Ja, meine Herren, nun liegt der Besuch von 12 PR-Agenturen in zwei Tagen hinter mir. Ich habe mir die Angebote unzähliger Männermode-Labels erläutern lassen. Wirklich herausragendes war absolute Mangelware und das, obwohl die Marken alle was gaaanz besonderes sein wollen.
Wollen ist aber eben nicht sein. Vieles war langweilig, eintönig, eher grau. Sehr viele lehnten sich an die 70er, 80er und 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts an. Man hatte den Eindruck, dass entweder vieles aus einem Designbüro kommt, die Designer sich alle irgendwo zum gemeinsamen Entwerfen getroffen haben oder ihnen schlicht nichts einfällt. Ich bin mir sicher, wenn man die Männermode vieler Labels auf eine Kleiderstange hängen würde und die Labels abklebt, dann wären viele Marken nicht auseinander zu halten.
Das ist ein trauriges Fazit. Das wird auch nicht besser, wenn man bei nahezu allen Labels eine Geschichte hört. Die lautet viel zu häufig, dass die Mode nachhaltig ist. Was nachhaltig bedeutet, bleibt dabei leider sehr oft im Dunklen. Zumeist wird irgendwelche zertifizierte Baumwolle verwendet. Wer da warum was zertifiziert bleibt aber im Dunklen. Nicht heller wird es, wenn voller Stolz erzählt wird, dass die Mode aus Kunststoffabfällen oder alten PET-Flaschen hergestellt wird. Die Fragen nach dem ökologischen Fußabdruck bleibt nicht nur hier unbeantwortet. Das ist auch bei der Kleidung so, die aus recycelten Stoffen gefertigt wird. Ganz ehrlich, ich kann das nicht mehr hören.
Da wundert es dann einen schon, wenn mal so exotische Materialien wie Leinen, Wolle, Daunen oder gar Pelz verwendet werden. Ja, es wird auch Leder verwendet. Das wird – holla – aber ganz vegan gegerbt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Unsinn sich Firmen einfallen lassen, nur um davon abzulenken, dass ihren Designern entweder nicht viel einfällt oder man in der Chefetage einfach null Mut beweist. Bei einigen Labels hatte ich den Eindruck, dass sie vor allem Mode für die offizielle Kleidung des nordkoreanischen Regierungschefs machen. Andere sind so langweilig, dass sie durchaus mit der „Straßen-Mode“ strenggläubiger Muslima konkurrieren können.
Doch wo viel Schatten muss ja auch Licht sein. Ja, es gibt vereinzelte modische Sonnenstrahlen. Es gib Labels – alte wie ganz junge – die sich entweder treu bleiben oder wirklich innovativ und kreativ sind. Es gibt Mode, mit der auch Mann ein modisches Statement setzen kann, das eben nicht lautet: Ich bin eine graue Maus, ich will in der Masse untergehen.
Irgendwann fragte ich mich, ob die gesehene Mode nicht doch dem Zeitgeist entspricht. Man, Mann sehnt sich zurück nach der guten alten Zeit, die es vor dreißig, vierzig oder fünfzig Jahren mal gegeben haben soll. Die Mode zeigt in sehr vielen Fällen, dass Mann irgendeine Randerscheinung ist. Insofern scheint unser vor 13 Jahren geprägter genussmanner.de-Slogan „Für die größte Randgruppe der Gesellschaft“ aktueller denn je ist. Ich hätte mir damals nicht träumen lassen, dass der Slogan 13 Jahre später sich so in der aktuellen Mode niederschlägt.
Jetzt setze ich meinen roten Hut auf und ziehe meinen roten Ledermantel an. Warum? So mag mich auch meiner Bäckersfrau.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück. Tun Sie alles dafür, nicht zu einer Randgruppe zu gehören – zumindest modisch.
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Viel Langeweile
… in der Männermode
Veröffentlicht am: 13.04.2019
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