigere Preise und die allgemeine Verfügbarkeit von unzähligen Lebensmitteln in jedem Winkel der Erde. Craft Food war damals etwas für ewig gestrige, Fast Food war die Moderne. Allmählich merkte man jedoch, dass da vieles von dem verloren ging, was man in der guten alten Zeit - die gab es immer irgendwie - noch kannte und dann verkannte.
Doch bis der Begriff Craft Food wieder ins allgemeine Bewusstsein rücke, dauerte es noch eine Weile. Bio war erst einmal angesagt. Dann wurde alles Mode, was vom Bauern direkt kam. Dazu zählte zwar Craft Beer nicht, es trat dennoch seinen Siegeszug an. Man entdeckte auch wieder, dass selber kochen nicht nur etwas für abartige Menschen ist, die sich Fast Food nicht leisten können.
Heute kochen wir alle wieder selber, wir züchten unser Obst und Gemüse wieder, wenn es sein muss, sogar im stylischen Pflanzgefäß auf der Fensterbank. Selber kochen - das ist schon kein Trend mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir kochen, wir backen, frieren und kochen ein, dörren - und haben dazu x Gerätschaften. Der Trend hat sein Ende noch lange nicht gefunden, wurde aber längst zur Normalität. Etwas neues musste her, denn Bio und Co. hatten als Trend auch längst ausgedient.
Man entdeckte dann das handwerklich gemachte Bier - das Craft Bier. Dazu kamen selbst gemachte Pralinen und Schokoladen. Doch da fehlte der knackige Begriff. Den hat man nun mit Craft Food gefunden. Wer also heute Essen handwerklich fertigt, ob in der eigenen Küche, der Brauerei, der Destilliere, der Backstube, der Metzgerei - um nur einige Orte aufzuzählen - , ist ein Trendsetter. Wer heute bei seinem Essen mehr Hand anlegt, als die Tüte aufzureißen oder den Dosenöffner zu schwingen, ist ein Trendsetter. Der hat erkannt, dass der Trend einen Namen hat: Craft Food.
Foto: Pixabay
Aufgespießt: Craft Food – (k)ein Trend
… aber dennoch trendy
Veröffentlicht am: 15.10.2018
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