Morgengruß von Helmut Harff: Offener Brief?

Wer schreibt da wem?



Sie haben ja ganz sicher auch von den gerade kursierenden „Offenen Briefen“ gehört. Überall wird darüber geschrieben und geredet. Doch was sind eigentlich „Offene Briefe“? Wenn das jemand hört, der unsere Sprache nicht so ganz mächtig ist, so wird der denken, dass ein „Offenen Brief“ eben einer ist, der nicht verschlossen ist. Das ist wie eine offene Flasche oder ähnliches.

Doch warum schreibt jemand einen „Offenen Brief“, also einen unverschlossenen Brief, wer schreibt den überhaupt und an wen? Bei Google las ich dazu: „Ein offener Brief ist die öffentliche Aufforderung an eine oder mehrere Personen bzw. eine Personengruppe, etwas Bestimmtes zu tun, zu unterlassen oder Stellung zu nehmen.“ Und Wikipedia meint dazu:  „Ein offener Brief (auch: Offener Brief, früher auch Sendschreiben oder Sendbrief, lateinisch missum) ist ein Schreiben, das als vervielfältigte Handschrift, Flugschrift, in Presse, Radio, Internet oder anderen Medien einer erweiterten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Entscheidend ist dabei, dass sein intendierter Sinn erst durch die Mehrfachadressierung – Öffentlichkeit plus Empfänger – verständlich wird.“

Waren dann die Zehn Gebote, die Gott Moses in die Hand drückte so etwas wie der erste „Offene Brief“? Waren denn Luthers an eine Kirchentür genagelte Thesen auch ein „Offener Brief“? Egal, wenn ich das richtig verstehe, dann ist ein „Offener Brief“ ein Schriftstück, dass nicht an eine bestimmte Person gerichtet ist, sondern das öffentlich gemacht wird. Ein Brief, der nicht veröffentlicht wird, ist eben auch kein „Offener Brief“. So gesehen ist jeder veröffentlichter Leserbrief in einer Zeitung ein „Offener Brief“. Gilt das dann auch für diesen, wie jeden Kommentar? Möglich, zumindest, wenn der Kommentator „an eine oder mehrere Personen bzw. eine Personengruppe auffordert, etwas Bestimmtes zu tun, zu unterlassen oder Stellung zu nehmen“.

Das heißt auch, der Absender eines „Offenen Briefes“ muss seine Adressaten sehr genau auswählen. Schließlich muss für letzteren es zumindest interessant sein, so ein Sendschreiben zu veröffentlichen. Da macht es sich augenscheinlich immer gut, wenn so ein Brief von allgemein als prominent geltende Personen unterzeichnet und damit unterstützt wird. Es ist also gar nicht so einfach, dafür zu sorgen, dass aus einem Brief ein „Offener Brief“ wird. Ob der dann wirklich etwas bewirkt, außer das Standing der Schreiber zu erhöhen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Es ist garantiert kein „Offener Brief“, wenn ich der Besten Frau der Welt zurufe: „Der Kaffee ist fertig“.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Gundula, Antonia, Britto

Foto: Pixabay

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