Haben Sie heute schon in Ihr Portmonee gesehen? Nein? Dann sollten Sie das mal tun, denn da tut sich etwas. Ja, richtig, es ist Geld darin! Ja, ab heute um 4:40 Uhr arbeiten Sie nicht mehr für Vater (oder Mutter) Staat, sondern für sich.
Wobei, die Bezeichnung Vater Staat wohl die falscheste überhaupt ist, denn es gibt wohl keinen Vater, der diese Bezeichnung verdient, der seine Kinder so schröpft, wie eben Vater Staat. Das gilt selbstverständlich auch für Mütter und Mutter Staat.
Ja, ab heute um 4:40 Uhr arbeiten wir das erste Mal 2018 für uns selber, hat der Bund der Steuerzahler errechnet. Als ich die entsprechende Meldung veröffentlichte, fiel mir dieser Spruch ein: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“. Nein, der stammt nicht aus dem Mund eines Bundesfinanzministers und auch nicht von der Pfarrerstochter Angela Merkel. Mit diesem Spruch versuchte einst ein Johann Tetzel seine Ablässe zu verkaufen. Wie Sie ganz sicher wissen, stieß das vielen Menschen, darunter Martin Luther, verdammt sauer auf. Die Folgen sind bekannt: Die Abspaltung der evangelischen Kirche, Bilderstürmerei, jahrzehntelange Kriege und bis heute keine wirkliche Annäherung der Kirchen.
Und heute? Da jubeln die Politiker, wenn das Geld im Kasten klingt. Nur versprechen die uns nicht das ewige Seelenheil, sondern die sinnvolle Verwendung all der bei uns eingesammelten Milliarden Euro. Wer ist da eigentlich der größere Lügner, Tetzel oder die Politiker? Dem Ablasshändler gaben die sehr gläubigen und verunsicherten Menschen in ihrer Angst vor der Hölle und ewiger Verdammnis ihr Geld. Die Politiker nehmen sich einfach was sie wollen – und das ist 2018 mehr als alle Jahre zuvor.
Und wir? Wir lassen es uns so einfach gefallen, dass uns von einem Euro unseres gesamten 2018-Einkommens nur 45,7 Cent bleiben. Wo bleibt unser Aufschrei? Warum lassen wir uns den so tiefen Griff in unser Portmonee gefallen? Wir kümmern uns lieber um das Lieblingsablenkungsthema der Politik – den Flüchtlingen. Auch der Unsinn eines Donald Trump ist uns wichtiger, als unser Geld. Davon hat nicht einmal ein Tetzel geträumt.
Nun hat der Bund der Steuerzahler – nachzulesen auch auf genussmaenner.de – drei Thesen an die Tür des Bundesfinanzministers genagelt. Ja, es sind nur drei und nicht 95 wie bei Martin Luther. Wahrscheinlich will man Minister Olaf Scholz nicht überfordern. Wobei, wenn der auch nur hört, er soll etwas bei den Steuern so ändern, dass in unserem Portmonee mehr Geld bleibt, befürchtet er zumindest das Ende des Abendlandes. Wie sollen denn auch Politiker Wohltaten verteilen, wenn sie uns nicht zuvor mindestens so geschröpft haben, wie eben einst Johann Tetzel? Manchmal frage ich mich, ob im Bundesfinanzministerium eine Statur von Tetzel steht – sozusagen als Vorbild für alle, die gern das Geld in den Kasten springen sehen.
Ich glaube, nein ich bin mir sicher, dass es für uns in diesem Land viel wichtigere Probleme als eine jahrelange Flüchtlingsdebatte, den Streit zwischen CDU und CSU oder das Haare raufen über Donald Trump gibt. Ich meine den Griff der Politik in unser Portmonee und vor allem die Verwendung der eingesackten Milliarden.
Vielleicht unterschreiben wir erst einmal die Forderungen des Bundes der Steuerzahler und schicken die über alle Kanäle an den Bundesfinanzminister. Ob das zum Nachdenken bei ihm führt? Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht schmeckt ihm dann wenigstens sein Frühstück nicht mehr so gut.
Ihnen wünsche ich selbstverständlich ein genussvolles Frühstück.
Foto: L. Schiller / pixelio.de