Morgengruß von Helmut Harff: Es gibt keine Maikäfer mehr

… und selbst die Mücken werden knapp

Einst sang Liedermacher Reinhard Mey davon, dass es keine Maikäfer mehr gibt, weil aus einem wilden Garten ein Einkaufszentrum wurde. Da gibt es eben weder Schornsteinfeger, Müller und erst recht keinen Kaiser, wie er schon 1974 beklagte.

Max und Moritz in der gleichnamigen Geschichte von Wilhelm Busch sammelten noch so viele Maikäfer, die reichten um Onkel Fritz aus dem Bett zu treiben. Der Maikäfer schaffte es sogar ins Militär, schließlich gab es in Berlin bis 1918 eine Maikäferkaserne. Selbst als Revolutionär ist der Maikäfer bekannt. Sicher erinnert sich heute kaum noch jemand an den Maikäferbund. Der war ein literarischer Zirkel in den letzten Jahren des Vormärz (vor 1848). Die Vereinszeitschrift Der Maikäfer: eine Zeitschrift für Nicht-Philister bot den Mitgliedern ein Forum für eigene Veröffentlichungen.

Und heute? Haben Sie – wir haben ja gerade Mai – schon einen Maikäfer gesehen? Das wird wohl immer schwieriger, denn eigentlich ist es schon seit langem nicht mehr zu übersehen: Es gibt immer weniger Insekten. Nun könnte man ja meinen, dass das Fehlen von Mücken, Wespen, Kleidermotten, Läusen oder auch Bäume schädigenden Maikäfern nicht nur zu verschmerzen, sondern sogar zu begrüßen sei. Man muss nicht, wie 1911 passiert, mal schnell 22 Millionen Maikäfer auf einem Areal von nur 1.800 Hektar einsammeln, man braucht auch weniger Chemie zur Bekämpfung der Insekten, weniger Antimückenmittel und das Auto bleibt auch länger sauber.

Wer so denkt, findet auch, dass der Verlust seiner Schuhe eine tolle Sache ist, weil er nun keine Schuhcreme mehr kaufen muss. Wer würde das schon tun?

Wie ich nun wieder auf das Thema komme? Heute ist der „Internationaler Tag zur Erhaltung der Artenvielfalt“. Was Artenvielfalt oder biologische Vielfalt  bedeutet, verrät Wikipedia: „[...] bedeutet "biologische Vielfalt" die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme;“

Es gibt also keine Maikäfer mehr und viele andere Kreaturen sehen wir auch immer weniger – wenn sie überhaupt sichtbar sind. Das kann man, sollte man aber auf keinen Fall mit einem Schulterzucken abtun. Doch wenn uns das nicht egal ist, was können wir tun? Den Insekten das Leben erleichtern. Das heißt nun nicht, dass wir unsere Wollsachen den Motten zum Fraß hinhängen. Doch wir können in unseren Gärten, auf unseren Balkonen auf jede Chemie verzichten. Schließlich sind wir nicht darauf angewiesen, möglichst hohe Erträge zu erzielen. Dagegen sollten wir vor allem solche Pflanzen in den Boden bringen, die unsere heimischen Insekten und auch anderes Getier kennen und schätzen. Ich bin auch der Überzeugung, dass das Kleingartengesetz dahingehend geändert werden muss. Kleingärten müssen genau wie die Gärten von Ein- und Mehrfamilienhäusern, wie Parks und alles andere öffentliche Grün Paradiese für unsere heimische Fauna sein.

Und wenn wir nichts tun? Dann gibt es irgendwann keine glücklichen Hühner mehr, dann haben viele andere Vögel nichts mehr zu fressen, dann ist schlicht die Nahrungskette in der Natur gestört. Und wer steht am Ende der Nahrungskette? Richtig, das sind wir. Und was sagt der Volksmund? Den Letzten beißen die Hunde – wenn es die noch gibt.

Artenschutz, das ist ohne jede Einschränkung möglich. Artenschutz geht ohne jeden Verzicht. Das macht Artenschutz eigentlich so einfach – man muss nur wollen.

Ich muss jetzt auch wollen – ich muss Frühstück machen wollen.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.

Foto: Pixabay

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