Morgengruß von Helmut Harff: 66 Jahre

... und kein bisschen Weise

Ja, ich weiß, das sind Zeilen aus zwei Liedern, doch die passen nun mal zu mir, wie keine anderen. Es ist ja auch nicht weise, sich das Haar lässig zurück zu kämmen, das mir noch blieb, den Bauch einzuziehen und auf heißer Typ zu machen. Ich bin – so hoffe ich – auch noch lange nicht auf dem Weg zum Greise, aber mit der Weisheit hapert es doch. Immerhin reicht es wohl zu gesundem Halbwissen.

Doch mal der Reihe nach: Alles begann am 21. Februar vor 66 Jahren. In Berlin lag Schnee  und es war kalt – so um die 8 Grad Minus. Erst schrie meine Mutter und dann ich. Nein, mein Vater konnte mir letzteres nicht erzählen, denn damals durfte keiner in den Kreissaal. Ich hatte viel Glück mit meinen Eltern, die waren nicht streng, ließen mich vieles ausprobieren, vieles machen und vor allem mein Vater machte sehr viel mit mir. Meine Oma zeigte mir, was eine selbstbewusste Frau ist und brachte mir das Bügeln bei. Oh, hoffentlich liest das nicht die Beste Frau der Welt, denn so gerne bügele ich nicht mehr.

Ja, was prägte mich damals, so vor 55 Jahren noch? Das war das Radio, genauer gesagt der RIAS und der SFB, zwei Westberliner Sender, die es so heute nicht mehr gibt. Doch ohne Radio geht bis heute bei mir nichts. Einiges scheint sich nie zu ändern. Was mich nicht prägte, war die Partei, die immer recht hatte, obwohl ich mal versuchte sozusagen im Alleingang die DDR von innen heraus zu reformieren. Das ging schief, doch weder mich noch der DDR fichte das an. Wir lebten nach dem Motto „Leben und leben lassen“ eher nebeneinander her.

Das ändert sich erst, als ich mich Gott zuwandte und immer mehr Menschen große Probleme mit der DDR bekamen. Da war dann das Tischtuch schnell zerschnitten, ohne dass wir uns wirklich auf die Füße traten. Es war einfach aus und vorbei. Schade eigentlich, denn ich war ein privilegierter Westreisender. Was es so alles gab.

Ich war also gar kein typischer Osssi, ich kümmerte mich immer um meine Dinge selber, ganz nach dem Motto „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“. Da war der Wechsel zum Gesamtberliner kein großer Schritt und ich machte, was ich immer gemacht habe – das was mir Spaß macht, was ich machen will. Das lief mal besser, mal schlechter und ich konnte aus vollem Herzen die Schlagerzeile
„Barfuß oder Lackschuh,
Alles oder nichts?
Leg ich mir nen Frack zu,
Oder komm ich vor Gericht?“

volle Inbrunst mitsingen.

Nicht dass ich ruhiger geworden bin, doch irgendwann trat dann das Glück in mein Leben. Das wäre heute gar nicht möglich, denn wir lernten uns im Urlaub kennen. Was soll ich sagen? 66 Jahre und kein bisschen Weise – und vielleicht aus gehabtem Ärger doch etwas gelernt. Das ist ja auch kein schlechtes Fazit.

Ach ja, mein Motto für die nächsten 33 Jahre schickte mir eine Kollegin. Es stammt von Franz Kafka und lautet:
„Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“

Da passt es doch hervorragend, dass ich nicht nur mit der Besten Frau der Welt sondern auch mit der Schönsten nun wie jeden Morgen mein Frühstück genieße.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Petrus D., Gunhild, Enrica, Peter

Foto: Pixabay

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