Morgengruß von Helmut Harff: Dorfkunst

... gefragter als man meint



Wenn man Menschen fragt, warum sie vom Dorf in die Stadt ziehen oder warum ihnen ein Umzug aufs deutlich billigere Dorf nicht mal im Traum einfällt, dann hört man sehr oft: Uns fehlt da die Kultur. Stimmt, könnte man beim oberflächlichen Blick sagen. Doch stimmt das?


Klar, auf dem Land findet man nicht weltweit bekannte Museen, geben sich nicht die musikalischen Weltstars die Klinke in die Hand. Und doch, viele Dörfer sind nicht ohne Kultur. Schuld daran sind die, die geblieben sind und die man wohl zum Bildungsbürgertum zählen kann. Noch häufiger sind die für die Kultur auf dem Dorf zugezogenen Menschen verantwortlich. Die wollen aus der Stadt, aber eben nicht ohne Kultur. Die renovieren alte Herrensitze, die organisieren in den zumeist noch gar nicht fertig sanierten Häusern – werden die jemals fertig – Konzerte, Ausstellungen und viele andere Events. Das machen diese Leute nun garantiert nicht mit der Absicht viel Geld zu verdienen. Ganz im Gegenteil, sie müssen häufig eigenes Geld mitbringen.

So tolle Menschen gibt es jetzt auch in meinem Büro-Dorf Groß-Schacksdorf nahe der polnischen Grenze in der Lausitz. Hier leben wir am Rande der Welt, da wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, wo sich die Windräder drehen, die Photovoltaikanlagen in Quadratkilometer gemessen werden, wo man aus der Kohle aussteigen soll. Da gibt, vielmehr da gab es keine kulturellen Ereignisse. Und nun zeigt sich, dass es nur eines Paares bedarf, die das „Schloss“, wohl ein altes Gutshaus, unter seine Fittiche nimmt, um zu zeigen, hier leben viele Jazz-Fans. Eigentlich ist das Dorf wirklich ein Jazzdorf. Was sonst, wenn zur ersten Schlossmusik mit dem Jazz-Pianisten Christian von Goltz und dem Saxofonisten Felix Wahnschaffe 35 Zuhörer kommen. Das sind immerhin zehn Prozent der Einwohner. Das wäre in Berlin ein Konzert mit knapp 400.000 Zuhörern.

Doch eines finde ich sehr schade und das ist die Tatsache, dass man Kunst und Kultur in den überbevölkerten Städten mit Millionen Euros fördert, aber für Kunst und Kultur auf dem Land kein Cent zur Verfügung gestellt wird. So kann man die Landflucht und damit auch die Wohnungsnot in den Städten und das Fehlen von Fachkräften in der Fläche sicherlich nicht begegnen. Ob das daran liegt, dass unsere Politiker entweder nichts für das Land übrig haben oder das einfach genau wie ihre Herkunft vergessen?

Ich finde, man muss auf dem Land nur genauer hinsehen, dann sieht man auch, was hier alles auf die Beine gestellt wird. Was spricht im Übrigen dagegen, eine Landpartie mit dem Besuch von Kunst und Kultur dort zu verbinden? Die Dörfler machen das ja umgekehrt auch.

Die Beste Frau der Welt und ich werden beim Frühstück das gestrige Konzert sicherlich noch einmal Revue passieren lassen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Renate, Désirée, Alma

Foto: Pixabay

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