Sie  scheinen auf Droge zu sein, die Spekulanten. Es geht um das Auto, das  Apple angeblich entwickelt. Die um die Jahreswende wild wuchernden  Hirngespinste um das elektrisch angetriebene „iCar“, bislang lediglich  ein unbestätigter Papiertiger in allerlei gedruckten wie elektronischen  Gazetten, befassen sich neuerdings nicht mehr nur mit der Frage, ob  Apple dieses Auto bauen wird. Inzwischen wird längst über den  Einführungstermin gemutmaßt.
Obendrein schießen auch  Spekulationen um den möglichen Umsatz ins Kraut, den Apple damit  erzielen könnte. Die verlockende Vision geht so: Sollte sich Apple einen  ähnlichen Marktanteil wie im Smartphone-Sektor mit weltweit knapp 12  Prozent (3. Quartal 2020) erkämpfen, könnte das Autogeschäft dem  Elektronikriesen aus dem Silicon Valley einen zusätzlichen Umsatz von  400 Milliarden Dollar pro Jahr bescheren. Angesichts dieser Zahl sieht  man förmlich die Beißrechen der geldgierigen Analysten tropfen, die  nämlich, sollte Apple tatsächlich mit einem Auto Vollgas geben, den  Aktienkurs in den Himmel schießen sehen.
Dumm nur, dass all die  Raffzähne, die schon Millionen an Kursgewinnen in ihre Kassen fließen  sehen, sich noch gedulden müssen – oder ihre Träume platzen sogar. Was  am wahrscheinlichsten sein dürfte. Denn die Frage aller Fragen ist die:  Warum sollte Apple ein Auto bauen wollen, wenn man bedenkt, welcher  Rattenschwanz an wichtigen Punkten abgearbeitet werden müsste?
Die sind  nämlich zahlreich:
- Ein Heer von Ingenieuren müsste angeheuert werden, um den Wagen zu konstruieren.
- Aufwändige Tests wären zu absolvieren, um eine Zulassung zu erreichen.
-  Teure Sicherheitsaspekte für die Passagiere bei Unfällen müssten  genauso abgearbeitet werden wie die Umweltfragen beim Recyclen der Akkus  zu beantworten sind.
- Mindestens eine Fabrik für das Auto (wenn denn eine reicht) wäre zu errichten.
- Eine Zulieferkette müsste aufgebaut werden.
-  Fragen nach der Herstellergarantie wären zu beantworten und hunderte  Werkstätten müssten gegründet oder unter Vertrag genommen werden.
-  Und nicht zuletzt müsste auch der Punkt Produkthaftung geklärt sein. Der  ist besonders heikel, weil ein eventuell autonom fahrendes iCar im  Falle eines Unfalls wegen eines technischen Fehlers schnell  Millionen-Klagen nach sich ziehen kann.
iCar als Vision für Börsen-Hype
Obwohl  das Unternehmen aus dem kalifornischen Cupertino hundertmal soviel wert  ist wie vor 20 Jahren und obendrein etwa 200 Milliarden Dollar in der  Portokasse vorhält, meckern manche Finanzexperten über fehlende  unternehmerische Visionen bei Apple. Das iCar wäre ohne Zweifel solch  eine Vision. Nicht auszuschließen ist, dass Apple allein um des  Börsenkurses willen verdeckt dafür sorgt, dass die Spekulationen um ein  iPhone auf vier Rädern nicht verstummen.
Einerseits heißt es  immer mal wieder, dass um die 1000 international zusammengekaufte  Experten mit dem Projekt beschäftigt sein sollen, das intern angeblich  den Namen „Titan“ trägt. Dann ist zu hören, dass diese Leute alle wieder  entlassen worden wären. In dem wild blühenden Spekulationsgarten  sprießt auch das Blümchen, ob Apple allein oder in Kooperation mit einem  Partner solch ein Auto bauen würde.
Apple mit Tesla?
Etwa  zusammen mit Tesla, dem kultig verehrten Elektroautobauer, der im  simplen Geschäft Auto gegen Geld keinen Dollar verdient und genau  deswegen der ideale Partner sei. Und da Apple neben der brillanten  Funktionalität der Produkte auch eine hohe Faszination bei Kunden  besitzt, würde alles zusammenpassen. Für Apple käme, so die Mutmaßungen  in der Finanzszene, noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu: Die Firma  würde nicht nur am Auto mitverdienen, sondern auch an Software-Updates  alle paar Monate. So macht es Tesla. Denn Autos werden mehr und mehr  durch Software definiert, weil ständig neue Funktionalitäten  hinzukommen.
Es gibt allerdings auch Analysten, die nicht nur  solch eine Kooperation für ausgemachten Unsinn halten, sondern auch  bezweifeln, dass die traditionellen Autohersteller dadurch in Bedrängnis  geraten könnten, weil diese inzwischen auch verstärkt auf die  E-Auto-Karte setzen. Eher im Gegenteil. Der US-Hegdefondsmanager Mark  Spiegel beispielsweise sagte dem Anlegerblatt „Der Aktionär“ schon vor  längerer Zeit zu den immer wieder aufkeimenden Spekulationen dies: „If  my aunt had balls she'd be my uncle“ (auf Deutsch: Wenn meine Tante Eier  hätte, wäre sie mein Onkel). Spiegel hält es auch für nahezu  ausgeschlossen, dass Apple Tesla schluckt. Mit einer Ausnahme:  „Höchstens nach einem Bankrott aus der Insolvenzmasse.“
Apple-Chef Tim Cook lächelt
Die  Gemengelage ist also undurchsichtiger denn je. Apple-Chef Tim Cook  lächelt bislang nur, sobald er auf das Thema angesprochen wird. Seine  kluge Strategie dahinter ist mutmaßlich diese: Wäre es eines Tages  tatsächlich soweit, würde Cook die Medien zusammentrommeln und breit  grinsend die Decke von dem Auto ziehen. Die Sensation wäre perfekt.  Kommt es indes nicht zum iCar, müsste Apple keinen Rückzieher machen.  Denn von dem Unternehmen hat es bis heute nie einen offiziellen Hauch an  Information dazu gegeben. Weder eine Bestätigung, dass man an dem  Projekt arbeite, noch dass nichts dran sei an den seit Jahren  herum-geisternden Gerüchten.
Im Lichte wirtschaftlicher  Realitäten betrachtet, gibt es zwar gewichtige Argumente gegen solch ein  Projekt. Andererseits gibt es auch einen Aspekt in der  Apple-Fangemeinde, der keinesfalls unterschätzt werden sollte: Die  Besitzgier, die ohne Zweifel von Apple-Produkten ausgeht. Diese  meisterhaft zelebrierte Kauf-Erotik führt weltweit immer wieder zu  Käuferschlangen vor den Apple-Läden sobald ein neues iPhone zu haben  ist.
Neueste Spekulation: Hyundai steigt mit ein
Ganz  zu schweigen vom Prestige oder Coolness-Faktor eines Apple iCar, in dem  sich viele dann zwangsläufig offen sonnen könnten, wenn sie damit  unterwegs sind. Oder man stelle sich den Straßenrand als Bühne vor, wenn  sich dort der Yuppie seinem iCar nähert und sich auf Knopfdruck oder  gar wie von Geisterhand die Fahrertür aufschwingt, damit der Apple-User  Platz nehmen kann. Das wäre zumindest anfangs oscarreif.
Die  neueste Wendung ist übrigens erst ein paar Tage alt: Apple soll mit  Hyundai gemeinsame Sache machen. Angeblich steht eine Pressekonferenz im  März bevor. Kann sein, dass etwas dran ist. Wenn nicht, schadet es den  beiden Firmen auch nicht. 
Fotos: Auto-Medienportal.Net/Yahoo//Google/Hyundai
