Morgengruß von Helmut Harff: Meine Oma

Ich vermisse Sie noch immer

Bei den allermeisten von uns war oder ist es so, dass wir unsere Oma lieben. Oma ist irgendwie immer die Beste. Sie hat keinen Erziehungsauftrag, auch wenn sie das manchmal vernünftigerweise vergisst. Oma ist zum Verwöhnen da. Wobei, meine Oma war auch ein tolles Vorbild für mich und hat mir viel beigebracht – so ganz nebenbei.

Ja, meine Oma, eine rheinische Frohnatur, wäre heute 100 Jahre alt geworden. Sie hat zwei Weltkriege überstanden, hat zwei Söhne geboren, war eine sehr praktische Frau. Meine Oma hat nach beiden Kriegen geschmuggelt – erst an der deutsch-dänischen Grenze, dann zwischen dem sowjetischen und amerikanischen Sektor in Berlin und wurde sogar verhaftet. Meine Oma saß auf dem Schoß der letzten deutschen Kaiserin im holländischen Exil und meine Oma war schon sehr früh eine selbstständige Frau, die dem Handwerk einer Spitzenplätterin nachging – als das, was wir heute als Selbstständige bezeichnen.

Ja, meine Oma war eine besondere Frau, aber welche Oma ist das nicht. Sie ging nicht, sie lief und ich immer irgendwie hinterher. Sie ging mit mir in die Kirche, sie brachte mir – wie sollte es auch anders sein – das Bügeln bei. Das Backen lernte ich auch von ihr. Nur ihren grünen Daumen habe ich leider nicht geerbt. Würde meine Oma noch leben, würde sie mir beim Einrichten meines Computers helfen und nicht umgedreht. Sie war es auch, die den Handwerkskasten zu Hause nutzte. Das war nicht das Ding meines Opas. Da habe ich wohl noch etwas übernommen.

Ja, über unsere Omas können wir viel erzählen. Meine war mutig und ein Familienmensch, die den ganzen Laden zusammenhielt. Sie machte von sich nicht viel Aufhebens, aber ihr Dutt saß immer perfekt. Es war toll, so eine Oma zu haben. Leider ist das schon lange her, dass sie aus dem Fenster Ausschau hielt, ob ich schon komme. Was würde ich heute machen? Ich bin mir sicher, ich würde meine Oma in jeder Situation besuchen. Das könnte keine Verordnung, keine Bußgeldandrohung verhindern. Meine Oma nicht zu besuchen, das brächte ich nicht über das Herz, so herzlos würde ich nicht sein.

Doch jetzt? Jetzt kann ich nur an meine Oma denken und daran denken, wie es aktuell vielen Omas geht, die nicht in den Arm genommen werden, die einsam sind und die doch eigentlich nur eines wollen – ihre Enkel verwöhnen, ihnen etwas zu hinterlassen, was in keinem Erbrecht geregelt ist. Omas darf man einfach nicht allein lassen.

Omas dürfen auch nicht allein frühstücken – genauso wenig wie die Beste Frau der Welt. Für Sie und mich mache ich nun ein leckeres Sonntagsfrühstück.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Werner, Wigbert

Foto: Pixabay

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