Versicherung darf nach Unfall Datenspeicher auslesen

... urteilt das Landgericht Köln

Wer nach einem Unfall verhindert, dass ein Gutachter die vom Fahrzeug erhobenen Daten ausliest, kann seinen Versicherungsschutz verlieren. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Landgerichts Köln hervor.

Die Richter stellten fest, dass Versicherungsnehmer verpflichtet sind, im Rahmen der so genannten „Aufklärungsobliegenheit“ alles beizutragen, was zur Aufklärung eines Schadensfalles dient. Dazu gehört auch, einem Gutachter bzw. einer Versicherungsgesellschaft den Zugang zu den Fahrzeugdaten zu ermöglichen.

Moderne Autos sammeln zahlreiche Daten. Dies ist unter anderem erforderlich, damit die zunehmende Anzahl an Assistenzsystemen funktioniert. So finden sich in den internen Datenspeichern von Autos nicht nur Hinweise zur gefahrenen Geschwindigkeit, sondern beispielsweise auch zu Bremsvorgängen. Solche Informationen können helfen, Unfallabläufe zu rekonstruieren. Mussten Polizei und Gutachter bislang etwa bei Zusammenstößen anhand von Bremsspuren und Deformationen am Fahrzeug berechnen, welcher Unfallbeteiligte wie schnell unterwegs war, als es zu der Kollision kam, geben die in modernen Fahrzeugen gesammelten Informationen genügend Aufschluss. Das kann zum Vorteil eines Fahrers ausfallen, aber auch zu seinem Nachteil. In jedem Fall lassen sich mit den Fahrzeugdaten Unfälle inzwischen erheblich präziser rekonstruieren.

Da wundert es nicht, dass Versicherer an diesem „Datengold“ großes Interesse haben – kann es doch maßgeblich zur Klärung eines strittigen Sachverhalts beitragen. Und aus diesem Grund kann ein Versicherungsunternehmen auch Zugriff auf die entsprechenden Fahrzeugdaten verlangen. Dabei ergibt sich allerdings häufig die Schwierigkeit, dass die Fahrzeugbesitzer bislang gar nicht selbst über ihre eigenen Fahrzeugdaten verfügen können. Denn diese halten die Automobilhersteller unter Verschluss, um sie selbst geschäftlich nutzen zu können. Deshalb verweigern diese Unternehmen in der Regel die Herausgabe bestimmter geschützter Daten. Und den meisten Autobesitzern ist nicht einmal bewusst, dass sie diesem Verhalten beim Kauf des Fahrzeugs „im Kleingedruckten“ zugestimmt haben.

Wie das von der HUK-Coburg initierte Goslar Institut für verbrauchergerechtes Versichern über das aktuelle Urteil meldet, hatte der Eigner einer Oberklasse-Limousine gegenüber seiner Kfz-Versicherung angegeben, er sei mit seinem Wagen bei Schneetreiben von der Fahrbahn abgekommen und in die Leitplanken gefahren. Als Ursache gab der Fahrer an, ihm sei ein Gegenstand in den Fußraum gefallen. Beim Versuch, ihn wieder aufzuheben, habe er auf der glatten Straße dann die Kontrolle über sein Auto verloren. Den von einem Gutachter auf rund 15.000 Euro geschätzten Schaden wollte der Mann über seine Vollkaskoversicherung ersetzt bekommen.

Die Versicherungsexperten bekamen jedoch Zweifel, denn das verunglückte Fahrzeug war mit einer Reihe von Sicherheitssystmen ausgestattet, die den geschilderten Unfallhergang eher unwahrscheinlich klingen ließen. Deshlab bat die Versicherung den Kunden um Einwilligung, den Fahrzeugdatenspeicher seines Autos auszulesen. Das lehnte der Mann jedoch mit Hinweis auf seine Privatsphäre ab. Er wandte ein, dass beim Auslesen durch die Versicherung Datenschutzverletzungen möglich wären. Konkret befürchtete er, die Versicherung könnte aus den Daten Rückschlüsse auf sein Fahrverhalten ziehen. Ein solcher „erheblicher Eingriff“ in seine Privatsphäre könne ihm nicht zugemutet werden, argumentierte der Unfallfahrer. Im Übrigen habe er das Unfallauto inzwischen nach Polen verkauft, weil er dringend Geld benötigt habe, gab der Mann an. Kontakt zum Käufer habe er nicht mehr.

Die Schilderungen riefen nicht nur beim Versicherer, sondern auch bei den Richtern den Verdacht hervor, dass es sich hier um einen Fall arglistiger Täuschung handeln könnte. Das Gericht machte daher deutlich, dass ein Versicherungsnehmer zumutbare Untersuchungen zu den Umständen eines Schadens sowie zur Leistungspflicht zu ermöglichen hat. Die Auslesung des Datenspeichers sei in diesem Fall zumutbar gewesen, heißt es in der Urteilsbegründung. Insofern habe der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht verletzt und die Versicherung sei somit nicht leistungspflichtig.

Quelle: Goslar Institut

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