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KAUNAS: Europäische Kulturhauptstadt 2022

Eine faszinierende Stadt, die ein vortreffliches Kunst- und Kulturprogramm in historischer Kulisse bietet



(von Joseph Scheppach) Der prestigeträchtige Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ hat es Kaunas ermöglicht,sowohl Einwohner als auch Besucher zu über 1.000 Veranstaltungen einzuladen.

Das Programm der litauischen Stadt ist vielfältig und reicht von lokalen Street-Art-Künstlern bis hin zu großen Namen wie Robert Wilson, Yoko Ono oder Marina Abramović, von großen Ausstellungen in der City bis hin zu kleinen Events im Umland.

Ab  9.9. - 4.12. wirddie japanisch-amerikanische Künstlerin und Filmemacherin Yoko Ono in einer umfassenden retrospektiven Ausstellung mit dem Titel „The Learning Garden of Freedom“ gewürdigt. Gezeigt werden Konzeptkunstwerke, räumliche Installationen, experimentelle Filme und Performance-Kunst in der Kaunas Picture Gallery. „Ex It“, eine Installation in der Litauischen Nationalbank mit 100 hölzernen Särgen, aus denen Obstbäume hervorwachsen, wird bis zum 11.9. zu sehen sein. Ein Symbol für die Widerstandsfähigkeit des Lebens im Angesicht des Todes, wie die Künstlerin mitteilen lässt.

Bis Ende November präsentiert William Kentridgeerstmals sein Werk in Osteuropa. Für die Stadt ist die Ausstellung „ThatWhatWe Do Not Remember“ im M. K. Čiurlionis National Museum of Art ein äußerst bedeutendes Ereignis – aber auch für den einflussreichen zeitgenössischen Künstler, da dessen Vorfahren aus Kaunas stammen.

Kentridge thematisiert das selektive Gedächtnis der Menschheit. Wir alle entscheiden, woran wir uns erinnern möchten und was wir aus unseren Erinnerungen vertreiben, sagt Kentridgeund möchte dieLücken in unserem Gedächtnis füllen und mit uns darüber sprechen, woran wir uns absichtlich oder unbewusst nicht mehr erinnern.

Wandmalerei-Ausstellung in der ganzen Stadt

Die Erinnerungskultur ist Gegenstand der Kunst im öffentlichen Raum, die „Kaunas 2022“ mit einer Wandmalerei-Ausstellung in der ganzen Stadt pflegt. Eine Wandmalerei des litauischen Künstlers Linas Kaziulionis zeigt ein Portrait von Leah Goldberg, die in Kaunas aufwuchs, 1935 nach Tel Aviv auswanderte und eine der berühmtesten Dichterinnen Israels wurde, wo ihr Bild heute den 100-Schekel-Schein ziert. Ihr Gedicht "Kiefer" steht auf Hebräisch und auf Litauisch neben ihrem Bild an der Hauswand, die vers-gewordene Sehnsucht nach der schneebedeckten litauischen Heimat ihrer Kindheit.

Formen friedlichen Widerstands gegen die Sowjetunion

Die Ausstellung „1972“ im Hauptpostamt widmet sich vor allem den Auswirkung der Sowjetdiktatur auf die Kunst- und Kulturszene. Formen friedlichen Widerstands gegen die Sowjetunion und ihren Einfluss auf die Bildende Kunst, das Theater, die Film- und Musikkultur sind der Gegenstand. Im ersten Raum erinnern Fotos und Objekte an Romas Kalanta, einen 19jährigen Schüler aus Kaunas, der die Beatles liebte und Gitarre spielte. Der junge Mann übergoss sich am 14. Mai 1972 mit Benzin und zündete sich vor dem Theater unweit des Postamts an. Zuvor hatte er eine Nachricht auf einen Zettel geschrieben: „Nur das Regime trägt Verantwortung für meinen Tod.“

Multiethnisches Leben

über Jahrhunderte in diesem Teil Europas Normalität war, und das traurigerweise verschwunden ist.""Kaunas war ein geplagter Ort", sagt die Kunsthistorikerin DaivaCitvariene. "Wir wussten nicht, wer wir waren und wer wir sein wollten. Mit dem CityTelling Festival, das Zeitzeugen zum Sprechen bringt, sollen die Menschen an das multiethnische Leben erinnert werden, das über Jahrhunderte in diesem Teil Europas Normalität war, und das traurigerweise verschwunden ist."

Litauer lebten in Kaunas neben Russen, Polen, Deutschen und Tataren. Juden stellten im Jahr 1900 etwa ein Drittel der Bevölkerung in dieser Stadt, die sich mal den Polen, mal den Russen, mal den Deutschen ergeben musste, wo sich Besatzer mit Regelmäßigkeit abwechselten, wo Nazischergen Juden bis aus München und Wien heranschleppten, um sie hier der Vernichtung auszuliefern, wo unter den Sowjets Verrat und Deportation alle Volksgruppen trafen.

Einmarsch der Nazis in Kaunas

Im Norden der Stadt findet sich das Fort Nummer 9, eine große Anlage aus unterirdischen Bunkern und gemauerten Festungstürmen. Nach dem Einmarsch der Nazis in Kaunas im Juni 1941 kam es zunächst zu Pogromen auf offener Straße an jüdischen Bürgern, schon bald aber wurden Juden in das Fort abtransportiert. 50 000 Menschen erschossen die Nazis hier. Namenstafeln an den alten Ziegelwänden listen die Ermordeten auf: Margot Wiener, 11 Jahre, Anita Epstein, 15 Jahre, Heinz Zellberger, 16 Jahre. . . Nicht verschwiegen wird die Rolle litauischer Mordbataillone, die als willige Helfer mitmachten beim Holocaust. Die Ausstellung identifiziert 1034 aktive Kollaborateure, die an Erschießungen von Juden direkt teilnahmen. Auch ein Grund, warum viele später lieber vergaßen.

Die Häuser der Stadt erzählen aber auch von Zeiten des Aufbruchs. Kaunas, einst Sitz eines Hansekontors, hat mehrfach auch solche Perioden erlebt, und wahrscheinlich nie so sehr wie in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Litauen hatte gerade erst seine Unabhängigkeit erklärt, da besetzte die polnische Armee die Hauptstadt Vilnius. Das noch freie Kaunas wurde Hauptstadt, blieb es zwanzig Jahre lang von 1920 bis 1940 - und erfand sich neu in einem Ausbruch ungeheurer Kreativität.

Modernistische Architektur der Zwischenkriegsjahre

Es wurde im Eiltempo ganz im Geist des Modernismus eine Stadt erbaut, die für die Wiedergeburt des unabhängigen Litauens wegweisend sein wollte, inspiriert vom Art Déco ebenso wie von Bauhausvorbildern: Gebäude aus Stahlbeton mit klaren Strukturen, lichtdurchfluteten Räumen und bisweilen geschwungenen Fassaden und Balkonen. Das Hauptpostamt, das Romuva-Kino, die über die Stadt blickende himmelstrebende Auferstehungskirche sind nur einige der Wahrzeichen der modernistischen Architektur der Zwischenkriegsjahre.

Angriffskrieg auf die Ukraine für viele Litauer einDejavue


Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist für viele Litauer eine Wiederholung imperialistischer Politik, wie sie sie selbst in ihrer Geschichte erleben mussten. Als das Baltikum im 18. Jahrhundert vom zaristischen Russland erobert wurde, schlossen die neuen Machthaber die Tore der Universitäten, der Druck von litauischsprachigen Texten in lateinischer Schrift wurde verboten, Russisch zur Amtssprache gemacht.

„Kaunas 2022“ ist in der gegenwärtigen politischen Situation ein hervorragender Ort, um die Stimmung in Staaten nahe der Ukraine zu verstehen. Eine faszinierende Stadt, die ein vortreffliches Kunst- und Kulturprogramm in historischer Kulisse bietet, das sehr nachdenklich stimmt.

AUSSTELLUNGEN
 “Spaces/Overcomedistances
The Journey
Out of Darkness
ThatWhichWe Do Not Remember


Foto: Ausstellung des einflussreichen zeitgenössischen Künstler William Kentridge, dessen Vorfahren aus Kaunas stammen
© Kaunas 2022, Martynas Plepys

 


Veröffentlicht am: 03.09.2022

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