Zum Stärke Antrinken nach Bayreuth

In Frankens Kulturhauptstadt gibt es zum Jahresbeginn einen ganz besonderen Brauch zu erleben



(w&p) Gelebte Tradition in Franken: In der oberfränkischen Wagnerstadt Bayreuth wird das neue Jahr traditionell mit einem über Jahrhunderte bewahrten Brauch eingeläutet.

Beim sogenannten Stärke Antrinken am Dreikönigstag am 6. Januar ist es Gebot, insgesamt zwölf Seidla, also zwölfmal einen halben Liter, Bockbier zu trinken, um für jeden Monat des Jahres gegen sämtliche Widrigkeiten geschützt zu sein. Dieses Ritual lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen und erfreut sich noch heute bei Einheimischen und Gästen großer Beliebtheit.

Der Brauch des Stärke Antrinkens ist vermutlich vor rund 200 Jahren entstanden, der genaue Ursprung der Tradition lässt sich heutzutage allerdings nicht mehr vollumfänglich rekonstruieren. Eine weit verbreitete Theorie besagt, dass das Ritual in engem Zusammenhang mit dem vorchristlichen Brauchtum der Rauhnächte zwischen den Jahren steht. Bei den Germanen und Kelten galten diese Nächte als heilige Zeit, die für die Familie, zum Feiern und zum Orakeln genutzt wurde. Nach alten Überlieferungen trieben während der Rauhnächte außerdem Geister und Dämonen ihr Unwesen. Lärm und Ausräucherung sollten dem Schutz vor diesen Gestalten und vor den Gefahren des kommenden Jahres dienen.

In der Regel wird das Stärke Antrinken heutzutage in Wirtschaften und Gasthöfen gefeiert – zumeist pünktlich am 06. Januar, mancherorts bereits am Abend davor. Einige Brauereien brauen für diesen Anlass sogar ein spezielles Bockbier, das in Oberfranken, im Gegensatz zu anderen Regionen, traditionell im Winter getrunken wird. Um bestmöglich in das neue Jahr zu starten, sollten im Zuge des Stärke Antrinkens zwölf Seidla, also für jeden Monat eines, getrunken werden. Da das allerdings selbst für sehr trinkfeste Menschen eine echte Herausforderung darstellen kann, darf es auch das eine oder andere weniger sein.

Frank Nicklas, Leiter Tourismusmarketing bei der Bayreuth Marketing & Tourismus GmbH, führt aus: „Der Brauch des Stärke Antrinkens zeigt auf eindrucksvolle Art und Weise, wie bei uns in Bayreuth und in der gesamten Region altehrwürdige Traditionen leidenschaftlich gelebt und zelebriert werden und zeugt gleichermaßen von einer tiefen Verbundenheit mit der eigenen Identität. Wir freuen uns, dass das liebgewonnene Ritual nach wie vor von Einheimischen und Gästen so gut angenommen wird und sind natürlich stolz auf unser einzigartiges Bayreuther Bier, dass den Brauch erst zu dem macht, was er ist.“

Dass sich ein solcher Brauch in Bayreuth entwickeln und durchsetzen konnte, kommt in der Tat nicht von ungefähr: Fränkisches Bier ist weit über die Grenzen Bayerns und Deutschland hinaus beliebt und geschätzt – eine einzigartig hohe Dichte an Brauereien und unzählige Bierspezialitäten sprechen eine eindeutige Sprache und nicht umsonst schmückt sich der Landstrich mit der Bezeichnung „Land der 1.000 Biere“.

In Franken werden die flüssigen Köstlichkeiten nicht nur nach dem deutschen Reinheitsgebot, sondern auch nach traditioneller Braukunst, mit modernster Technik, feinsten Rohstoffen und jeder Menge Leidenschaft gebraut; historische Biersorten ebenso wie regionale Spezialitäten. Jede Sorte hat dabei ihr eigenes Aroma und jeder Sud schmeckt anders. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass jede Brauerei nach individuellen Rezepturen braut, die oft von einer Generation zur nächsten als Familiengeheimnis weitergegeben werden. Schon der bedeutende deutsche Schriftsteller Jean Paul wusste um die Qualität der fränkischen Biere, am meisten liebte er das Johanisser aus Bayreuth. Das literarische Ausnahmetalent pflegte zu sagen: „Aber bin ich erst in Bayreuth, Himmel wie werd ich trinken.“


In der Wagnerstadt bieten sich angehenden Biersommeliers und Fans des kühlen Gerstensafts auch außerhalb des Stärke Antrinkens jede Menge lohnende Gelegenheiten, die örtlichen Biere ausgiebig zu verköstigen und allerlei Wissenswertes über die Hintergründe des lokalen Brauwesens zu erfahren. Die Bayreuther Bierbrauerei AG, die vor allem für ihr Bayreuther Helles in der ganzen Bundesrepublik bekannt ist, veranstaltet regelmäßig geführte Genusstouren unter dem Motto „Bayreuther Bierkultur erleben“. In der Bier-Erlebnis-Welt der Traditionsbrauerei Maisel tauchen Besucher im Zuge von Bierseminaren und -tastings tief in die Welt der Bayreuther Biere ein und schauen sogar live beim Brauen zu.

In der Confiserie Schlemmer schließlich vereinen sich Zartbitterschokolade und Starkbier auf unnachahmliche Weise zu einer leckeren Bockbier-Praline. Wie die genau hergestellt wird, erfahren Interessierte im Zuge eines entsprechenden Workshops. Es lässt sich festhalten, dass die Tradition des Stärke Antrinkens auch heute noch gelebt und zelebriert wird, allseits beliebt ist und keineswegs an Bedeutung für die Region verloren hat.

Foto: Brauerei Gebr. Maisel

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