Morgengruß von Helmut Harff: Lesen, aber was

Ein Blick in mein Bücherregal

Erst einmal eine Korrektur: Ich habe nicht ein sondern 11 Bücherregale, die alle auf den Namen Billy hören. Da passen sehr viele Bücher rein und die Regale sind sehr gut gefüllt und füllen mein Büro auch gut aus.

Nun werden sehr moderne Menschen fragen, warum ich noch Bücher – so altmodische, auf Papier gedruckte – habe, wo es die doch sicherlich alle auch als E-Book gibt. Das stimmt eben so überhaupt nicht. In 55 Lesejahren sammelt sich da vieles an, was wohl nie als E-Book vorliegen wird. Da sind zum Einen sehr alte Bücher und solche, die einfach nie digitalisiert werden. Doch das ist nicht der wirkliche Grund, warum ich physisch vorhandene Bücher nicht missen möchte, warum ich die schätze und liebe.

Ja, man kann Bücher auch auf einem Lesegerät lesen, was ich hin und wieder tue, vor allem, wenn ich mit dem Flieger unterwegs bin. Man kommt mit Büchern im Gepäck schnell über die Freigepäckgrenze. Also alles zu seiner Zeit. Doch wann immer möglich, nehme ich ein Buch lieber in die Hand. Hier liegt genau der Hase im Pfeffer: Ein Buch macht auch wegen seiner Haptik, wegen seiner Gestaltung, wegen seiner äußeren Erscheinung Spaß. Davon ist bei einem E-Book wohl keine Rede.

Bücher, das ist nicht nur Lesestoff. Bücher sind auch Kunstwerke, Kunstwerke von Grafikern, Illustratoren, Einband- und Layoutgestaltern, Setzern, Druckern und Buchbindern. Würden wir nur noch E-Books in unseren virtuellen Regalen haben, würden viele dieser Kenntnisse, dieses Könnens einfach verschwinden.

Dazu kommt, dass ich gern vor meinen Bücherregalen stehe und einfach mal den Blick schweifen lasse, nach dem, was mich gerade anspringt, mich gerade zum lesen, zum blättern und schmökern reizt. Das kann mal ein Bildband sein. Ein Bildband in elektronischer Form, dass geht für mich gar nicht. Die Vorstellung, so einen großen Bildband mit seinen tollen Fotos auf einem Lesegerät zu betrachten, gruselt mich regelrecht. Das gilt eigentlich für gebundenen Bücher, aber auch für solche, die illustriert sind.

Ich frage mich auch, wie ein Buch  mein Interesse wecken soll, wenn ich einfach eine Tabelle mit allen E-Book-Titeln durchforste. Das würde jede Entdeckerlust, jede Leselust im Keim ersticken. Ich muss die Bücher einfach betrachten und in die Hand nehmen können. Ich will so ein Buch auch mit mir rum tragen, es anderen zeigen. Vielfach ist es auch so, dass die beste Frau der Welt und ich das gleiche Buch lesen.

Ich gehöre auch zu den Menschen, die Bücher gern verschenken. So ein Buch auszuwählen, schön zu verpacken und dann zu verschenken, das macht Spaß. Nur ein Code für ein E-Book, das ist noch langweiliger, als einen Gutschein für einen Supermarkt. Ich jedenfalls würde mich über ein E-Book als Geschenk nicht freuen. Das geht augenscheinlich auch vielen Lesern so. Wie sonst ist zu erklären, dass sich an jeder Buchverlosung Hunderte beteiligen. Sie alle wollen ein ganz klassisches Buch.

Es gibt noch etwas, was für klassische Bücher spricht: Ich kann sie verleihen (und hoffentlich zurück bekommen), verschenken oder weiter verkaufen. Die meisten sinken in ihrem Wert – haben aber immer noch einen, andere steigen immens im Wert. Auch das kann man mit einem E-Book kaum oder gar nicht machen.

Eines sollte man aber bei aller Buchbesessenheit nicht machen: Beim Frühstück lesen. Das sorgt für Fettflecke im Buch und für wenig Kommunikation untereinander.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück und viel Spaß beim Stöbern in Ihren Bücherregalen.

Foto: Pixabay

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