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Initiative „Vaude Academy“

Interview mit Lisa Fiedler und Jonas Wehowsky



Die Fahrradbranche legt immer mehr Wert auf einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Einer der Vorreiter im Bereich nachhaltiges und soziales Wirtschaften ist der Outdoor-Bekleidungsspezialist Vaude.

Mit der Initiative „Vaude Academy“ gibt das Unternehmen vom Bodensee seine Expertise an andere Firmen weiter und begleitet sie beim Transformationsprozess hin zu nachhaltigerem Wirtschaften. Der Fahrradanhängerspezialist Croozer aus Hürth hat den Prozess zusammen mit Vaude durchlaufen.

Annette Feldmann und Thomas Geisler vom pd-f-Redaktionsteam sprachen mit Lisa Fiedler (Leiterin der Vaude Academy) und Jonas Wehowsky (Sustainability Manager bei Croozer) über die Hintergründe der Zusammenarbeit und warum Unternehmen speziell im Bereich nachhaltiges Wirtschaften voneinander profitieren können.

pressedienst-fahrrad: Hallo Lisa, hallo Jonas. Immer mehr Unternehmen öffnen sich dem nachhaltigen Wirtschaften. Ist es aktuell leicht, sich dem Thema zu widmen?
Lisa Fiedler:
Es wird leichter, aber es wird auch immer dringlicher! Wir verbrauchen in Deutschland die Ressourcen von 2,9 Erden. Das weltweite CO2-Budget ist fast aufgebraucht. Das hat nicht absehbare Folgen für unseren Planeten und das spüren die Menschen – und zwar verstärkt gerade in den letzten zweieinhalb Jahren. Eine Krisensituation führt zu Rückbesinnung; man fragt sich „Was sind meine Werte und was wünsche ich mir für die Zukunft?“ Das wirkt sich auch auf das Kaufverhalten aus. Die Anzahl der Kund:innen, die mit gutem Gewissen konsumieren möchten, wird stetig größer. Nachhaltiges Wirtschaften muss Mainstream in der Wirtschaft werden; es muss genauso dazugehören wie Buchhaltung oder Marketing.

Jonas Wehowsky:
Ich sehe ebenfalls ein wachsendes Interesse in der Gesellschaft. Es wird dadurch leichter, sich in diese Richtung zu bewegen. Ich denke aber auch, dass wir mit dem, was wir in der Vergangenheit geschafft haben – insbesondere in der Fahrradbranche – erst am Anfang stehen. Nachhaltiges Wirtschaften ist kein Projekt, das man irgendwann abschließt. Es ist ein Prozess, bei dem mehr und mehr Details deutlich werden, die man immer weiter optimieren kann – und zwar langfristig. Wir stehen am Anfang und ich freue mich auf viele Jahre, in denen ich diesen Prozess begleiten kann.

Lisa Fiedler:
Ich freue mich, dass Du von Prozess und nicht Projekt sprichst. Das ist ein wichtiger Schritt für das Verständnis von Nachhaltigkeit. Es ist es ein kontinuierlicher Veränderungsprozess. Wenn man in ein Thema eintaucht, gibt es viel zu tun, und Themen hören nicht auf. Immer neue Herausforderungen kommen auf uns zu. Es ist nie abgeschlossen.

Croozer hat mit Vaude im Rahmen der Vaude Academy zusammengearbeitet. Warum ist es wichtig, einen erfahrenen Partner zu haben, um das Thema Nachhaltigkeit vernünftig anzugehen?
Jonas Wehowsky:
Die Motivation, mehr Nachhaltigkeit ins Unternehmen zu bringen, war sowohl bei der Geschäftsführung als auch bei den Kolleg:innen vorhanden. Aber diesen großen Bereich ohne einen entsprechenden Background zu professionalisieren oder gar eine Strategie zu erstellen, ist erst mal schwierig. Man wird erschlagen von Infos und weiß gar nicht, wo man anfangen soll.  Bei der Frage „Wie setze ich das, was ich habe, effizient ein?“ ist es hilfreich, wenn man jemanden mit viel Erfahrung in an der Hand hat. Dort weiß man, was funktioniert oder nicht. Die Kooperation war deshalb extrem hilfreich für uns.

Gibt es bei der Umsetzung eine Art fixen Baukasten, den Ihr in der Academy nutzt? Oder ist die Vorgehensweise grundsätzlich individuell?
Lisa Fiedler:
Nachhaltiges Wirtschaften ist sehr komplex. Wir müssen herausfinden, welche Themen für das jeweilige Unternehmen relevant sind und was grundsätzlich verändert werden kann, was dann aber auch wirklich Wirkung entfaltet. Unsere Vorgehensweise orientiert sich im Grundsatz an Dingen, bei denen wir selbst bereits gute Ergebnisse erzielt haben. Wir starten in der Regel mit der Frage: „Welche Maßnahmen sind warum wichtig und relevant für ein Unternehmen?“ und entwickeln daraus einen Maßnahmenkatalog. Es wird dann schnell vielschichtig. Deshalb ist wichtig: zurücktreten und die Frage nach dem Warum stellen. Danach entwickeln wir über Workshops Roadmaps mit Zielen und Maßnahmen gemeinsam mit dem jeweiligen Unternehmen. Das gemeinsame Erarbeiten stärkt Verbindlichkeit und Verständnis der Beteiligten, wenn es ums Umsetzen geht.

Gibt es Herausforderungen, beispielsweise Widerstände von der Belegschaft?
Jonas Wehowsky:
Herausforderungen gibt es sehr viele. Ein Beispiel: Wir wollen auf Ökostrom wechseln, sind aber an die Vorgaben des Vermieters gebunden. Als Privatperson wäre es einfach: drei Klicks und ich hätte einen Ökostromanbieter. Aber als Unternehmen sind einem da die Hände gebunden. In der Fahrradbranche besteht per se viel Interesse an dem Thema, weil das Produkt es automatisch mit sich bringt. Daher nehme ich die Unterstützung aus der Belegschaft deutlich wahr.  Aber man muss trotzdem auch die Kolleg:innen, die sich weniger mit dem Thema beschäftigt haben, an die Sache heranführen und überzeugen, dass dies ein richtiger und guter Schritt ist.

Was lernt man während dieses Prozesses über das eigene Unternehmen? Blickt man selbst anders darauf?
Jonas Wehowsky:
Der Blick von außen ist sehr hilfreich. Man hat sich in bestimmte Verhaltensweisen eingegroovt und neigt dazu, sie als selbstverständlich zu erachten und sich damit als alternativlos abzufinden. In dieser Situation ist es hilfreich, eine neue Sichtweise von außen zu erhalten, weil man Dinge bemerkt, die man vorher gar nicht wahrgenommen hat. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, aber eben auch größere Dinge, zum Beispiel in der Lieferkette.

Lernen die Teilnehmer:innen in der Academy, wie sie Lieferanten bezirzen oder Händler motivieren können, nachhaltiger zu agieren? Gibt es Tipps, wie man das steuern kann?
Lisa Fiedler:
Wir sind Gewohnheitstiere; wir mögen Veränderungen nicht. Es gibt gewisse Widerstände und Hürden, davon darf man sich nicht abschrecken lassen. Es geht vielmehr darum, mit Widerständen zu arbeiten und umzugehen. Es hilft, dass wir in diesem Zusammenhang aus unserer Praxis berichten können. Gerade wenn es um Lieferketten geht, muss man ein dickes Brett bohren. Wir haben unsere Partner in den Lieferketten in intensiven Gesprächen überzeugt, den Weg zu nachhaltigem Wirtschaften gemeinsam mit uns zu gehen. Das versuchen wir zu teilen. Auch, dass es immer wieder Rückschläge gibt. Ganz wichtig ist die Erkenntnis: Unterm Strich zahlt es sich wirklich aus und trägt zum Unternehmenserfolg bei, wenn man es schließlich schafft – auch wenn der Weg dahin unbequem war.

Soziales Engagement ist ein weniger beachteter Faktor des nachhaltigen Wirtschaftens. Ist das auch ein Punkt, der gestärkt werden muss?
Lisa Fiedler:
Ja, dazu gehören zum Beispiel Aspekte wie „Wie gehe ich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um? Wie schaffe ich gute, faire Arbeitsbedingungen?“ Aber auch die Menschen in den Lieferketten gehören dazu. Unsere Haltung, die wir vermitteln, ist: Arbeitszeit ist Lebenszeit und unsere Aufgabe als Arbeitgeber ist es, dafür einen guten Rahmen zu bieten. Das ist auch die Grundvoraussetzung für gute Arbeitsergebnisse.
Jonas Wehowsky:
Ich finde, das ist ein sehr spannendes Thema. Es fällt manchmal leider etwas hinten runter, weil Nachhaltigkeit oft an ökologischen Aspekten festgemacht wird. Bei uns wird aber auch aktiv daran gearbeitet, das Arbeitsumfeld kontinuierlich so zu gestalten, dass es den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen gerecht wird. Auch hier sehe ich einen dauerhaften Prozess und kein Projekt. Vieles wurde durch die Pandemie beschleunigt, wie man etwa am Homeoffice sehen kann.

Ist eine nachhaltige Ausrichtung ein Vorteil für Unternehmen, um attraktiver am Arbeitsmarkt zu sein, gerade in der verstärkenden Situation des Fachkräftemangels?
Jonas Wehowsky:
Das glaube ich auf jeden Fall. Bei den Millennials ist das Umdenken im Bereich der Arbeit besonders ausgeprägt. Hier ist seit einigen Jahren der Trend zu erkennen, dass die Menschen nach Sinn und Zufriedenheit im Job suchen und nicht ausschließlich durch das klassische Karrieredenken angetrieben werden. Diese Faktoren erfüllen Unternehmen, die sich nachhaltig ausrichten und die kontinuierlich an einem guten Arbeitsklima arbeiten, natürlich viel mehr.  Und es spricht dafür, dass man als nachhaltiges Unternehmen attraktiver für Bewerber:innen wird.

Lisa Fiedler:
Bei uns bewerben sich Menschen ganz gezielt, weil sie in einem Unternehmen tätig sein möchten, das sich ernsthaft und intensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Das ist ein selbstverstärkender Effekt. Es sorgt für mehr Motivation und Dynamik, wenn solche Menschen zusammenkommen.

In der Berichterstattung zum Thema Nachhaltigkeit kommt immer schnell auch das Thema Greenwashing auf. Was kann man hier entgegnen?
Jonas Wehowsky:
Das ist bei uns ein Riesenthema. Es war schon eine Hürde, über unsere ersten Erfolge überhaupt zu berichten, aus Angst, in diese Schublade gesteckt zu werden. Wir haben einen Plan, aber die Umsetzung dauert, und natürlich wird es auch Rückschläge geben. Es ist gewissermaßen eine Gratwanderung und man muss sehr aufpassen in der Kommunikation – und auch die eigenen Erfolge kritisch hinterfragen.

Lisa Fiedler:
Genau, nachhaltiges Wirtschaften ist ein langwieriger Prozess, der Schritt für Schritt geht. Es müssen teilweise Strukturen aufgebrochen werden, die über Jahrzehnte festgefahren waren. Kleine Schritte können schon erste Erfolge sein, die einen nächsten Schritt weiterführen. Deshalb sollte man diese Erfolge auch kommunizieren.

Habt ihr Angst vor der Inflation, weil diese das Kaufverhalten und somit das Ziel eines nachhaltigeren Wirtschaftens ändern könnte? Aktuelle Studien zeigen bereits, dass Kund:innen beginnen, mehr auf den billigsten Preis zu achten.
Lisa Fiedler:
Die aktuelle Situation bringt viele Herausforderungen und Spannungsfelder mit sich. Wir glauben, dass es eine gewisse Kaufzurückhaltung geben wird. Aber aus Nachhaltigkeitssicht geht das in die richtige Richtung. Deshalb ist für uns der richtige Ansatzpunkt, dass wir uns auf langlebige Produkte konzentrieren, den Fokus auf Reparatur- und Mietservice legen und uns mit Second Use beschäftigen. Es kann also auch etwas Gutes mit sich bringen.

Jonas Wehowsky:
Volle Zustimmung von mir. Ergänzend dazu: Themen wie Lieferkettenschwierigkeiten und erhöhte Transportkosten treiben das Thema Nachhaltigkeit zusätzlich voran. Die Globalisierung zeigt aktuell deutlich, welche Folgen sie mit sich bringt, beispielsweise den Stau im Suezkanal. Auch das Materialthema ist in diesem Zusammenhang sehr spannend. So kann man durch effizientes Recycling die Kreislauffähigkeit von Produkten verbessern, was mehr Unabhängigkeit von den Lieferketten bedeutet. Auch dadurch entsteht bewussteres Konsumverhalten, von dem Lisa sprach.

Lisa, Jonas, vielen Dank für das Gespräch.

Quelle: www.croozer.de | pd-f

 


Veröffentlicht am: 10.08.2022

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