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Mit Vollgas in den Stillstand?

... ein Kommentar von Harald Kaiser, Auto-Medienportal.Net

Wenn das mal keine Vollbremsung wird. Die steht womöglich einer ganz speziellen Branche wegen des mutmaßlichen harten Brexit bevor: der Formel-1-Industrie.

Es ist nicht nur so, dass sieben von zehn Formel-1-Teams in Großbritannien beheimatet sind, die eng mit Niederlassungen und Partnern auf dem europäischen Festland zusammenarbeiten und für die Rennen unter anderem in die EU reisen müssen. Sondern es ist ferner so, dass ein Haufen Umsatz gefährdet ist, der derzeit noch vom unternehmerischen Sitz her in Großbritannien anfällt und versteuert werden muss.

Die Rede ist von jährlich mehr als zehn Milliarden Euro, wie ein Branchenverband errechnet hat. Unklar ist obendrein, was mit den hunderten Ingenieuren und Mechanikern aus EU-Staaten passiert, die um ihr Bleiberecht und ihre Arbeitserlaubnis bangen müssen.

Mercedes-Benz zum Beispiel - das Team, das gerade den Saisonauftakt 2019 in Brasilien gewonnen hat - beschäftigt Personal aus mehr als 20 Nationen. Nicht anders bei McLaren: „Wir wollen Mitarbeiter auf der Basis einstellen, dass es genau die richtige Person für den Job ist“, sagte McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neal der Deutschen Presseagentur (dpa). Dieses Auswahlverfahren könnte nun schnell passé sein, sofern es zu einem ungeregelten Brexit kommen sollte.

Komplizierte Visa-Bestimmungen und Erschwernisse beim Wechsel von Arbeitsplatz und Wohnort für Motorsport-Fachkräfte aus Festland-Europa wären die Folge und könnten sich als Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der Teams erweisen. Dazu muss man wissen, dass in Großbritannien nach Branchenschätzungen insgesamt mehr als 40 000 Arbeitsplätze direkt von der Motorsport-Industrie abhängen. Diese Leute arbeiten nicht nur in der Formel 1, sondern auch in unterklassigen Rennkategorien, die ebenfalls häufig im Ausland ausgefahren werden.

Selbst wenn die künftigen Zollbestimmungen moderat ausfallen sollten, für die Vollgasbranche wäre dies bis dahin eine höchst unerfreuliche Hängepartie, die keinen Sieger, sondern am Ende nur Verlierer kennen würde. Wie in wenigen anderen Wirtschaftszweigen ist besonders in dieser Szene vor allem Zeit Geld. Viel Geld. Über eine Saison gerechnet kommt da schnell ein dreistelliger Millionenbetrag zusammen, wenn überbordender Bürokratismus das Geschäft an den Grenzen bremst. Dieses Thema käme aus der Sicht der Formel 1-Macher einer Katastrophe gleich.

Entsprechend laut sind inzwischen die Hilfeschreie Richtung Regierung. „Viele Teile werden erst in letzter Minute fertig, die dann sofort verschickt werden müssen. Was wir dann nicht brauchen, sind große Unterbrechungen dieses Vorgangs an den Grenzen“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff der dpa. Funktioniere die Lieferkette mit den Partnerfirmen aus der EU nicht mehr, würden die betroffenen Teams ins Hintertreffen geraten. Wenn es auf der Piste um Hundertstel gehe, könne jedes Bauteil, das geliefert werden müsse, entscheidend sein.

Oder eben nicht, wenn nämlich die Lieferung am Zoll hängen bleibt. Solch ein Zeitverlust drohe vor allem während der Europa-Saison mit neun der 21 Grand Prix, wenn der Austausch zwischen den Rennfabriken und der Crew an der Strecke besonders intensiv sei. Nach dem Stand heute bedeutet das Chaos, darin sind sich die ansonsten eigentlich andauernd zerstrittenen und hartgesottenen Formel-1-Macher ausnahmsweise einig.

Hier die Standorte der zehn Formel 1-Teams, die jeweils zwei Autos an den Start bringen:

•Mercedes (Motor: Mercedes) sitzt in Brackley/England, Mitarbeiter: ca. 1400, Etat: ca. 350 Millionen Euro (ohne Motorenwerk)

•Ferrari (Motor: Ferrari) sitzt in Maranello/Italien, Mitarbeiter: ca. 1400, Etat: 360 Millionen Euro (ohne Motorenfabrik)

•Williams (Motor: Mercedes) sitzt in Wantage/England, Mitarbeiter: ca. 630, Etat: 135 Millionen Euro

•McLaren (Motor: Renault) sitzt in Woking/England, Mitarbeiter: ca. 760, Etat: ca. 193 Millionen Euro

•Renault (Motor: Renault), sitzt in Enstone/England, Mitarbeiter: ca. 1200, Etat: ca. 167 Millionen Euro

•Red Bull (Motor: Honda), sitzt in Milton Keynes/England, ca. 860 Angestellte, Etat: ca. 272 Millionen Euro

•Racing Point (Motor: Mercedes), sitzt in Towchester/England, Mitarbeiter: ca. 405, Etat: 109 Millionen Euro

•Haas (Motor: Ferrari), sitzt in Banbury/England Mitarbeiter: ca. 250, Etat: ca. 114 Millionen Euro

•Sauber/Alfa Romeo Racing (Motor: Ferrari), sitzt in Hinwil/Schweiz, Mitarbeiter: ca. 400, Etat: ca. 119 Millionen Euro

•Toro Rosso (Motor: Honda) sitzt in Ravenna/Italien, Mitarbeiter: ca. 460, Etat: ca. 132 Millionen Euro

Sollte es im Zuge des EU-Ausstiegs der Briten nicht zu bilateralen Freihandelsverträgen und Übereinkünften mit der EU über die Arbeitnehmerfreizügigkeit kommen, tauchen die nächsten Probleme auf. Was ist etwa mit den deutschen Angestellten der Mercedes-Motorenfabrik in Brixworth? Stehen die mit Formel 1-Rennwagen beladenen Trucks stundenlang an der britischen Zollkontrolle? Und was kostet es, wenn London plötzlich wieder Einfuhrzölle für Teile von ausländischen Zulieferern erheben sollte?

Fragen über Fragen, Antworten gibt es noch keine. Angenommen, die Briten schalten nach dem Brexit auf stur und pochen auf Bürokratismus, dann bleibt für die jetzt dort stationierten Teams vermutlich nur die Abwanderung aufs europäische Festland – was nicht nur Umzugshorror, sondern ganz sicher auch viele hundert Millionen Euro verschlingen dürfte.

David Richards, der Chef des britischen Motorsportverbandes, meinte kürzlich: „Wir sollten stolz darauf sein, dass die besten Formel-1-Teams bei uns zu Hause sind. Aber wir machen ihnen das Leben schwer. Wir sollten alles unternehmen, damit es nicht passiert.“ Mit einem Brief an Premierministerin Theresa May wollen er und seine Mitstreiter die Politik zur Vernunft bewegen.

Nicht zuletzt auch aus einem anderen wichtigen Grund: Es geht um die nicht unbeträchtlichen Werbegelder und Sponsoren der einzelnen Teams wie auch der Rennstrecken. Angenommen, ein Topteam wie Mercedes-Benz würde wegen eines ungeregelten Brexit-Durcheinanders an der Grenze zur EU derartig lange aufgehalten, dass die Silberpfeile nicht wie geplant beim Rennen auf EU-Gebiet starten können. Müsste der Rennstall dann den Sponsoren Geld zurückbezahlen, weil er nicht gefahren ist und es deswegen auch keine Werbewirksamkeit der Produktnamen auf den Rennwagen gegeben hat?

Beeinträchtigt das vielleicht auch die Werbeeinnahmen der Fernsehsender Sky und RTL, die für die Übertragungsrechte happige Summen hinblättern mussten? Denn womöglich geht ihnen auch Werbegeld flöten, wenn weniger Leute das Rennen am Fernseher verfolgen, weil ein Spitzenteam nicht am Start ist. Man sieht: Ein Rattenschwanz an Fragen, aber keine Antworten. (ampnet/hk)

Foto: Auto-Medienportal.Net/Harald Kaiser

 


Veröffentlicht am: 21.03.2019

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