Morgengruß von Helmut Harff: Beruf Journalist

Damit kann man nicht mehr punkten



Als ich direkt nach der Wende – also vor mehr als 32 Jahren – meine Laufbahn als Journalist begann, hatte ich von Tuten und Blasen keine Ahnung. Ich wusste nur, dass ich einigermaßen schreiben konnte. Zumindest waren meine Aufsätze in der Schule immer gut benotet worden.

Damals – wir gaben bereits im November 1989 ein Mitteilungsblatt des „Neuen Forum“ heraus – waren wir die Stars. Wir wagten uns noch gar nicht Journalisten zu nennen. Dazu war unsere Ehrfurcht vor den Kollegen und den wenigen Kolleginnen viel zu hoch. Damals gehörten Journalisten noch zu den angesehensten Berufen. Man war als Journalist wer, die Türen öffneten sich, man fühlte sich geehrt, wenn da ein Pressemensch in der Tür stand – außer bei den Politikern. Man wurde gepampert – gab es damals den Begriff schon? – bekam überall Rabatte, galt als wer.

Und 32 Jahre später? Das mit den Politikern hat sich nicht geändert. Das mit dem pampern schon. Letzeres ist auch gut so. Es gibt auch immer mehr, die sich Journalisten nennen, denn das kann jeder. Heute sind die ohne Presseausweis – den bekommt noch immer nicht jeder – eben Blogger.

Eines hat sich allerdings wirklich gravierend geändert – die Anerkennung des Berufsstandes. Das ist nach meinem Erleben im gesamten deutschen Sprachbereich so. Egal ob ich in Deutschland, in Österreich oder in der Schweiz auf die Frage was ich mache, antworte ich bin Journalist, rümpft man die Nase, reagiert eher ablehnend. Es kommt auch vor, dass die Leute sich abwenden. Das führt dazu, dass ich immer weniger „zugebe“ Journalist zu sein. Und wenn ich das sage, dann kommt eher: Ich bin Lifestyle-Journalist.

Das komische ist, dass ich das zum Teil verstehe. Auch ich bin mit vielem in unserem Berufsstand nicht zufrieden. Kritischen Journalismus kennen wir kaum noch, die Medienvielfalt hat massiv gelitten, in vielen Zeitungen, vor allem den lokalen liest man nahezu das Gleiche. Vieles ist oberflächlicher geworden, kaum jemand ist da, der nicht dem Mainstream folgt. Immer wieder wundere ich mich, warum nicht kritischer nachgefragt, warum nicht tiefgreifender recherchiert wird. Wenn mir das so geht, warum soll der Beruf des Journalisten bei anderen Menschen noch einen guten Ruf haben? Es liegt an uns, an den Pressemachern, den Ruf wieder aufzupolieren. Ob uns das gelingt?

Mir gelingt es jetzt sicherlich, das Frühstück mit der Besten Frau der Welt zu genießen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Gotthard, Sigrid, Jutta

Foto: Pixabay 

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