Morgengruß von Helmut Harff: Was macht denn der MDR

Soweit ist es schon

Gestern habe ich mich gleich mehrmals erschrocken. Vor allem habe ich mich über mich selber erschrocken, über meine Gedanken, über meine zumindest gedachte political correctness.

Doch der Reihe nach. Gestern Nachmittag gewitterte es und ich machte mal den Fernseher an. Da lief einer meiner Lieblingskinderfilme auf dem MDR – dem Mitteldeutschen Rundfunk. Es war das Märchen vom Kleinen Muck, ein DEFA-Film von Wolfgang Staudte, nach dem Märchen "Die Geschichte von dem kleinen Muck" von Wilhelm Hauff. Und ich erschrak: Was macht der MDR da? Darf man einen so politisch unkorrekten Film heute noch zeigen, gar Kindern zeigen? Kommt in dem Film nicht ein buckliges Kind, später eben ein buckliger kleiner Mann vor, den man nicht etwa als behinderten kleinen Menschen, sondern als buckligen Zwerg bezeichnet, verlacht und verspottet? Und sind da nicht die Schauspieler und Komparsen alle auf arabisch geschminkt? Klar, man hatte damals in der DDR keine Araber, keine Menschen aus Flüchtlingslagern und in den Süden der UDSSR konnte man wegen es Films auch nicht reisen.

Und dann erschrak ich ein zweites mal – über mich. Hat mich die political correctness schon so im Griff, dass ich auf solche Gedanken kam? Müsste ich, wenn ich so denke, nicht auch meine Kinderfotos verbrennen, auf der ich mit meiner Lieblingspuppe – einer Negerpuppe – zu sehen bin. Und wie ist das mit meinen Indianern? Ja, die „leben“ immer noch in einem Schuhkarton. Ist „Indianer“ nicht genau so ein verdammenswerter Begriff, wie Zigeuner? Da fällt mir ein: Gibt es eigentlich "die Juden" oder ist das auch eine unzulässige Verallgemeinerung? Und wie ist das mit „Europäer“? Darf ich noch die Operette „Gräfin Mariza“ hören? Schließlich heißt es in einer Arie „Komm, Zigan, komm, Zigan, spiel mir was vor“. Müsste es nicht heißen: „Komm, Roma, komm, Sinti, spiel mir was vor“?

Nein, ich werde nie so politisch korrekt werden, wie das einige Menschen meinen, mir vorschreiben zu müssen. Klar, ich werde nie jemand wegen seiner Herkunft, wegen seiner Hautfarbe, wegen seiner sexuellen Ausrichtung, wegen seiner Religion beleidigen. Mir ist nämlich schlicht egal, wo die Wiege eines Menschen stand, wie und wen er liebt, wen er anbetet und ob er das überhaupt macht und welche Hautfarbe er hat. Mich interessiert eigentlich nur, ob es ein Sch…kerl oder ein Mensch ist, mit dem ich wenigstens einigermaßen gut auskomme. Und es gibt solche Menschen überall.

Vielleicht noch eines an die, die mit so viel Vehemenz auch von mir political correctness fordern, mich mit einigem Erfolg versuchen zu indoktrinieren: Warum stoßen Sie sich nicht daran, dass wir als "Weiße" zusammen gefassten Menschen in hunderten Indianerfilmen als "Langmesser" bezeichnet werden? Warum machen Sie sich nicht dafür stark, dass wir in Deutschland Lebenden als Krautfresser, als Piefkes, als Lederhosenträger, als Saupreußen, als Fischköppe, als Schluchtenjodler bezeichnet werden? Ist es wirklich noch politisch korrekt, Wiener, Frankfurter, Berliner oder Amerikaner zu verspeisen?

Hoffentlich habe ich jetzt nicht die Büchse der politisch korrekten Pandorra noch ein wenig weiter geöffnet.

Es gibt heute zum Frühstück mit der Beste Frau der Welt und mir unkorrekt Schwarz- und Weißbrot. Ob man dazu nicht lieber colored bread sagen sollte?

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Johann Nepomuk, Adolf

Foto: Pixabay

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