Aufgespießt: Freiheit, Freiheit

… war nicht nur das Motto in Woodstock

(Helmut Harff) Freiheit, Freiheit, sang einst in seinem legendären Wende-Titel Marius Müller-Westernhagen. Freiheit, das ist etwas, wonach sich die Menschen wohl schon seit der Zeit sehnen, als sie die zum ersten Mal verloren.

Da gab es viele geschichtliche Ereignisse und Geschichten. Da führte einst Moses sein Volk, die Juden, aus der ägyptischen Sklaverei. Da war es der Sklave Spartakus, der einen der berühmtesten Aufstände der Antike anführte. Ziel war - ja klar - die Freiheit, in dem Fall die der römischen Sklaven. Jahrhunderte später waren es die Bauern, die in den Bauernkriegen um ihre Freiheit kämpften.

Freiheit, das verhießen auch die neuen Kontinente und Länder. Ohne den Drang zur Freiheit, zu ihrer Freiheit, hätte es ganz sicher nicht die massiven Auswanderungswellen beispielsweise in die heutige USA und nach Kanada gegeben.

Die wenigen Beispiele zeigen schon, dass Freiheit, dass das Erringen der Freiheit etwas mit Kampf zu tun hat. Der Kampf um die Freiheit bedeutete eigentlich immer Tod und Vernichtung. Tod und Vernichtung von denen, die ihre Freiheit einforderten und von denen, die diese Freiheiten nicht einräumen wollten. So gesehen ist der jahrtausende andauernde Freiheitskampf auch eine Aneinanderreihung von Kriegen, von Grausamkeiten und schlussendlich wieder von Unfreiheit.

Und dann kam das "Woodstock Music & Art Fair presents An Aquarian Exposition - 3 Days of Peace & Music". Die dann vier Tag im August 1969 Feiernden wollten auch Freiheit, wollten die Freiheit der damals jungen Generation, deren Eltern die Hölle des zweiten Weltkriegs direkt oder indirekt miterleben mussten. Doch die 500.000 Festivalgäste und all die weltweit, die die Musik von Joe Cocker, Carlos Santana, Jimi Hendrix, Janis Joplin oder The Who - um nur einige zu nennen - liebten, die wollten nicht kämpfen, die wollten sich ihre Freiheit einfach nehmen. Schön, die meisten in Woodstock waren auch so zugedröhnt, dass sie wohl gar nicht hätten kämpfen können. Und doch, sie kämpften um ihre Freiheit mit Sex, Drugs and Rock and Roll. Sie kämpften mit bunten Blumen.

Ohne es zu ahnen waren sie damit auch Vorbilder für Menschen in Portugal, die mit ihrer Nelkenrevolution die autoritäre Diktatur des Estado Novo fast ohne Opfer durchführten. Ähnliche Aktionen fegten auch andererorts ungeliebte Herrscher von ihren Stühlen. Auch in der DDR gingen die Menschen 1989, also 20 Jahre nach Woodstock, mit Blumen und dem Slogan "Keine Gewalt" auf die Straße, nach dem man schon Jahre zuvor gefordert hatte "Schwerter zu Pflugscharen".

Ich habe heute manchmal den Eindruck, dass der Geist von Woodstock etwas verfliegt. "Keine Gewalt" ist nicht immer mehr das Motto von Menschen, die um ihre Freiheit kämpfen. Ich wünsche mir, dass Freiheitssuchende, um ihre Freiheit kämpfende das immer mit einer Blume und einem machtvollen Lied auf den Lippen tun. Die Geschichte zeigt ja, dass man auch so Freiheiten erringen kann - ohne Mord und Todschlag, ohne dass ein Meer auseinander geht, ohne das Gekreuzigte eine Straße säumen, ohne dass zigtausende Menschen sterben, die nie erfahren werden, wie die Freiheit schmeckt.

Ich finde, es lohnt sich nicht für die Freiheit zu sterben. Ich finde, es lohnt sich für die Freiheit Blumen zu züchten, Lieder zu schreiben und die Freiheit - die bekannter Maßen auch immer die Freiheit der anders Denkenden ist (so Rosa Luxemburg) - in vollen Zügen zu genießen.

Bewahren wir uns auf alle Zeit den Geist von Woodstock!

Foto: Pixabay

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