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CHAGALL – WELT IN AUFRUHR

... in der Schirn Kunsthalle Frankfurt



In Marc Chagalls (1887–1985) Werk scheinen der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Er gilt als einer der eigenwilligsten Künstler der Moderne. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt widmet dem Maler nach 15 Jahren erstmals wieder eine groß angelegte Ausstellung in Deutschland.


„Chagall. Welt in Aufruhr“ beleuchtet bis zum 19. Februar 2023 eine bislang wenig bekannte Seite seines Schaffens: Chagalls Werke der 1930er- und 1940er-Jahre, in denen sich seine farbenfrohe Palette zunehmend verdunkelt.

Als jüdischer Maler war Chagall immer wieder existenziellen Bedrohungen ausgesetzt, die sich prägend auf sein Leben und sein Werk auswirkten. In den frühen 1930er-Jahren thematisierte er in seiner Kunst den immer aggressiver werdenden Antisemitismus und emigrierte 1941 aufgrund der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime schließlich in die USA. Sein künstlerisches Schaffen in diesen Jahren berührt zentrale Themen wie Identität, Heimat und Exil. Mit rund 60 eindringlichen Gemälden, Papierarbeiten und Kostümen der 1930er- und 1940erJahre zeichnet die Ausstellung die Suche des Künstlers nach einer Bildsprache im Angesicht von Vertreibung, Verfolgung und Emigration nach. Sie präsentiert wichtige Werke, in denen sich Chagall vermehrt mit der jüdischen Lebenswelt beschäftigte, zahlreiche Selbstbildnisse, seine Hinwendung zu allegorischen und biblischen Themen, die bedeutenden Gestaltungen der Ballette Aleko (1942) und Der Feuervogel (1945) im US-amerikanischen Exil, die wiederkehrende Auseinandersetzung mit seiner Heimatstadt Witebsk und Hauptwerke wie Der Engelsturz (1923/1933/1947). In der Zusammenschau ermöglicht die Schirn eine neue und äußerst aktuelle Perspektive auf das Œuvre eines der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Für die Präsentation konnte die Schirn bedeutende Leihgaben aus zahlreichen deutschen und internationalen Museen, öffentlichen wie privaten Sammlungen gewinnen und in Frankfurt zusammenführen. Zu den Leihgebern zählen u.a. das Kunsthaus Zürich, das Kunstmuseum Basel, The Metropolitan Museum of Art, New York, das Moderna Museet, Stockholm, das Centre Pompidou, Paris, das Musée national Marc Chagall, Nizza, das Museo de Arte ThyssenBornemisza, Madrid, das The David and Alfred Smart Museum of Art, Chicago, das Stedelijk Museum, Amsterdam, die Tate, London, das Tel Aviv Museum of Art sowie das The Israel Museum, Jerusalem.

Die Ausstellung „Chagall. Welt im Aufruhr“ wird gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und die Ernst Max von Grunelius-Stiftung. Hinzu kommt die Förderung der Bank of America als Partner der Schirn sowie zusätzliche Unterstützung durch die Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung.

Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, betont: „Wie eng die oftmals als fantastisch beschriebene Kunst von Marc Chagall mit seiner Lebenswirklichkeit verbunden ist, zeigt besonders der Blick auf seine weniger bekannten Werke der 1930er- und 1940er-Jahre. Unverkennbar reflektierte Chagall in diesen Gemälden die politische Realität und machte es sich zum Anliegen, auch ein nicht-jüdisches Publikum zu erreichen und zur Auseinandersetzung mit der Shoah aufzufordern. Anhand des Schaffens eines der bekanntesten Künstler der europäischen Moderne befasst sich die Schirn mit zentralen Themen wie Flucht und Verfolgung, Heimat und Exil, aber auch der Frage, wie Erfahrungen und Zuschreibungen durch andere die eigene Identität prägen. Damit eröffnet die Ausstellung einen differenzierten und neuen Blick auf das Werk von Chagall, das gegenwärtig eine besondere Aktualität erhält.“

Ilka Voermann, Kuratorin der Ausstellung, erläutert: „Bei einem genauen Blick auf Marc Chagalls Bilder wird schnell deutlich, dass die in der Rezeption dominierende Vorstellung von dem Künstler als ‚Poet‘ oder ‚Fantast‘ unter den Malerinnen und Malern der Moderne nicht stimmen kann. Chagalls Kunst ist stark in seiner Lebensrealität verwurzelt, die immer wieder durch politische Ereignisse, wie die zwei Weltkriege oder die Novemberrevolution, geprägt wurde. Diese massive Gefährdung nicht nur seiner eigenen Identität, sondern einer ganzen Kultur nimmt er zum Anlass, um gerade in den 1930er- und 1940er-Jahren einige der eindrücklichsten Darstellungen zu den Themen Krieg, Flucht und Verfolgung der westlichen Kunstgeschichte zu schaffen. Auch für die Einordnung und das Verständnis seines Œuvres sind Chagalls Arbeiten aus dieser Zeit, die weniger bekannt sind als sein Früh- und Spätwerk, sehr bedeutsam.“

RUNDGANG DURCH DIE AUSSTELLUNG


Die Ausstellung in der Schirn fokussiert Werke von Marc Chagall, die in den 1930er- und 1940erJahren entstanden sind, in einem thematisch gegliederten Rundgang mit sieben Sektionen.

Anfang der 1930er-Jahre begann im Schaffen von Marc Chagall ein verstärktes Interesse an jüdischen Themen und eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen jüdischen Identität. Auftakt des Ausstellungsrundgangs bildet das bedeutende Gemälde Einsamkeit, entstanden 1933, dem Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland. Es zeigt einen Juden in der Pose der Melancholia vor einer brennenden Stadt. Schützend umfasst er eine Thorarolle, während ihm eine Geige spielende Kuh Trost spendet. In dieser Zeit realisierte Chagall im Auftrag des Kunsthändlers Ambroise Vollard auch Illustrationen des Alten Testaments, die ebenfalls in der Schirn zu sehen sind. Vor diesem Hintergrund bereiste er 1931 gemeinsam mit seiner Familie das britische Mandatsgebiet Palästina. Vor Ort entstanden Zeichnungen und Gemälde in einer zeitlosen, für Chagall ungewöhnlich dokumentarischen Ausführung, die sich auf die Darstellung heiliger, jüdischer Stätten wie die Klagemauer sowie Innenräume von Synagogen konzentrieren und das zeitgenössische Leben in Palästina aussparen. Zu sehen sind in der Ausstellung auch Zeichnungen der Synagoge in Wilna (1935), die während einer Reise ins damals polnische Wilna, heute Vilnius, entstanden.

Chagall wechselte immer wieder seinen Lebensmittelpunkt. Im Jahr 1922 verließ er das postrevolutionäre Russland und lebte mit seiner Frau Bella Chagall und der Tochter Ida, nach einem Zwischenaufenthalt in Berlin, ab 1923 in der französischen Hauptstadt Paris. 1941 floh er gemeinsam mit seiner Familie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in die USA und kehrte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1948 aus der Emigration nach Frankreich zurück. Anders als in Frankreich, wo einige von Chagalls Arbeiten wie Bonjour Paris (1939–1942) durch typische Landschafts- oder Stadtansichten eine Annäherung an das Land belegen, spiegeln sich die USA in den Werken des Künstlers kaum wider. Vielmehr beschäftigten Chagall die Geschehnisse in Europa und in seiner Heimat. Ein wiederkehrendes Motiv insbesondere der 1930er- und 1940er-Jahre ist seine Heimatstadt Witebsk, u.a. in Die Dorfmadonna (1938‒1942), Der Traum (ca. 1938/39) oder Bei mir zu Hause (1943). Sie wurde für Chagall zum Symbol für die Sehnsucht nach dem verlorenen, zerstörten Zuhause.

Ende der 1930er-Jahre fand Chagall eine Bildsprache für die politischen und persönlichen Ereignisse seiner Zeit in religiösen und vornehmlich christlichen Motiven. Der gekreuzigte Christus wurde für den Künstler zum zentralen Sinnbild für das Leiden der europäischen Jüdinnen und Juden. In zahlreichen Werken wie Die Kreuzigung in Gelb (1942) oder Apokalypse in Lila, Capriccio (1945) kennzeichnete er Christus durch Attribute wie den jüdischen Gebetsschal (Tallit) oder Gebetsriemen (Tefillin) eindeutig als Juden. Indem er die christliche Ikonografie mit den jüdischen Symbolen verknüpfte, entwickelte Chagall ein neues Narrativ und stilisierte Christus zu einem jüdischen Märtyrer.

Mit seiner Frau Bella Chagall verband den Künstler eine außergewöhnliche Lebens- und Geistesgemeinschaft. In zahlreichen Gemälden visualisierte er das ikonische Bildmotiv des schwebenden, innig verbundenen Liebespaars. Chagall griff das Paarmotiv in verschiedenen Varianten und Posen auf, als singuläre Figuren, die sich im Bildraum bewegen, häufiger als Brautpaar, in eine dörfliche Szenerie eingebettet. 1945 entstanden die beiden monumentalen Gemälden Um sie herum und Die Lichter der Hochzeit, in denen Chagall auch seine Trauer um die plötzlich verstorbene Bella zum Ausdruck brachte.

Das Werk Der Engelsturz nimmt eine Sonderstellung in Chagalls Werk ein. Über einen Zeitraum von 24 Jahren arbeitete der Künstler in Paris, im US-amerikanischen Exil und wieder zurück in Europa immer wieder an diesem Gemälde. An diesem programmatischen Werk der 1930er- und 1940er-Jahre lässt sich in der Ausstellung anhand von Skizzen die Entwicklung der Bildelemente, die Verdunklung der Farbpalette und Chagalls intensive Auseinandersetzung besonders eindrücklich nachvollziehen. Der Künstler selbst bezeichnete das Gemälde nach 1945 als „das erste Bild der Serie von Vorahnungen“. Die heutige Datierung 1923 – 1933 – 1947 benennt die Vollendungszeitpunkte der drei verschiedenen Fassungen.

Die Schirn beleuchtet auch Chagalls Schaffen während seines Exils in New York. Neben Gemälden sind in der Ausstellung Kostüme aus dem Jahr 1942 für das Ballett Aleko, vertont von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, zu sehen sowie Kostüm- und Vorhangentwürfe für Der Feuervogel zur Musik von Igor Strawinsky aus dem Jahr 1945. Für Chagall waren die Bühnenproduktionen nicht nur wichtige, öffentliche Aufträge, sondern gaben ihm auch die Möglichkeit, mit anderen russischen Exilanten, wie dem Choreografen Léonide Massine, zusammenzuarbeiten.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs zeigt sich im Werk von Chagall ambivalent. In Gemälden wie Die Seele der Stadt (1945) oder Selbstbildnis mit Wanduhr (1947) thematisierte er den neuen Lebensabschnitt, ebenso aber seine Zerrissenheit aufgrund der persönlichen Situation. In vielen Gemälden wie Die Kuh mit dem Sonnenschirm (1946) lässt sich eine positivere Grundstimmung ausmachen, das Thema der Shoah bleibt ein fester Bestandteil in Chagalls späteren Arbeiten. Anschaulich wird Chagalls innerer Konflikt in dieser Übergangsphase auch an den doppelgesichtigen Porträts, in denen er häufig sein eigenes Gesicht mit dem seiner verstorbenen Frau verband, etwa in Der schwarze Handschuh (1923‒1948). Im August 1948 verließ Chagall sein US-amerikanisches Exil und kehrte gemeinsam mit seiner neuen Partnerin Virginia Haggard nach Frankreich zurück.

Eine Ausstellung der Schirn Kunsthalle Frankfurt in Kooperation mit dem Henie Onstad Kunstsenter, Oslo.

KATALOG
Chagall. Welt in Aufruhr, herausgegeben von Ilka Voermann, mit Beiträgen von Ziva Amishai-Maisels, Anna Huber, Leon Joskowitz, Sabine Koller und Ilka Voermann, sowie einem Vorwort des Direktors der Schirn Kunsthalle Frankfurt Sebastian Baden und der emeritierten Direktorin des Henie Onstad Kunstsenter Tone Hansen, Deutsch, Englisch und Norwegisch in getrennten Ausgaben, 200 Seiten, 120 Abb., 28,5 x 22,5 cm, Hardcover, Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-4079-8 (deutsche Ausgabe), 978-3-7774-4082-8 (englische Ausgabe), 978-3-7774-4083-5 (norwegische Ausgabe), 35 € (SCHIRN), 45 € (Buchhandel)

Zur Ausstellung bietet die SCHIRN ein Digitorial® an. Es beleuchtet an den Stationen Witebsk, Paris, Jerusalem und New York die politischen Ereignisse, die Chagalls Schaffen geprägt haben. Das kostenfreie digitale Vermittlungsangebot ist in deutscher sowie englischer Sprache abrufbar unter www.schirn.de/digitorial.

BEGLEITHEFT Chagall. Welt in Aufruhr.
Eine Einführung in die Ausstellung, herausgegeben von der Schirn Kunsthalle Frankfurt. Das Begleitheft nimmt Marc Chagalls Werke der 1930er- und 1940er-Jahre in den Blick. Auf ca. 40 Seiten stellt die Publikation die wichtigsten Werke der Ausstellung vor und legt die künstlerischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge dar. Ab 12 Jahren, 7,50 € einzeln, im Klassensatz 1 € pro Heft (ab 15 Stück).

AUDIOGUIDE

Der kostenlose Audioguide stellt die wichtigsten Werke der Ausstellung vor. Daniel Donskoy, Schauspieler, Musiker und Moderator bereichert den Audioguide um Hintergründe zu Chagalls Leben und gewährt Einblicke in die heutige jüdische Identität. Kostenlos auf dem Handy erhältlich oder als Mietgeräte in der SCHIRN für 4 €

SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT
Römerberg
60311 Frankfurt am Main
TELEFON +49.69.29 98 82-0
FAX +49.69.29 98 82-240
E-MAIL welcome@schirn.de
www.schirn.de

Bild: Marc Chagall, Der Engelssturz, 1923/1933/1947, Öl auf Leinwand, 147,5 x 188,5 cm, Kunstmuseum Basel, Depositum aus Privatsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Martin P. Bühler

 


Veröffentlicht am: 03.11.2022

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