Morgengruß von Helmut Harff: Todesputz

… ein schwedisches Phänomen?



Vor kurzem musste ich mich an eine Szene aus der legendären Felsenstein-Inszenierung von „Fiedler auf dem Dach“ – auch bekannt als „Anatevka“ – an der Berliner Komischen Oper so vor 40, 50 Jahren erinnern.

In dem Musical werden Juden in Russland in einem Pogrom aus ihren Häusern vertrieben. Eine Jüdin reinigt ihr Haus und antwortet auf die Frage was sie da mache „Ich kann doch kein schmutziges Haus zurück lassen“. Ich musste daran denken, als ich in einem Radiobeitrag etwas über den Todesputz der Schweden hörte. Viele Schweden haben wohl die Idee, kein unaufgeräumtes Haus ihren Erben – sprich nach ihrem Tod – zurück lassen zu wollen. Sie räumen es zum Teil weit vor ihrem Tod auf.

Dabei drehen die Schweden – so war zu hören – alles auf links. Alles, von dem sie meinen, dass weder sie noch die Erben es haben wollen, wandert auf den Müll. Nun ist es ja nicht verwerflich, immer mal zu sehen, was sich da so alles angesammelt hat. Das machte ich immer, wenn ich wieder mal meine Wohnung wechselte. Auch sonst lohnt so eine Aufräumaktion alle paar Jahre.

Doch warum schon zu Lebzeiten alles wegwerfen, was die Erben vermeindlich irgendwann nicht wollen? Warum mich von Dingen trennen, die mir etwas bedeuten, die mir wichtig sind? Wegen der Erben? Pardon, aber das geht mir entschieden zu weit.

Und dann ist da noch die Frage, was meine Erben einst interessieren wird. Woher weiß ich, was das ist. Ich kann vielleicht ahnen, ich kann sogar fragen, was sie erben wollen. Doch da erfahre ich maximal, was sie heute erben wollen und was nicht. Doch kann mein Großneffe – ein bekennender Kindergartenfan – mir heute sagen, was er in zehn, in 15 Jahren erben will? Wandert da nicht viel auf den Müll, was da zumindest noch nichts gesucht hat?

Und noch eines treibt mich um: Wird da nicht vieles weggeworfen, was eigentlich einen ziemlichen Wert darstellt, Tag für Tag wertvoller wird? Da ist das Spielzeug aus Kindertagen, da ist das Bild, mal irgendwie in den Besitz gekommen, da ist das Porzellanpüppchen von Oma oder der uralte Comic. Alle, die wie ich Fans von „Bares für Rares“ sind, wissen, dass da vieles verkauft wird, was bei Aktionen wie dem Todesputz auf dem Müll landet.

Wer so eine Aufräumaktion startet, sollte dabei sehr vorsichtig vorgehen. Und mal ehrlich, wieso soll ich dabei an die Erben denken. Die sollen doch ihren Spaß mit all dem Zeug haben, mit dem ich so gern gelebt habe.

Eines ist einfach nicht zu vererben – mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Blanka, Natalie, Eligius

Foto: Pixabay

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