
Ja,  ich bin mit einem der mächtigsten und bekanntesten Männern der Ukraine  per du. Ich rede vom Champion im Ruhestand und Kiewer Bürgermeister  Vitali Klitschko. Ich lernte den ehemalige Boxweltmeister auf einer  Pressereise vor sieben Jahren kennen. Meine Reise galt vor allem Kiew.
Die  ukrainische Hauptstadt ist nicht wirklich die schönste Stadt der Welt,  obwohl sie das wohl vor seiner Zerstörung im 2. Weltkrieg war. Man hat  einiges vor allem seit seiner Selbstständigkeit wieder aufgebaut,  darunter zahlreiche Kirchen und Kathedralen. Die prägen genau wie Bauten  aus der Stalinzeit und einige alte Viertel das Bild der Innenstadt.  Über die Wohnsilos schweige ich lieber. Aber, Kiew ist grün, was Vitali  damals nicht müde wurde zu betonen. Überhaupt lobte der Bürgermeister  seine Stadt, die er sichtlich liebt. Das ist allerdings auch sein Job.
Ja,  die Kirchen und Kathedralen. Welche der Gotteshäuser man auch besuchte,  man sah sehr viele junge Menschen, die Ikonen und einbalsamierte  Heilige in Katakomben küssen. Viele Menschen, so mein Eindruck, sind  tief gläubig. Mich würde gerade jetzt interessieren, was die  ukrainisch-orthodoxe Kirche zum Überfall durch Russland sagt.
Doch  das ist eben auch nur eine Seite von Kiew. Da gibt es auch andere. So  untersagte man uns bei einem Hotelbesuch, das Vitali gehörte, aus dem  Fenster zu sehen oder gar zu fotografieren, weil unten gerade der  damalige Präsident Poroschenko unterwegs war.
Wir Pressevertreter  aus Deutschland waren auch mehr als erstaunt, als wir auf einer  Ausfallstraße raus aus Kiew lang, sehr lange an hohen Mauern vorbei  fuhren. Uns wurde gesagt, dass dahinter die Oligarchen, die reichen  Ukrainer leben. Stand mal ein Tor offen, so sah man schwer bewaffnete  Wachleute, einmal sogar eine MG-Stellung. Da hatten wohl welche Angst,  Angst vor wem? Angst vor dem eigenen Volk?
So viel Reichtum  müssen andere erarbeiten, die dann sehen müssen, wie sie über die Runden  kommen. Wie? Zwei Beispiele: Uns wurde unter vorgehaltener Hand gesagt,  dass man, wenn das Zimmermädchen nicht nur das Bett machen sondern auch  verwühlen soll, man einfach eine neue Jeans auf dem Bett liegen lässt.  Ein Kollege soll das mit Erfolg probiert haben. Ich wurde von einer  jungen und sehr verführerischen Frau – vielleicht schon halb so alt wie  ich - in einer Bar angesprochen, ob ich sie nicht mit nach Deutschland  nehmen kann. Sie sei eine gute Frau und Liebhaberin. Ich hoffe, es geht  ihr gut.
An all das, auch daran, dass wir keine besoffenen  Menschen in der Nacht und keine Bettler am Tag gesehen haben, muss ich  gerade denken. Ich hatte immer wieder vor, Kiew und die Ukraine noch  einmal zu besuchen. Das hätte ich wohl schon tun sollen. Wann das wieder  möglich sein wird? 
Auch heute wird wohl der Krieg im Osten und  das Schicksal der Menschen dort das Thema meines Frühstücks mit der  Besten Frau der Welt sein. Ob wieder NATO-Hubschrauber über unsere Köpfe  fliegen werden? Die machen hier an der polnischen Grenze vielen Angst,  uns auch. 
Ich wünsche Ihnen dennoch ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Walburga, Edeltraud
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Hallo Vitali
Mein ganz persönlicher Blick nach Kiew
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