Morgengruß von Helmut Harff: Die Tischdame

... eine ausgestorbene Spezies?

Gestern bin ich – lustiger Weise in einem Kreuzworträtsel – einem Wort begegnet, von dem ich schon glaubte, dass es ausgestorben sei. Ich befürchte, dass viele Menschen, viele Männer gar nicht mehr wissen, was es bedeutet.

Wovon ich rede? Sorry, ich rede vom Wort „Tischdame“. Nein, damit ist keine Kellnerin im Nobelrestaurant gemeint. Allerdings hat es schon was mit nobel, mit Umgangsformen, mit Wertschätzung zu tun, auch wenn das wahrscheinlich alle Feministinnen und Frauenversteher völlig anders sehen und mich gleich einen Chauvi schimpfen.

In der Tat scheint „Tischdame“ ein auslaufender Begriff zu sein. Lediglich 23.200 Ergebnisse zu dem Begriff verzeichnet Google und in meinen Lieblings-Kostenlos-Fotoportalen ist kein Bild zu diesem Thema zu finden. Und doch, ich fand zuerst diese Definition: Tischdame ist eine Dame, die von einem Herrn zu Tisch geführt wird und  während des Essens rechts von ihm sitzt und sich mit ihm unterhalten soll. Johanna von Papen outet sich auf www.niveauconcepts.com  als Dame, die weiß, was sich für den Mann gehört. Bei ihr ist zu lesen, dass die Dame bei kleinen noch übersichtlichen Veranstaltungen von ihm (dem Mann) nach der Begrüßung am Arm zum Tisch und zu ihrem Platz geleitet wird, ihr der Stuhl vor- und dann beim Hinsetzen nachgeschoben wird. Welche Aufmerksamkeiten Mann seiner Tischdame noch zuteil werden lässt, verrät sie auch.

Ich erinnere mich an einen Empfang von erfolgreichen Fondsmanagern in München so um 2000. Da erlebte ich zum ersten Mal, wie Mann mit seiner Tischdame „umgeht“. Meine Tischdame war eine Gräfin, die nicht unbedingt daran interessiert war, als Dame behandelt zu werden. Ihr verdanke ich einen Crashkurs im Umgang mit der Tischdame. Ich kann versichern, es ist deutlich einfacher als man denkt, auch wenn man sich als Mann immer dann erhebt, wenn die Dame aufsteht – siehe  Stuhl. Doch bei einem Empfang, einem Galaessen kommt das nur höchst selten vor.

Ich muss sagen, dass mir so viel Stil großen Spaß gemacht hat. Leider kann Mann mit diesem Wissen nicht viel anfangen, denn die allermeisten Frauen – so mein Eindruck – sind eben keine Damen. Sie sind der Ansicht, dass sie alles selber können und nicht hofiert werden müssen. Klar, kann Frau das alles selber. Doch heißt das, dass man auf viele Etikette immer und überall verzichten soll oder gar muss? Macht so ein Verzicht nicht unser Leben noch eintöniger, noch langweiliger?

Ich meine ja. Wenn Mann auf jede Aufmerksamkeit verzichteten soll, muss Mann ja auch nicht mehr bemerken, dass die Frisur oder das Kleid neu ist. Das kann Frau ja auch gleich noch selber machen. Ich bin ein Freund von den kleinen Unterschieden, die niemand weh tun, die aber einen gewissen Stil verraten und das Leben einfach schöner machen.

Meine Tischdame – es ist logischer Weise die Beste Frau der Welt - wartet jetzt auf ihren Frühstückskaffee. Ein nettes Ritual, mit dem jeder Tag fröhlich beginnt.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Siegfried, Jovita, Georgia

Foto: Pixabay

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