Bridget Riley: Looking and Seeing, Doing and Making

... im Berner Zentrum Paul Klee



Die britische Künstlerin Bridget Riley gehört zu den prominentesten Vertreter:innen der abstrakten Malerei in der Nachkriegszeit. Den Ausgangspunkt der Ausstellung Bridget Riley: Looking and Seeing, Doing and Making, die vom 10. Juni bis 21. August 2022 im Zentrum Paul Klee zu sehen ist, bildet eine Reise der Künstlerin nach Ägypten von 1979 bis 1980, die ihren Umgang mit Farbe entscheidend geprägt hat.

Bridget Riley selbst hat die Werkauswahl getroffen, mit der sie ihre künstlerische Entwicklung in der darauffolgenden zwanzigjährigen Schaffensphase nachzeichnet. Darüber hinaus umfasst die Ausstellung auch selten gezeigte Entwürfe, Zeichnungen und Studien aus Rileys Atelier, die einen lebendigen Einblick in ihren Arbeitsalltag vermitteln.

Bridget Riley (*1931 in London) gehört zu den bedeutendsten Künstlerinnen unserer Zeit. Mit grosser Präzision und spielerischer Leichtigkeit setzt sie sich mit der Dynamik von Farbe, Form und Bildraum auseinander. Im Vordergrund stehen für Riley der Akt des Sehens und die Freude des Betrachters an der visuellen Auseinandersetzung mit ihren Bildern.

Ägyptische Farbpalette


Bridget Riley hat als Ausgangspunkt für die Ausstellung die Tatsache gewählt, dass sowohl Paul Klee als auch sie selbst auf Reisen nach Nordafrika entscheidende künstlerische Impulse aufgenommen haben. Paul Klee reiste 1914 nach Tunesien und erlebte dort einen «Durchbruch zur Farbe». Später, 1928, besuchte er Ägypten, wo er von den Licht- und Farbverhältnissen und der Kulturlandschaft im Niltal beeindruckt war.

Bridget Riley besucht Ägypten im Winter 1979/1980. Die Grabmalereien in den antiken Kultstätten, die Architektur und der abrupte Gegensatz von Wüste und Vegetation im Niltal hinterlassen bei ihr einen bleibenden Eindruck. Auch mit der Technik der ägyptischen Malerei setzt sie sich auseinander. Daraus entwickelt Riley die sogenannte «ägyptische Farbpalette», bestehend aus sieben Farben: Türkis, Blau, Rot, Gelb und Grün, Schwarz und Weiss.

Künstlerischer Werdegang

Bridget Riley wächst in London sowie im ländlichen Cornwall auf und besucht nach Ende des zweiten Weltkriegs das Goldsmiths College (1949 1952) und das Royal College of Art (1952 1955) in London. Im Einklang mit der damaligen Kunstausbildung entsteht zunächst ein figuratives und gegenständliches zeichnerisches Frühwerk.

Ab den späten 1950er-Jahren setzt sich Riley verstärkt mit den europäischen Avantgarden auseinander mit Impressionismus und Pointillismus, aber auch mit Konstruktivismus, Futurismus und der Bauhaus-Moderne. Angeregt von der britischen «Basic Design»-Bewegung macht sie den Schritt vom figurativen Zeichnen und der Landschaftsmalerei hin zu einem abstrakt-grafischen Malstil, der die Bildwirkung geometrischer Grundelemente betont, optische Wahrnehmungseffekte auslöst und somit das Sehen an sich ins Bewusstsein rückt.

Der Durchbruch zu internationaler Bekanntheit gelingt ihr in der Gruppenausstellung

The Responsive Eye im Museum of Modern Art in New York im Jahr 1964, in der ihre Gemälde eine zentrale Rolle einnehmen. Die Ausstellung zeigt Werke zahlreicher internationaler Künstlerinnen und Künstler, die sich, so der Kurator William Seitz, durch «wahrnehmungsorientierte Abstraktion» auszeichnen. Rileys Schwarzweiss-Arbeiten werden als Teil eines populärkulturellen Phänomens angesehen, das als «Optical Art» («Op Art») bekannt wird, obwohl in Rileys bildnerischem Denken stets die Auseinandersetzung mit Form, Bilddynamik und Komposition im Zentrum steht und nicht die Erzeugung optischer Illusionen. Rileys Gemälde werden zu Ikonen einer Ära, aber zugleich auch von der Mode- und Unterhaltungsindustrie kommerziell verwertet gegen den Willen der Künstlerin, die die Plagiate aufs Schärfste verurteilte und sogar gerichtlich gegen derartige Falschdarstellung ihres Werks vorging.

Mit grosser Entschlossenheit entwickelt Riley ihre Bildsprache weiter. Ab den späten 1960er-Jahren beginnt sie sich auf die Auseinandersetzung mit Grundfragen von Farbe, Form, Komposition und Bildraum zu konzentrieren. Neben ihrem zunehmenden Interesse an der Tradition der europäischen Farbmalerei, betont Riley immer wieder die Macht direkter ästhetischer Erfahrungen und verweist auf die Naturlandschaft ihrer Heimat in Cornwall, aber auch auf bleibenden Sinneseindrücke, die sie auf zahlreichen Reisen rund um den Globus sammelt.

Rileys Werke entstehen in einem komplexen Verfahren, das für jedes Bild zahlreiche Vorstufen und Entwürfe umfasst. Riley setzt diese mit Hilfe eines Teams von Assistenten in handwerklicher und gestalterischer Perfektion um. Seit den 2000er-Jahren stellt Riley zunehmend Vorstudien ihrer Gemälde aus, die Einblick in das technisch und künstlerisch anspruchsvolle Arbeits- verfahren geben.

Die Ausstellung

Die Ausstellung beginnt mit den Streifenkompositionen der frühen 1980er-Jahre, die auf Grundlage der «ägyptischen Palette» entstanden sind, und zeigt auf, wie dieser künstlerische Wendepunkt bis in die frühen 2000er-Jahre in Rileys Schaffen nachwirkt. Diagonalen fliessen in das Streifenfeld ein, neue Strukturen entstehen, der Bildraum gewinnt an Tiefe, die Farbpalette erweitert sich und eine neue Bildsprache bildet sich heraus. Der Grossteil der 44 gezeigten Werke stammt aus Bridget Rileys eigener Sammlung. Diese werden punktuell durch Werke aus der Sammlung Lambrecht-Schadeberg, Museum für Gegenwartskunst Siegen und der Kirkland Collection ergänzt. Gemeinsam illustrieren die 20 Gemälde und 24 Vorstudien eine Schlüsselperiode in Rileys künstlerischer Entwicklung und bieten einen aussergewöhnlichen Einblick in den Arbeitsalltag der Künstlerin. Ein eigens für die Ausstellung geschaffenes Wandbild im Zentrum Paul Klee schlägt den Bogen in die Gegenwart.

Die Ausstellung entstand in engster Zusammenarbeit mit Bridget Riley und wiederspiegelt kompromisslos ihre künstlerische Vision. Die stringente Werkauswahl richtet einen fokussierten Blick auf einen zentralen Moment in Rileys künstlerischem Werdegang, der bis heute nachwirkt, und setzt so Vergangenheit und Gegenwart zueinander in Beziehung.

«Von Anfang an wurzelte meine Arbeit in der Beobachtung der Natur und der Dynamik von Struktur und Bewegung. Schon immer habe ich mich mit der Kunst der Vergangenheit beschäftigt, nicht nur aus Liebe und beständigem Interesse, sondern auch, um zu lernen, mich zu bilden und um meine Arbeit als abstrakte Malerin zu begreifen. Dabei habe ich mich am Schaffen von Seurat, Cézanne und Delacroix orientiert, um nur einige zu nennen und an Paul Klee.

Unser beider Reisen nach Nordafrika Klees Reise nach Tunesien im Jahr 1914 und meine eigene nach Ägypten einige Jahrzehnte später waren ausserordentlich erkenntnisreich. Mir erschien die glühende Weite der Wüste als Leinwand, die eine Reaktion fordert und nach der Kraft der Farbe verlangt.

Es war mir eine grosse Freude der Einladung des Zentrum Paul Klee zu folgen, die es mir erlaubt hat, der Bedeutung nachzugehen, die Ägypten für die Entwicklung der Farbe in meinem Werk hatte und somit meine Vergangenheit durch diese Ausstellung in die Gegenwart zu tragen.»
Bridget Riley, London, Juni 2022

Riley wurde mit zahlreichen Preisen und Ehrungen auszeichnet, so beispielsweise dem Preis des internationalen Kunstkritikerverbands (AICA) 1963 oder dem internationalen Preis für Malerei der Venedig-Biennale 1968. 1974 wurde sie in den «Order of the British Empire» aufgenommen und wurde 2003 von Queen Elizabeth II. zum «Companion of Honour» ernannt. Sie ist Trägerin des Praemium Imperiale (2003), des Rubenspreises der Stadt Siegen (2012) sowie von Ehrendoktoraten, unter anderem der Universitäten Oxford (1993) und Cambridge (1995)

Zentrum Paul Klee
Monument im Fruchtland 3
3006 Bern
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Bild: Bridget Riley
Towards 'Lagoon', 1997
Bleistift und Gouache auf Papier
74 x 91,3 cm
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