Morgengruß von Helmut Harff: Ohne Gottes Beistand

Was macht die Kirche da?

Ich glaubte nicht richtig zu hören – die Kirchen machen dicht. Zumindest werden immer mehr Kirchen mit dem Hinweis auf die Grippewelle geschlossen.

Wo man die Türen noch nicht ganz vor den Gläubigen zuschlägt, wird es zumindest keine Gottesdienste mehr geben, wird das Weihwasser aus den entsprechenden Behältern entfernt. Ehen werden nicht mehr geschlossen, Kinder nicht mehr getauft.

Ehrlich, ich bin mehr als sprachlos. Wann gehen denn Menschen vor allem in die Kirche, wann suchen sie Gottes Beistand, wann brauchen sie einen Prediger? Bei einem Sechser im Lotto? Wenn Sie den Partner für das Leben gefunden haben? Ja, es soll Menschen wie mich geben, die sich bei Gott vor allem bedanken. Doch die meisten suchen in Krisenzeiten Trost und Zuspruch, bitten um Hilfe bei Gott und den Heiligen. Und was macht die Kirche und ihre Mitarbeiter? Die machen zu, die verkrauchen sich in ihre Sakristeien, in ihre Pfarrhäuser und in – Achtung Klischee – ihre Weinkeller.

Die Kirche zu in Krisenzeiten? Gab es das schon mal? Waren die Kirchen in Zeiten der Pest zu, verweigerten die Priester in Zeiten, in denen jeder Zweite an der Epidemie starb, den Gläubigen Gottes Wort, Gottes Beistand? Verweigerte man den Neugeborenen die Taufe, die Nottaufe? Sorgte man damals mit einer feigen Verweigerungshaltung dafür, den Kindern ehelich geboren worden zu sein, in dem man die Eltern nicht verheiratet? Nein, das taten die Geistlichen damals nicht und das taten sie in Kriegen oder in Konzentrationslagern nicht.

Ich frage mich, warum man sich heute den Menschen verweigert? Wenn man in Krisenzeiten sich eben nicht als Hirte seiner Herde präsentiert, dann ist man nichts anderes, als ein Hütehund, der angesichts eines Wolfes den Schwanz einklemmt und versucht unter den Schafen Schutz zu suchen. Ja, Geistliche, die jetzt nicht für ihre Gemeinde, die nicht für alle, die Gottes Beistand suchen rund um die Uhr da sind, haben einen anderen Vergleich nicht verdient.

Ich frage mich auch, wo all die Politiker sind, die auf den Kirchentagen große Reden schwingen, wo all die sind, die das christliche Abendland ständig das Wort reden, die uns vor der Islamisierung schützen wollen. Wo bleibt der Aufschrei der AfD, wenn die Kirchen kneifen?

Ich frage mich aber auch, ob für mich noch ein Platz in einer Kirche ist, die genau dann die Türen schließt, wenn viele, wenn ich Zuspruch brauche. Ich hätte erwartet, dass die Geistlichen gerade jetzt nicht auf die Uhr blicken, sondern wann immer sie gefragt sind, für alle Menschen da sind. Aber, andererseits wundert mich das Verhalten von Gottes Stellvertretern auf Erden nicht. Was soll man von Menschen erwarten, die sich eben nur am Rande um die Verkündung der frohen Botschaft kümmern, die immer nur um sich selber kreisen, denen Themen wie Geld, Zölibat, Homoehe oder die Stellung der Frauen in der Kirche viel wichtiger sind.

Wenn die Kirchen zumachen, wenn das irdische Personal Gottes ängstlich kneift, wenn es vor staatlichen Autoritäten einknickt, wenn die Kirche in Krisenzeiten nicht vorhanden ist, wozu soll man dann Kirchensteuern zahlen? Das muss jeder für sich selber entscheiden, dazu hat man ja noch Zeit – bis nach der Krise. Meine Entscheidung jedenfalls steht fest.

Ich kann mich auch ohne Kirchensteuerbescheid bei Gott für mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt bedanken.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles und ein gesegnetes Frühstück sowie Gesundheit.

Foto: Pixabay

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