Gestern war ich mit der besten Frau der Welt noch mal einfach so in der Hauptstadt unterwegs. Wir wollten irgendwie so etwas wie weihnachtliche Stimmung aufsaugen. Wie genossen die beleuchteten Linden und den noch heller erstrahlenden Ku-Damm und den Tauentzien – den Topeinkaufsmeilen im alten Westberlin.
Wir schlenderten durch das Nobelkaufhaus KaDeWe – das Kaufhaus des Westens, wir durchstreiften diverse kleine Läden rund um den Hackeschen Markt, wir machten gelegentlich eine Pause an einem Glühweinstand. Doch so richtige Weihnachtsstimmung wollte nicht aufkommen. Zu erst dachte ich, das liegt am regnerischen Wetter. Doch dem war nicht so.
Unser eigentliches Ziel war gestern die Premiere von Roncallis Weihnachtszirkus im Tempodrom. Hier wurde mir klar, was uns das Weihnachtsfeeling verhagelt hat. Viele Menschen um uns rum waren extrem aggressiv. Überall wurde gemotzt, gedrängelt, geschubst und sogar mit Gewalt gedroht. Die Sicherheitsmitarbeiter an den Türen des Tempodrom wurden häufiger extrem attackiert, sodass mit Hausverbot und Polizei gedroht werden musste. Diese aggressive Stimmung ebbte leider auch nur wenig während der Vorstellung ab.
Ich frage mich, was mit vielen Mitbürgern los ist? Die da motzten, drängelten und schubsten, waren keine Jugendlichen, keine Südländer, keine die irgendwie arm aussahen – also niemand von denen, die eigentlich immer schuld sind. Es waren – zumindest dem äußeren Anschein nach – eher Menschen die man als gut situiert oder auch als Otto Normalverbraucher bezeichnen kann. Wir haben uns immer wieder gefragt, was mit den Menschen los ist, woher ihr Verhalten kommt, warum ein älterer Mann im teuren Mantel eine Frau als Schlampe bezeichnet, nur weil er nicht gleich im Gedrängel eines Kaufhauses an ihr vorbei kommt?
Warum blieben diese Leute nicht einfach zuhause, setzten sich an den Kamin oder zünden eine Kerze an, gießen sich einen Cognac ein und summen mit, wenn aus dem Lautsprecher erklingt:
Laßt uns froh und munter sein
Und uns recht von Herzen freu'n!
Wie ich nun darauf komme? Ganz einfach: Genau das machen die beste Frau der Welt und ich heute. Wir werden – und das nicht nur heute – froh und munter sein und uns recht von Herzen freu'n. Zumindest das sollte die Botschaft von Weihnachten zu sein. Sich von Herzen freu'n, das kann, das sollte in diesen Tagen jeder tun, ob er nun mit dem eigentlichen Anlass für Weihnachten oder dem ganzen heutigen kommerziellen Trubel drum herum etwas anfangen kann.
Weihnachten, das ist – so heißt es – das Fest des Friedens. Doch Friede kann es nirgendwo und nirgends geben, wenn nicht jeder einzelne für sich Frieden findet. Wenn jeder – wenn auch nur verschämt - mitsingt „Laßt uns froh und munter sein“, dann kehrt Ruhe ein, vor allem in unsere Herzen.
Wir, die beste Frau der Welt und ich, werden jetzt erst einmal in aller Ruhe frühstücken – bei Kerzenschein und mit duftenden Brötchen.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück . Es macht Spaß, sich so recht von Herzen zu freuen.
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