Morgengruß von Helmut Harff: Behindert?

Wer ist das nicht



Vielleicht erinnern Sie sich auch an eine Filmszene, in der nach meiner Erinnerung Til Schweiger im Rollstuhl sitzend gefragt wird, welche Behinderung er hat und Jürgen Vogel antwortet: Standard, ganz normal. Diese Szene fällt mir heute ein, am „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen“.


Ja, wenn wir an Behinderung denken, dann denken wir wohl zu erst an Menschen im Rollstuhl. Deren Lobby hat viel für die eigentlich kleine Gruppe von Rollstuhlfahrern erreicht. Das ist auch gut so. Doch es gibt viel, viel mehr Menschen, die eine Behinderung oder neudeutsch ein Handicap haben. Aufmerksam werden wir schnell, wenn jemand nicht sehen kann oder wenn ein zumeist betagter Mensch mit einem Rollator unterwegs ist. Auch wenn sich Menschen in Gebärdensprache verständigen, kommen die bei uns in die Schublade „behindert“.

Das sind im Verhältnis zu Gesamtbevölkerung relativ wenige Menschen. Doch ich behaupte, dass die meisten Menschen zumindest eine Behinderung ihr Eigen nennen. Wenn ich mir mein Umfeld ansehe, dann haben die meisten Erwachsenen zumindest eine Behinderung. Das sind bestimmt 80 Prozent. Da kann man sagen, dass der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen“ der Tag ist, der alle Menschen betrifft. Ja, wir sind fast alle nicht perfekt und haben massive Einschränkungen. Das kann man schon daran erkennen, dass man teure Werbung macht, in der es um Gerätschaften zur Abmilderung von Behinderungen geht.

Ja, ich rede von Brillen und Hörgeräten. Hätten wir die nicht, würden wahrscheinlich Autos kein Problem darstellen, weil einfach nur ein Bruchteil ohne Brille Auto fahren könnte. Fernsehen ohne Brille, Radio hören ohne Hörgerät? Das wäre zumindest mehr als mühselig.

Doch es gibt noch viel, viel mehr Menschen mit Behinderung, mit Behinderungen, die man ihnen gar nicht ansieht, vielfach gar nicht anmerkt. Niemand, der mich nicht sehr nah kennt, der mich irgendwo sieht, kommt auf die Idee, dass ich einen Behindertenausweis in der Brieftasche habe, der mir immer wieder sagt, dass ich zu 80 Prozent behindert bin. Da spielt meine Sehschwäche noch gar keine Rolle, weil die ja mit eine Brille zu korrigieren ist – zumindest teilweise.

Wer also am heutigen „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen“ meint, das geht ihn nichts an, wer mit einem schrägen Blick auf „die Behinderten“ herab sieht, wer die meisten von uns abschätzig behandelt, sollte zuerst einmal an sich selber herabsehen. Die Wahrscheinlichkeit, sich eingestehen zu müssen, dass auch er behindert ist, liegt wie schon gesagt bei 80 Prozent. So gesehen sind wohl eher die nicht „normal“, die keine Behinderung aufweisen. Schließlich ist nur der „normal“, der zur Mehrheit gehört und die ist nun mal behindert. Denken wir nicht nur am „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen“ daran.

Ich denke jetzt erst einmal daran, Frühstück für die Beste Frau der Welt und mich zu machen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Franz Xaver, Jason

Foto: Pixabay

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