Aufgespießt: Will haben

... das passt nicht mehr in die Zeit

(Helmut Harff / Chefredakteur) Kleine Kinder können schon ganz schön nerven, wenn sie wieder mal etwas entdeckt haben, was sie jetzt und sofort haben wollen. Davon können Eltern und Großeltern ein vielstrophiges Lied singen und der Handel hat das auch längst erkannt.

Das kann man in Supermärkten, aber vor allem jetzt im Urlaub beobachten. Man kommt kaum irgendwo an den Strand, an die Seilbahn oder noch irgendwo hin, ohne dass in Höhe von Dreikäsehochs gaaaaaanz tolle Dinge locken, die den Kleinen den gefürchteten Ruf "Will haben" entlocken.

Viele solcher kindlichen Verhaltensweisen gehen im Laufe des Erwachsenwerdens verloren. "Will haben" ist aber ein Ruf, später eher ein Gedanke, der nie in unseren Köpfen verstummt. Mann unterscheidet sich da nicht von den Frauen, auch wenn beide vielleicht hier und da bei unterschiedlichen Dingen die Hände voller Begehrlichkeit ausstrecken. Mann will viele tolle Dinge haben, manche davon braucht man wirklich, einige vielleicht und sehr vieles eigentlich nicht. Bei den Kindern landet so etwas in der Spielzeugkiste, bei den größeren enden "Will haben"-Dinge irgendwo im Kleiderschrank, in der Werkstatt oder in einem Abstellraum.

Sind die Dinge dann ganz alt, können nachfolgende Generationen vielleicht noch bei "Bares für Rares" oder einer der Nachfolgesendungen ein Schnäppchen machen.

Dabei ist uns eigentlich klar, dass "Will haben" kein guter Ratgeber ist. "Will haben" ist nicht nur bei Krimskrams sondern vor allem auch bei größeren und im Leben möglicherweise einmaligen Anschaffungen kein guter Ratgeber.

Doch wie unterscheidet man nun, ob man wirklich etwas braucht oder ob da nur das kindliche "Will haben" durchschlägt. Auf diese Frage gibt es keine Antwort, die muss jeder für sich finden. Ein Beispiel? Ich hatte jahrelang Boote - und war jede freie Minute auf dem Wasser. Inzwischen gibt es andere Prioritäten und ich habe kein Boot mehr, leihe mir eines hin und wieder aus. Dagegen bin ich heute viel mit dem Rad unterwegs. Da macht ein Leihrad keinen Sinn.

Bei der Frage, ob man Dinge will oder wirklich braucht, sollte man auch bedenken, dass Besitz in vielen Fällen auch Arbeit und damit zusätzliche Zeit und Geld bedeuten. Um beim Boot zu bleiben. Als das noch meines war, musste ich es pflegen, streichen, musste ich Bootstandmiete zahlen. Dafür zahlte ich mehr, als mir heute die Bootsausleihe kostet. Das ist in vielen Fällen so. Ich denke dabei, dass man vielleicht ab und zu einen Betonmischer braucht - doch deshalb einen kaufen? Macht "Will haben" Sinn, wenn ich einmal im Jahr mit dem Wohnwagen in den Urlaub fahre?

Ich finde, wir sollten viel häufiger darüber nachdenken, ob "Will haben" wirklich ein guter Ratgeber ist. Das ist er nach meiner Erfahrung nämlich nicht. "Will haben" belastet meinen Geldbeutel, aber auch die Umwelt häufig deutlich mehr, als wenn ich mir leihe, was ich mal benötige. Das ist bei weitem nachhaltiger, passt bei weitem mehr in die heutige Zeit, als der Verzicht auf Plastiktrinkhalme. Immer häufiger zu sagen "Will nicht haben", schont nicht nur die Umwelt und unseren Geldbeutel. Es lässt auch mehr Spielraum, sich genau das auszuleihen, was man wirklich braucht - mal ein Boot, einen Wohnwagen für Vater, Mutter und zwei Kinder, mal nur für das Paar.

Vielleicht wäre "Will nicht haben" auch ein guter Slogan für alle, die etwas für die Rettung des Planeten tun wollen wie die Bewegung "Fridays for Future".

Foto: Pixabay

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