Morgengruß von Helmut Harff: Sonntagsbraten

… sind wohl ausgestorben

Wissen Sie was ein Satansbraten ist? Kennen Sie einen Sonntagsbraten? Dann sind sie entweder nicht mehr der Jüngste oder mögen nahezu ausgestorbene Begriffe.

Ich erinnere mich, dass meine Mutter mich mehr als einmal zum Sonntagsbraten gerufen hat und dann feststellen musste, dass ihr Satansbraten – also ich – schon wieder mein Sonntagsoutfit mit Flecken verziert habe.

Ja, früher war das so, dass man nicht ewig mit Kindern diskutierte. Es erfolgte eine Ansage und man muckte höchstens innerlich auf oder beschrieb noch eine Zusatzkurve. Doch dann musste man der Ansage gefolgt sein – sonst war man eben ein Satansbraten. Einer, der eben doch ein kleines Teufelchen in sich hatte. Wobei, Satansbraten war eigentlich nur eine kleine Ermahnung, nicht wirklich gefährlich.

Und ich habe das auch nicht so ernst genommen, schließlich winkte der Sonntagsbraten. Das war wirklich etwas besonderes, was es eben nur am Sonntag gab. Fleisch unter der Woche, das war eher selten vor 60 Jahren. Fleisch war teuer, man aß auch nur am Sonntag gemeinsam zu Mittag. Sonntag, dass war wirklich in jeder Richtung etwas besonderes. Es gab nicht nur den Sonntagsbraten, es gab auch Nachtisch. Vater saß im weißen Hemd am Tisch und Mutter band die Küchenschürze ab und drunter kam ein Kleid oder Rock und Bluse hervor – es war eben Sonntag.

Sonntag, das war der Familientag. Manchmal fiel der Sonntagsbraten aus, weil wir Ausflüge machten. Dann bedauerte ich zwar, dass es keinen Pudding gab, aber da meine Eltern Mitleid mit mir hatten oder sich an ihre eigene Kindheit erinnerten, musste ich dann keinen Sonntagssachen tragen. Die hatten, wie oben schon erwähnt, die unangenehme Eigenschaft, aus uns Kinder eben Satansbraten zu machen. Wie? Ganz einfach, die Sachen waren nicht fleckgeschützt, sondern zog Flecke magisch an. Ich fragte mich immer, wie die das in der Fabrik machen, dass ausgerechnet an den Sonntagssachen immer Flecke zu sehen waren. Noch bösartiger waren die in anderen Fabriken. Die machten, dass man sich ganz schnell einen Dreiangel in die Hose riss. Nur die Macher der geliebten kurzen Lederhosen hatten Mitleid mit uns Knaben.

Ja, so war das damals und ich fand eigentlich nur toll, dass auch mein Vater am Sonntag für mich Zeit hatte und das es nach dem Sonntagsbraten, von dem Vater immer das erste und beste Stück bekam, Nachtisch gab.

Und heute? Wo gibt es noch Sonntagsbraten mit Pudding? Wo steckt man kleine Knaben noch in den Sonntagsstaat – in die Sachen für gut? Wo nennt man einen fünfjährigen Knaben noch Satansbraten? Das würde ja die Seele des Kindes beschädigen – meint man.

Ja, bei mir gib auch keinen Sonntagsbraten mehr und einen Satansbraten ist auch höchstens der Nachbarsjunge und chic mache ich mich auch vor allem dann, wenn es dafür einen Anlass gibt. Aber, ich kann eines, was es damals nicht gab: Ich frühstück jeden Morgen mit der Besten Frau der Welt.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück und Gesundheit.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Maria Namen, Gerfried

Foto: Pixabay

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