Morgengruß von Helmut Harff: Das Leben geht weiter

Ich hasse dumme Sprüche

Ich bin mir ganz sicher, dass ich ein Buch damit füllen könnte, meine dummen Sprüche darin aufzulisten. Ich hoffe, es wird nur ein dünnes Bändchen, aber niemand ist eben davor gefeit, den einen oder anderen Spruch abzusondern.

Doch warum tut man, warum tue ich das? Warum sage ich einer geflüchteten Frau aus der Ukraine, die um ihre Lieben, um ihre Habe, um ihr Land bangt: "Das wird schon."? Wieso hörte ich nach meiner Krebs-OP: "Was Dich nicht umbringt, macht Dich stark."? Wieso sagt man nach dem Ableben eines lieben Menschen: "Das Leben geht weiter."?

Sind alle, bin ich, der so einen Spruch von sich gibt oberflächliche Typen, sind wir frei von Empathie? Haben wir vergessen, vor dem Reden das Hirn einzuschalten? Ups, das ist ja auch so ein völlig unsinniger Spruch, denn Reden ohne dass das Gehirn funktioniert, ist wohl nicht möglich. Fragen Sie mal den, dem das nicht gelingt und dem Sie mal gesagt haben: "Das wird schon wieder".

Nein, wir haben Mitleid, nein, wir wollen mit unseren Worten Mut machen. Doch wir stehen viel zu oft einfach hilflos, einfach dumm da. Dabei fühlen wir uns sicherlich häufig ähnlich schlecht wie die Menschen, denen unsere Sprüche gelten und die die nun wirklich nicht gern hören. Drauf verzichten können sicherlich die meisten, denen wir mit verschleiertem Blick sagen: "Das Leben geht weiter".

Doch was tun? Manchmal bleibt erst einmal nichts, als eben hilflos zu stammeln – wie das so gern auch Politiker machen. Doch dann sollte eines folgen, was wir im übrigen bei jeder Krise, bei jedem Unfall, bei jedem Brand beobachten. Wir sollten fragen. Wir sollten vor allem fragen, wie wir helfen können. Und, wir sollten nicht einfach so drauflos agieren, das ist nämlich nicht besser, als die dummen Sprüche. Nicht jeder gebrechliche Mensch am Straßenrand will von uns über die Straße gebracht werden, der wartet vielleicht einfach nur auf das Taxi.

Sprüche helfen nicht, Anteilnahme schon. Wer dann nicht einfach gut sein will, sondern so hilft, wie es der andere will, der macht vieles richtig. Ein Beispiel? Wir schon mal geschrieben, bekam ich die Nachricht, dass bei uns eine Ukrainerin mit zwei Kindern Zuflucht gefunden hat. Mein erster Gedanke war, dass die Kinder sicherlich Spielzeug brauchten. Ich wollte mich schon auf die Suche machen, da fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, ob das Jungen oder Mädchen sind und wie alt die beiden sind. Ich fragte nach und erfuhr, dass die beiden Kinder schon eine sehr junge und eine junge Frau sind. Die brauchten kein Spielzeug, aber Hygieneartikel. Jetzt loslaufen und Monatsbinden kaufen? Keine gute Idee, ein Gutschein für einen Drogeriemarkt in der Nähe dann schon eher.

Es gilt also doch: Erst Hirn einschalten, dann handeln.

Handeln? Genau ich handele jetzt und mache das Frühstück für die Beste Frau der Welt und mich.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben:  Claudia, Wolfram

Foto: Pixabay

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