Ich nenne keine Jahreszahl für den Verbrennerausstieg

... so Jason Castriota im Interview

Wie will Ford sein Modellprogramm elektrifizieren? Wir hatten Gelegenheit, uns darüber mit Jason Castriota zu unterhalten, und zwar beim Startschuss für eine transkontinentale Fahrt mit dem Mustang Mach-E in New York.

Der frühere Pininfarina- und Saab-Chefdesigner ist seit November 2017 Leiter der globalen Markenstrategie für Elektrofahrzeuge bei Ford. Im Interview gewährt er Einblick in die Überlegungen des Konzerns. Das Gespräch führte Jens Meiners, geschäftsführendes Mitglied der Autoren-Union Mobilität.

Auf welcher Historie fußt die Elektrostrategie bei Ford?
Jason Castriota:
Die Elektroautos, die es früher gab, waren Compliance-Autos mit geringer Reichweite, unattraktivem Design und ohne Wiederverkaufswert. Das waren eher Wissenschaftsprojekte als Autos, in denen man wirklich gesehen werden wollte. Heute sollen Elektroautos den Menschen Freiheit geben und sie vernetzen. Und deshalb haben wir auch einen Mustang daraus gemacht – unter dem Motto ,Silicon Valley trifft die Route 66‘.

Welche Fahrzeugarchitekturen werden Sie bei Ford in Zukunft nutzen?
Jason Castriota:
Wir fahren eine Fünf-Plattformen-Strategie, und diese Konsolidierung hat schon lange vor meinem Eintritt bei Ford begonnen, nämlich unter Alan Mulally. Wir sind von 25 Plattformen zunächst auf elf oder zwölf gegangen und werden jetzt auf fünf gehen. Wir werden drei dedizierte Elektro-Plattformen haben. Der Mustang Mach-E steht auf der ersten davon, dann wird es eine weitere für SUVs geben und wir werden eine Plattform für Trucks (Pick-ups, Anm. der Red.) haben.

Wie werden Sie die Einstiegsmobilität darstellen, etwa im Fiesta-Segment?
Jason Castriota:
Wir arbeiten sehr hart daran, Elektroautos günstiger zu machen. Und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir zu Lösungen kommen. Ford will E-Mobilität erreichbar machen.

Zusammen mit Volkswagen? Ist der MEB-Baukasten eine Lösung für günstige Autos?
Jason Castriota:
Ja, potentiell auch. In Nordamerika fokussieren wir uns allerdings auf unsere größeren, ikonischen Autos und auch China hat eigene Bedürfnisse. Das Ziel ist es, mit hoher Effizienz die richtigen Autos im richtigen Markt anzubieten.

Gibt es in der Welt der Elektroautos Raum für sportliche Derivate?
Jason Castriota:
Das schöne am Elektroauto ist die phänomenale Leistung, viel Drehmoment bei niedrigem Schwerpunkt. Die Hochleistungs-Modelle bewegen sich in Richtung Elektroauto.

Wie sieht es etwa mit Roadstern aus?
Jason Castriota:
Die elektrischen Plattformen eröffnen viele Möglichkeiten, aber das Packaging der Akkus bleibt eine Herausforderung, tiefe Autos sind schwieriger zu gestalten. Wir arbeiten für die Zukunft an cleveren Ideen, um auch flache Elektroautos zu bauen.

Sie pflegen auch eine Zusammenarbeit mit Rivian. Warum soll der Kunde einen Ford F-150 Lightning statt eines Rivian kaufen?
Jason Castriota:
Ich glaube, dass hier Fehlannahmen existieren. Rivian hat sich eine schöne Nische gebaut, eine Art Patagonia auf Rädern, doch der Rivian ist deutlich kleiner als ein F-150 und hat damit nicht die Fähigkeiten, die für Kunden eines F-150 wichtig sind. Aber es kann andere Synergien geben.

Wird Ford in 20 oder 30 Jahren eine vollelektrische Marke sein?
Jason Castriota:
Es ist das Ziel von Ford, dem Kunden immer das richtige Auto anzubieten. Für manche Kunden ist ein Elektroauto der richtige Weg nach vorn, es wird in der näheren Zukunft jedoch immer noch leistungsstarke, hocheffiziente Hybride mit Ottomotor geben. Aber wir glauben, dass langfristig Elektroautos im Portfolio aller Hersteller eine große Rolle spielen werden.

Das klingt weniger aggressiv als die Ausstiegsszenarien aus dem Verbrenner, die wir etwa von GM oder Jaguar hören.
Jason Castriota:
Auch wir werden dort ankommen. Von der Nennung einer genauen Jahreszahl möchte ich allerdings Abstand nehmen.

Welche Rolle spielt Wasserstoff in Ihrer Strategie?
Jason Castriota:
Wir untersuchen alles, konzentrieren uns im Moment aber stark auf das Elektroauto.

Wie werden die neuen Elektroautos aussehen?
Jason Castriota:
Das Besondere bei Ford ist, dass wir eine sehr breit aufgestellte Kundschaft mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Geschmäckern haben. Der Mustang ist beispielsweise flüssig und muskulös, F-150 und SUVs zeichnen sich hingehen durch eine industrielle Ästhetik aus. Und weil sich die Kunden so unterscheiden, streben wir auch keine einheitliche Formensprache an. Das gibt den Ford-Designern eine große Bandbreite an Möglichkeiten.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Jens Meiners

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