Stürmische Gerichtsurteile

ARAG Experten mit einer Urteils-Übersicht zum Thema Sturm



Kollision mit einem umgestürzten Baum

Ob zu Fuß, mit dem Rad, im Auto oder in den vermeintlich sicheren vier Wänden – umgestürzte Bäume können gefährlich werden. Doch wer haftet, wenn es dabei zu Schäden kommt? Hängt davon ab – sagen die ARAG Experten. In einem konkreten, noch nicht rechtskräftigen Fall war ein Autofahrer nachts gegen einen umgestürzten Baum gefahren, der hinter einer Kurve die Straße blockierte.

Den Schaden von rund 4.600 Euro wollte der Fahrzeughalter vom Eigentümer des Baumes, dem Land Nordrhein-Westfalen, ersetzt bekommen. Nach seiner Auffassung sei das Land dazu verpflichtet, seinen Baumbestand regelmäßig zu kontrollieren. So weit, so gut und richtig. Doch das Land lehnte es ab, für den Schaden am Fahrzeug aufzukommen, da es regelmäßige Kontrollen gegeben habe.

Das Problem: Die Baumwurzeln waren verfault, weshalb der Baum den Sturm nicht überlebt hatte. Dies sei trotz sorgfältiger Kontrollen nicht aufgefallen. Das Gericht konnte den Sachverhalt zwar nicht mehr prüfen, weil der Baum bereits entfernt und beseitigt worden war, doch es wies die Klage ab. Da es keine Anzeichen für die Erkrankung gab, wollten die Richter keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erkennen (Landgericht Köln, Az.: 5 O 77/20).

Wenn es Dachziegel regnet

Ein Grundstücks- oder Immobilieneigentümer muss mit erheblichem Sturm rechnen und für entsprechende Festigkeit der Gebäudeteile sorgen. In einem konkreten Fall tobte der Sturm mit Windstärke zehn durch die Stadt. Das Dach einer Kirche hielt nicht stand und einige Dachziegel fielen herab und beschädigten ein vor der Kirche geparktes Auto. Die Kaskoversicherung zahlte zwar den Schaden von knapp 7.000 Euro, verlangte aber Erstattung von der Kirche. Die weigerte sich zunächst. Doch laut ARAG Experten waren die Richter auch in zweiter Instanz der Ansicht, dass ein Dach, das Stürme bis Windstärke 13 nicht standhält, offenbar fehlerhaft errichtet oder mangelhaft kontrolliert sein muss (Oberlandesgericht Stuttgart, Az.: 4 U 97/16).

Verspäteter Gebäudeschaden nach dem Sturm

Auch wenn Bäume erst Tage später nach dem Sturm umknicken und dabei Schäden verursachen, muss die Gebäudeversicherung nach Auskunft der ARAG Experten zahlen. Vorausgesetzt natürlich, das Umknicken ist ursächlich auf den Sturm zurückzuführen. In einem konkreten Fall war eine Buche erst sechs Tage nach einem Orkan mit über acht Windstärken auf das Haus des Klägers gefallen. Die Haftpflichtversicherung des Nachbarn zahlte einen Betrag in Höhe von gut 18.000 Euro zwar sofort. Doch als der Kläger seine Gebäudeversicherung mit der Bitte informierte, die weiteren Schäden an anderen Gebäudeteilen zu übernehmen, weigerte sich der Versicherer zunächst mit der Begründung, es liege kein versichertes Ereignis vor. Doch ein Sachverständiger stellte fest, dass eindeutig der Sturm die Ursache für das Umstürzen des Baumes war. Also musste die Gebäudeversicherung auch den Schaden am Wintergarten und Sachverständigenkosten erstatten (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 6 U 191/15).

Gefährliches Parken unter Bäumen

Ein immer wiederkehrender Streitpunkt sind umstürzende Bäume oder abknickende Äste, die parkende Autos beschädigen. ARAG Experten weisen in diesem Zusammenhang auf einen Fall hin, bei dem ein Pkw durch einen herabgefallenen Platanen-Ast beschädigt wurde. Die Ausbesserung der im Fahrzeugdach entstandenen Dellen kostete rund 1.500 Euro. Der Autofahrer verklagte die Gemeinde auf Schadensersatz, weil diese seiner Ansicht nach ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch den Schaden verschuldet habe. Sie wäre dazu verpflichtet gewesen, den 15 Meter hohen Baum nicht nur – wie geschehen – vom Boden aus, sondern mit Hilfe eines Hubwagens eingehend auf trockene Äste zu untersuchen. Das zuständige Gericht teilte diese Meinung jedoch nicht (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M., Az.: 1 U 30/07). Anders sieht es allerdings aus, wenn bei einem sehr hohen Baum totes Holz wegen einer dichten Krone vom Boden aus nicht erkennbar ist. Dann reicht eine Sichtkontrolle von unten nicht aus, um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen (OLG Brandenburg, Az.: 2 U 58/99).

Ein anderer Autofahrer hatte nicht so viel Glück mit dem Ersatz seines Schadens. Sein parkendes Fahrzeug war durch einen großen, herabfallenden Ast beschädigt worden. Allerdings war der Ast durch einen Sturm tags zuvor abgerissen worden, hatte sich aber im weiteren Geäst des Baumes verfangen und landete erst mit Verspätung auf dem Autodach. Der Fahrzeughalter meldete den Schaden seiner Versicherung als Sturmschaden. Doch diese verweigerte die Schadensregulierung, da Sturm und Schadensereignis nicht in direktem Zusammenhang standen. Auch die Richter waren der Ansicht. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Sturm einzige oder letzte Ursache für den Schaden am Fahrzeug gewesen wäre. Aber eine unmittelbare Einwirkung lag hier nicht vor und wäre nach Auskunft der ARAG Experten nur von einer Vollkaskoversicherung gedeckt gewesen (Amtsgericht Bremen, Az.: 7 C 323/14).

Markise rein, wenn’s stürmt!

Bei Sturm muss jedem klar sein, dass es zu Windstößen kommen kann, die erheblichen Schaden anrichten können. Lässt man die nötige Vorsicht vermissen, verliert man unter Umständen wegen grober Fahrlässigkeit den Versicherungsschutz. In einem beispielhaften Fall wurde eine Markise bei Windstärke 8 stark beschädigt. Der Hausherr ließ die Schäden zu einem Preis von 1.785 Euro reparieren; diese Kosten sollte seine Wohngebäudeversicherung ihm erstatten. Doch diese weigerte sich unter Hinweis darauf, dass der Mann grob fahrlässig gehandelt habe, da er die fragliche Markise bei den ersten Anzeichen des aufziehenden Sturms nicht zur Gänze eingefahren hatte. Die zuständige Richterin gab der Versicherung Recht: Es müsse jedermann klar sein, gerade auch einem 89-jährigen Mann mit langer Lebenserfahrung, dass es bei einem heftigen Sturm zu Windstößen kommen könne, die auch eine moderne Markise zerstören können. Da der Kläger dies ignoriert hatte, bestand nach Auskunft der ARAG Experten kein Versicherungsschutz mehr (Amtsgericht München, Az.: 112 C 31663/08).

Wenn das Toilettenhäuschen unglücklich landet

Fällt ein Toilettenhäuschen durch starken Sturm um und beschädigt dabei ein Fahrzeug, haftet der Besitzer des mobilen Klos. Er muss schließlich dafür sorgen, dass das Häuschen sicher steht oder aber woanders abgestellt wird. Doch wer in der Nähe eines solchen Leichtbaus parkt, während es heftig stürmt, muss nach Auskunft der ARAG Experten mit einer Mithaftung rechnen. In einem konkreten Fall teilten sich eine Fahrzeughalterin und die Eigentümerin des Toilettenhäuschens den Schaden (Amtsgericht Ratingen, Az.: 8 C 1768/90).

Sturmschäden von der Steuer absetzen

Wer Sturmschäden in Haus oder Garten beseitigen muss, kann Kosten von der Steuer absetzen. Erstattet wird zum einen, was in den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen fällt. Das sind alle Dienstleistungen, die man auch selbst im Haushalt erledigen könnte. Im Fall von Sturmschäden kann das z. B. ein Gärtner sein, der einen umgefallenen Baum zersägt und abtransportiert, oder eine Reinigungskraft, die die Wohnung von innen säubert. 20 Prozent der anfallenden Kosten können laut ARAG Experten steuerlich geltend gemacht werden. Die Steuerersparnis ist auf 4.000 Euro im Jahr begrenzt. Sind auch Reparaturen nötig – weil etwa das Dach ausgebessert werden muss – können die Kosten für den Handwerker ebenfalls von der Steuer abgesetzt werden. Das Finanzamt berücksichtigt allerdings nur den Arbeitslohn, nicht die Materialkosten. Daher sollte man sich eine Rechnung ausstellen lassen, die den Arbeitslohn separat ausweist. Absetzbar sind auch hier 20 Prozent der Kosten, allerdings maximal nur 1.200 Euro. Wenn durch einen Sturm größere Schäden entstanden sind, die die zumutbare Eigenbelastung überschreiten, können die Kosten unter Umständen auch als sogenannte außergewöhnliche Belastung beim Finanzamt angegeben werden.

Foto: Pixabay

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