E-Fuel (4)

Audi sorgt für Vorsprung durch Technik

(Hans-Robert Richarz, Auto-Medienportal.Net) Die beiden Renntaxis, mit denen Audi Anfang Oktober beim letzten Lauf zur Deutschen Tourenwagenmeisterschaft (DTM) 2019 ausgewählte Gäste im Renntempo um den Hockenheimring kutschierte, hatten es in sich, und zwar im Tank. Dort schwappte statt herkömmlichen Rennbenzins erstmals ein innovativer Kraftstoff, der für eine um 30 Prozent bessere CO2-Bilanz sorgte.

Der von Aral entwickelte Hochleistungskraftstoff, den Audi im Rahmen dieses Pilotversuches beim DTM-Finale verwendete, besteht zur Hälfte aus hochwertigen erneuerbaren Komponenten, die aus Abfallstoffen gewonnen werden. Trotzdem erreicht er in seinen Eigenschaften die Qualität des Kraftstoffs „Aral Ultimate 102", wie er in der DTM seit 2005 vorgeschrieben ist.

„Audi hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die fahrzeugspezifischen CO2-Emissionen bis 2025 sukzessive um rund 30 Prozent zu reduzieren“, sagt Ulrich Baretzky, Leiter Entwicklung Motor bei Audi Motorsport. „Die Elektromobilität spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle. Aber wir haben weltweit noch einen großen Bestand an Pkw mit klassischen Verbrennungsmotoren, die uns noch viele Jahre erhalten bleiben werden. Mit dem Einsatz von Low-Carbon-Kraftstoffen könnte man bei diesen Fahrzeugen sehr schnell eine spürbare CO2-Reduktion erreichen, ohne technische Veränderungen vornehmen zu müssen."

Seit Jahren forscht Audi an alternativen Kraftstoffen für den Serieneinsatz. Eigenständige Projekte befassen sich mit der Herstellung von E-Gas, E-Diesel und E-Benzin. Beim synthetischen Audi E-Benzin erreichten die Ingolstädter Anfang vergangenen Jahres ein wichtiges Zwischenziel. Erstmals stellten sie gemeinsam mit Partnern eine für erste Motorentests ausreichende Menge des regenerativ erzeugten Kraftstoffs her.

In Zusammenarbeit mit der Global Bioenergies S.A. in Leuna (Sachsen-Anhalt) entstand die größte, bis dato jemals hergestellte Menge an Audi E-Benzin, eine Charge von 60 Litern. „Der neue Kraftstoff hat viele Vorteile. Er ist unabhängig von Erdöl, kompatibel zur vorhandenen Infrastruktur und bietet die Perspektive eines geschlossenen Kohlenstoffkreislaufs“, sagt Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung der Audi AG. Beim E-Benzin handelt es sich im Wesentlichen um flüssiges Isooktan, eine farblose flüssige Substanz, die chemisch zur Gruppe der gesättigten, verzweigten Kohlenwasserstoffe (Alkane) gehört.

Derzeit entsteht es in zwei Verfahrensschritten aus Biomasse. Im ersten Schritt produziert Global Bioenergies in einer Demonstrationsanlage gasförmiges Isobuten (C4H8), eine hochentzündliche Substanz, die schwerer ist als Luft. Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna wandelt es im zweiten Schritt mit Hilfe von zusätzlichem Wasserstoff in Isooktan (C8H18) um. Dieses ist schwefel- und benzolfrei und verbrennt deshalb besonders schadstoffarm.

Als hochreiner synthetischer Kraftstoff mit sehr guter Klopffestigkeit bietet das E-Benzin die Möglichkeit, Motoren höher zu verdichten und damit die Effizienz weiter zu steigern. Mittelfristig wollen die Projektpartner den Herstellungsprozess so modifizieren, dass er ohne Biomasse auskommt – dann sollen regenerativ hergestellter Wasserstoff und CO2 als Ausgangsstoffe genügen.

Für Audi sind die E-Fuels mehr als ein Forschungsgegenstand in Labors. Seit 2013 bietet die Volkswagen-Tochter das erneuerbare Audi E-Gas auf dem Markt an. Es stammt unter anderem aus der eigenen Power-to-Gas-Anlage in Werlte (Emsland). Kunden tanken ihr Audi-g-Tron-Modell an jeder beliebigen CNG-Tankstelle und bezahlen dafür den regulären Preis. Audi sichert die grüne Eigenschaft und damit die entsprechende CO2-Reduktion, indem das Unternehmen die berechnete Menge in Form von Audi E-Gas wieder ins Erdgasnetz einspeist.

Zum Portfolio gehört auch Audi e-Diesel. In Dresden hat der Audi-Kooperationspartner Sunfire von Ende 2014 bis Oktober 2016 dafür eine Pilotanlage betrieben. Wie in Werlte lieferte Ökostrom die Energie, als Rohstoffe dienten auch dort Wasser und CO2. Das Endprodukt war das sogenannte Blue Crude, das sich zu Audi E-Diesel veredeln ließ. Aktuell plant Audi Produktionskapazitäten in Laufenburg im Schweizer Kanton Aargau. Dort sollen in einer neuen Pilotanlage jährlich rund 400.000 Liter Audi E-Diesel entstehen. Die dafür notwendige Energie liefert erstmals ausschließlich Wasserkraft.

„Beim Projekt in Laufenburg können wir durch eine neue Technologie die Produktion von e-Diesel effizient in kompakten Einheiten und damit wirtschaftlicher gestalten. Dazu bietet die Pilotanlage die Möglichkeit zur Sektorenkopplung, also zur Kombination der Energiebereiche Strom, Wärme und Mobilität, und macht erneuerbare Energie speicherbar“, sagt Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung der Audi AG.

Audi e-Diesel hat das Potenzial, herkömmliche Verbrennungsmotoren nahezu CO2-neutral zu betreiben. Für seine Entstehung transformiert die Power-to-Liquid-Anlage überschüssigen Strom aus Wasserkraft zu synthetischem Treibstoff. Das funktioniert nach einem chemischen Prinzip: Der vor Ort im Wasserkraftwerk produzierte Ökostrom erzeugt aus Wasser mittels Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff. Im nächsten Schritt reagiert der Wasserstoff mit CO2, hier kommt eine neuartige und sehr kompakte Mikroverfahrenstechnik zum Einsatz. Das CO2 kann aus der Luft oder biogenen Abgasen gewonnen werden und ist wie bei allen E-Fuels von Audi die einzige Kohlenstoffquelle.

Es entstehen langkettige Kohlenwasserstoffverbindungen. Diese werden im letzten Verfahrensschritt in das Endprodukt Audi e-Diesel sowie in Wachse getrennt, die in anderen Industriezweigen Verwendung finden. Der Baubeginn der Anlage in Laufenburg ist bislang noch nicht erfolgt, da sich einer der Partner zurückgezogen hat. Audi aber verfolgt das Projekt weiter und diskutiert derzeit die weitere Vorgehensweise.

Eine wichtige Rolle bei Entwicklung und Produktion alternativer Treibstoffe spielen natürlich auch die Mineralölkonzerne. Mit dem Thema, wie weit der Stand der Forschung bei ihnen ist, befasst sich Teil fünf unserer Serie.

Foto: Auto-Medienportal.Net

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