Morgengruß von Helmut Harff: Wohnung zu vergeben

… eine ungewöhnliche Überschrift

Mein Vermieter ist einer der Großen der Branche und seinen Hauptsitz hat er wohl eher nach steuerlichen Aspekten ausgesucht. Er gehört zu denen, die wirre Menschen in Berlin enteignen wollen.

Ich zahle also meine Miete an einen „bösen Vermieter“. Böser Vermieter? An der Einfahrt zu unsere Siedlung steht ein Schild, auf dem potentielle neue Mieter aufgefordert werden, doch eine Wohnung zu mieten. Uns Mietern verspricht er 300 Euro, wenn wir einen neuen Mieter finden. Der bekommt auch noch einen 500-Euro-Einrichtungsgutschein. Garagenmiete ist spottbillig und ein Garten nur wenige Gehminuten weg ist auch zu bekommen.

Nein, ich habe keine Drogen genommen, so etwas gibt es nicht nur hier, sondern überall in der Republik. Rund ein Millionen Wohnungen sollen leer stehen. Nur stehen die leider nicht in München, Hamburg, Berlin oder Leipzig leer und in diesen und anderen Hotspots wollen alle wohnen – so zumindest der Eindruck. Nein, ich wohne von diesen Hotspots etwas entfernt. Bis Berlin und Dresden sind das genau 150 Kilometer weg, bis zum BER – dem Berliner Flughafen - sind es eine Stunde. Bis zum nächten Krankenhaus brauche ich mit dem Auto 20 Minuten, bis in den Wald 2 Minuten, bis zur gesunden Luft nur Sekunden.

Und die Arbeit? Ich arbeite im Home Office und habe einen tollen Internetzugang. Und für andere? Die Stellenanzeigen in den Lokalzeitungen nehmen dort mehr Platz als die Traueranzeigen ein – und das in einem überalternden Gebiet. Die Arbeitslosenquote hier liegt unter 7 Prozent, in Berlin liegt die bei 10,6 Prozent.

Nein, wir haben in Deutschland kein wirkliches Problem mit zu wenigen Wohnungen, wir haben das Problem, dass viel zu viele Menschen eben meinen, nur in Ballungszentren leben zu können. Die Pandemie zeigt, dass sich das Leben hier wie dort gar nicht so unterscheidet – überall ist fast alles zu. Und mal ehrlich, wer nutzt die Möglichkeiten eines Ballungszentrums wirklich. Die das tun, sollen dort auch gern wohnen bleiben. Doch für viele könnte die stadtferne Wohnung eine gute und auch bezahlbare Alternative sein.

Damit Menschen den großen Städten den Rücken kehren, muss die Politik allerdings einiges tun. Ärzte müssen – auch mit viel Geld – dazu animiert werden, auf dem Land eine Praxis zu eröffnen. 50.000 Euro Gründungszuschuss und so etwas wie eine Buschzulage würde sicherlich die medizinische Versorgungslage verbessern. Wichtig ist auch der Ausbau des ÖPNV, so dass man auch ohne Auto nach Theater- oder Barbesuch von der Stadt bis aufs Dorf nächtens zurück fahren kann. Auch das Thema Auto ist ein Problem. Das braucht man abseits der Städte viel mehr als dort. Zuschüsse für das Auto wären ebenfalls ein Lockmittel für den Umzug.

Ja, und dann sind da noch die Arbeitgeber. Auch die fehlen zum Teil, doch auch die ließen sich locken. Doch wenn man mit denen von vielen Seiten so wie mit Tesla umgeht, dann muss man sich nicht wundern.

Ja, es ist viel zu tun und auch abseits der großen und teuren Städte ist leider längst nicht alles  Gold was glänzt. Doch die Städte noch weiter wachsen zu lassen und das übrige Land zu vernachlässigen – das kann einfach nicht der richtige Weg sein.

Stichwort vernachlässigen: Ich muss jetzt Frühstück machen, sonst fühlt sich die Beste Frau der Welt vernachlässigt.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Romana, Raffaela, Polyk

Foto: Pixabay

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