Morgengruß von Helmut Harff: Oh, mein Gott

Wo ist der …

Sicherlich stöhnen Sie genau wie ich immer mal „Oh, mein Gott“ wenn etwas nicht gut läuft. Ja, es wird wohl jemand geben da irgendwo. Wobei es für mich eigentlich kein Jemand, kein Wesen mit Haut und Haaren, sondern vielmehr eine Idee ist. Gott ist für mich eine Haltung und auch eine Halterung.

Und, Gott ist auch die Idee, ist die Lebenshaltung, ist die Leitplanke im Leben, der wir eine Institution geschaffen haben – die Kirche. Die Kirche ist ein menschliches Produkt, dessen Räumlichkeiten ich gern aufsuche, die die Bilder unserer Orte seit Jahrhunderten prägen. Ich meine die Kirchen als Bauwerke, als Hort von Kunst, von Kultur und vor allem als Ort von Gemeinschaft, von Gebeten, von mahnenden und erbauenden Worten, von Bitten und Danksagungen, von Taufen, Hochzeiten und Totenfeiern.

Doch wie ist die Realität? Höre ich etwas von der Institution Kirche, dann höre ich so gut wie nichts Positives. Es geht um Geld, um Posten, um Missbrauch, um Frauen im Priesteramt, um das Zölibat, um die Schließung von Kirchen. Es geht auch und immer mehr um Kirchenaustritte. Das heißt, es geht um die Probleme der Macher, derjenigen, der die Kirche ihr materielles Überleben sichert. Nur um eines geht es zumindest immer weniger – um uns Menschen. Um uns Menschen, die mit einem christlichen Weltbild aufgewachsen sind, die aufgewachsen sind, ohne zu wissen, dass sie in einer christlich geprägten Welt leben und die Menschen, die mit Gott so gar nichts anzufangen wissen.

Das sieht man gerade am Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt/Main. Da geben sich die Politiker – fast alle befinden sich im Wahlkampf – die Klinke in die Hand und nutzen das, ihre Bürgernähe zu demonstrieren. Doch wo sind die Bürger? Schön, wären die Zeiten normaler, wären viele Menschen in Frankfurt, doch wäre auch Gott da? Oder würde ich auch dann stöhnen „Oh, mein Gott“? Würde ich ganz sicher, denn da, wo es um unsere Nähe zu Gott geht – in den Kirchen – ist kaum noch jemand, wenn die Kirchen überhaupt mal für die Gläubigen öffnen. Ich weiß, das ist in katholischen Gegenden – noch? – anders, doch hier in Brandenburg blieben beispielsweise die Kirchen an Christi Himmelfahrt fast überall zu. Wenn dem so ist, warum gibt es dann noch diesen Feiertag?

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kirche – die evangelische wie die katholische – so gut wie alles falsch machen. Sie müssen sich wieder denen zuwenden, für die sie da sein sollen – für die Menschen. Sie müssen uns – ob gläubig oder nicht – wieder etwas zu sagen haben und nicht immer um sich selber kreisen. Mir hat nichts und niemand seit der Wende von Seiten der Amtskirche etwas zu sagen gehabt. Mich hat niemand angesprochen – außer mit einem monatlichen Blättchen, dass die Post brav bringt.

„Oh, mein Gott“, stöhne ich immer mal wieder und bin mir sicher, dass mein Ruf von niemandem in der Kirche gehört wird. Wozu soll ich dann in die Kirche gehen? Vielleicht, weil Gott nicht viel für sein irdisches Personal kann? Selbst wenn das so wäre, das irdische Personal hat den Kirchenschlüssel in der Hand. Ich befürchte, viele habe den längst verlegt. Ob die den nun gerade in Frankfurt wiederfinden? Bekanntlich stirbt die Hoffnung zum Schluss.

Oh, mein Gott, nun muss ich aber schnell Frühstück für die Beste Frau der Welt und mich machen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Sophie, Sonja, Hertraud

Foto: Pixabay

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