Crashdummies zu männlich

... um Frauen zu schützen

Es gibt nicht mehr allzu viele Bereiche im Leben, in denen der Mann noch das Maß der Dinge ist. Einer dieser Bereiche sind die Crashtests: Denn dabei kommen vorwiegend „männliche“ Crash-Test-Dummies zum Einsatz.

Die Geschlechterungleichheit bei Crashtests erweist sich als nachteilig für die Damen. Denn aufgrund maskulin-orientierter Ergonomie und Sicherheitstechnik in Autos, die anhand von männlichen Dummies entwickelt wurden, erleiden Frauen bei Unfällen oft schwerere Verletzungen und sterben häufiger in Verkehrsunfällen als Männer. Und das obwohl Männer häufiger in Autounfälle verwickelt sind.

Das Manko, durch die Dominanz „viriler“ Dummies beeinträchtigt zu werden, teilen Frauen mit allen kleinen Personen, kritisieren Unfallforscher, auch von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Demnach müssen viele Frauen und kleinere Menschen den Fahrersitz im Auto weit nach vorn schieben, um Gas-, Brems- und Kupplungspedal betätigen zu können. Denn die sind meist für größer gewachsene Männer ab einer Durchschnittsgröße von 175 cm positioniert. Die Sitzposition auf einem weit vorgerückten Autositz sei jedoch für Frauen – wie auch generell für kleinere Menschen – nicht nur unbequem, sondern auch gefährlich, warnt die UDV.

Denn durch den geringen Abstand zur Instrumententafel drohen diesen Fahrern bei einem Unfall schwere Verletzungen an Füßen, Knien, Oberschenkeln und Becken. Deshalb fordert der Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherungen, Siegfried Brockmann, dass zum Schutz kleinerer Autofahrerinnen und Autofahrer die Ergonomie in den Fahrzeugen deutlich verbessert werden müsse. Er plädiert unter anderem für verstellbare Pedale und Lenkräder sowie für spezielle Knie-Airbags als Aufpralldämpfer.

Der Standard bei Dummies ist der sogenannte 50-Perzentil-Mann. Er hat seinen Namen daher, dass er ein „Mittelmaß“ von 175 cm Körpergröße und 78 kg Gewicht aufweist. Der 50-Perzentil-Mann ist der personifizierte mitteleuropäische Durchschnittstyp: Rund 50 Prozent der männlichen Europäer sind größer, die andere Hälfte ist kleiner als dieser Dummie. Er dient seit Jahren als Vorgabe für die Anordnung der Sitze, Gurte und Airbags in Neuwagen. Dabei wurden weibliche Maße bislang nicht oder zu wenig beachtet. Das ist aus Sicht vieler Unfallforscher der Grund für die Einschränkungen bei der Sicherheit und Ergonomie von Frauen und kleineren Menschen in vielen Autos.

So ergaben etwa Crash-Tests der UDV, dass die normale Sitzposition von kleineren Fahrer-Dummies als der 50-Perzentil-Mann deutlich höhere Belastungswerte an den Oberschenkeln verursacht als wenn der Dummy optimal positioniert ist. Daraus leiten die Unfallforscher der Versicherer ihre Forderung ab, dass zum Schutz kleinerer Pkw-Fahrer die Ergonomie im Auto verbessert werden muss.

Auch der ADAC stellte bei entsprechenden Tests fest, dass Personen mit einer anderen Statur als der „Durchschnittsmann“ in Autos einem deutlich höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt sind. Dieses betrifft nach den Erkenntnissen der Unfallforscher des Automobilclubs über Füße, Knie, Oberschenkel und Becken hinaus auch den Brustbereich. Demnach ist die Gefahr gravierender bis lebensbedrohlicher Brustverletzungen bei Unfällen für Frauen um 30 Prozent größer als für Männer. Das gelte gleichermaßen für Jugendliche und Senioren, berichtet der ADAC.

Die Unfallforscher machten in Crash-Tests deutlich, dass sich mit frauengerecht angeordneten Pedalen, die eine mittlere Sitzposition zum Lenkrad ermöglichen, aufgrund des größeren Abstands zum Armaturenbrett die Belastungswerte für die Extremitäten von Frauen und kleineren Menschen um das Fünffach senken lassen. Deshalb sollten zukünftig mehr weibliche Dummies bei den Crash-Tests zum Einsatz kommen, fordern Sicherheitsexperten. Berichten zufolge sollen weltweit die Hersteller solcher Crash-Test-Puppen inzwischen auch an Dummies arbeiten, die den Körpereigenschaften von Senioren entsprechen bzw. einen Bauch haben – weil die Menschheit immer älter und dicker wird. So sind auch Crash-Test-Dummies gesellschaftlichen Veränderungen unterworfen.

Quelle: Goslar Institut

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