Von fremden Federn und langen Gesichtern

IAA 2021-Kommentar von Frank Wald, Auto-Medienportal.Net



Immer peinlich, wenn raus kommt, dass man das, was man vorgibt zu sein, in Wahrheit gar nicht ist – exemplarisch zu sehen in jüngster Zeit an einigen unserer vermeintlich promovierten oder profilierten Politikerinnen und Politikern.

Auch beim Besuch der diesjährigen IAA Mobility in München bleibt der Eindruck zurück, das man sich hier mit fremden Federn schmückt. Denn im Gegensatz zur Messe-Bezeichnung – und vor allem im Vergleich zu den vergangenen Ausrichtungen in Frankfurt – wird diese Internationale Automobil Ausstellung weder ihrer Bezeichnung noch ihrem Anspruch gerecht.

International ist sie schon mal nicht oder nur bedingt, weil die meisten ausländischen Autohersteller gar nicht da sind. Die Japaner fehlen komplett, ebenso wie die US-Amerikaner (den Randstreifen-Stand der Ford-Werke aus Köln in Halle B1 mal ausgenommen) und Volvo. Auch die vollständige Abwesenheit des neu geformten Stellantis-Konzerns reißt mit seinen Marken Peugeot, Opel, Fiat, Citroen, DS, Alfa Romeo, Jeep, Ferrari, Maserati große Lücken. Aus OEM-Sicht lässt sich also maximal von einer deutschen Messe mit je einem koreanischen, französischen und chinesischem Hersteller sprechen. Wobei auch aus dem VW-Konzern allein die Marke VW auf dem Messegelände präsent ist, Audi, Porsche und Cupra sind über das Stadtzentrum verteilt, Skoda, Seat, Bentley oder Lamborghini gar nicht vor Ort.

Entsprechend wenige Autos sind überhaupt zu sehen. Bei den verbliebenen Herstellen drängen sich teilweise nur drei, vier Modelle auf den Ständen rum. Und wenn, dann nur politisch korrekt in der einen oder anderen elektrifizierten Form. Die Serien- und Volumenmodelle aber, die tatsächlich demnächst auf die Straße kommen und für die Mehrheit potenzieller Kunden interessant sein dürfte, fehlen oder passen nicht in das Ausstellungskonzept der Messe-Macher.

Und was den Ausstellungsgedanken betrifft, so trägt das Konzept der kleinen Präsentationsflächen, flankiert mit einer Vielzahl von großen und kleinen Parzellen für Zulieferer, Spezialisten und Start-ups, die teilweise nur ein einzelnes Produkt, Anwendung oder App zu zeigen haben, auch nicht zur Freude bei. Was dabei für den einen oder anderen Journalisten vielleicht noch interessant sein mag, dürfte an den kommenden Publikumstagen für herbe Enttäuschungen sorgen. Man stelle sich nur mal die autoaffinen Besucher vergangener IAA vor, die aus der Uckermark, Lüneburger Heide, dem Ems- oder Sauerland den langen Weg in die Weißwurstmetropole auf sich nehmen, 20 Euro fürs Tagesticket bezahlen und dann nur eine politisch korrekte Auswahl an Autos zu sehen bekommen. Oder erfahren, dass sie in die staugeplagte Münchner Innenstadt müssen, um überhaupt einen Porsche, Audi oder Cupra zu sehen. Von den vielen Traumautos und spektakulären Studien, die man zwar niemals fahren, aber wenigstens mal aus nächster Nähe bestaunen möchte, gar nicht zu reden. Die Enttäuschung ist da vorprogrammiert.

Auch wenn nachzuvollziehen ist, das VDA und Messe den über die Jahrzehnte gewachsenen und klangvollen Markennamen IAA mit nach München genommen haben. Die ebenso über die Zeit entstandenen konkreten Erwartungen, die mit diesem Kürzel verbunden sind, werden in der derzeitigen Ausrichtung weder erfüllt noch befriedigt. Der fancy Zusatz „Mobility“ reicht da einfach nicht aus. Konsequenterweise hätte man für den neuen Ansatz auch einen neuen Namen kreieren müssen, der die Neuausrichtung klar macht: „Automotive-Summit“, „Mobility and More“ oder ähnliches. Dann wären die Besucherzahlen zwar vermutlich endgültig eingebrochen, aber man bräuchte auch keine langen Gesichter fürchten.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Frank Wald

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