Gebrauchte Reisemobile

Nie war es aus zweiter Hand teurer



(Michael Kirchberger, Autoren-Union Mobilität) Die Nachfrage regelt bekanntlich den Preis. Und das ist die schlechte Nachricht für alle Menschen, die endlich mal mit einem Eigenheim auf Rädern in die Ferien fahren wollen.

Die unterbrochenen Lieferketten in der Produktion haben die Wartezeiten auf ein neues Reisemobil erheblich verlängert, die Preise gehen durch die Decke. Allein Fiat hat nach einem vorübergehenden Bestellstopp eine Preisanhebung für den Ducato um satte 5000 Euro angekündigt. Das wirkt sich auf den Gebrauchtwagenmarkt aus. Um fast sechs Prozent sind die Besitzumschreibungen von Caravans und Reisemobilen im ersten Halbjahr 2022 nach den Angaben des Deutschen Caravaning Handelsverband DCHV auf Basis der Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes gestiegen.

87.719 gebrauchte Freizeitfahrzeuge wechselten im ersten Halbjahr 2022 den Besitzer. „Dieses erneute Wachstum des Gebrauchtwagenmarktes lässt sich zum Teil auch auf die stockende Produktion von Neufahrzeugen zurückführen,“ erläutert Kai Dhonau, Präsident des DCHV. „So mancher Kunde greift angesichts unbestimmter Lieferzeiten bei Neufahrzeugen lieber zum sofort verfügbaren gebrauchten Caravan oder Reisemobil. Denn der Wunsch der Deutschen, möglichst bald mit dem eigenen Freizeitfahrzeug auf Reisen zu gehen, ist ungebrochen.“

Auch der Hersteller-Branchenverband CIVD räumt erhebliche Preissteigerungen ein. Pauschale Angaben könne man nicht machen, da die Anpassungen unter anderem vom Basisfahrzeug, dem Aufbau und der vom Kunden gewünschten Ausstattung abhänge. Aber wie bei den Neufahrzeugen sei die Nachfrage auch auf dem Gebrauchtmarkt hoch und das Angebot dort sehr überschaubar, was zu steigenden Preisen führe, so ein Sprecher.

Wer sein Reisemobil im öffentlichen Verkehrsraum parkt, wird nicht nur einmal entsprechende Kaufangebote per Karte bekommen haben. Und in der Tagespresse werden in den Anzeigen ebenfalls nur Ankäufe offeriert. Wer sein Mobil jetzt verkauft, kann Höchstpreise erzielen. Ein drei Jahre alter ausgebauter Kastenwagen von Pössl unter sechs Metern Länge, mit dem 120-PS-Ducato-Motor und fast 20.000 Kilometern Laufleistung wird für stolze 41.000 Euro angeboten. Der Neuwagen war bei der Anschaffung nur unwesentlich teurer. Höher fällt obendrein die Kalkulation bei einer möglichen Finanzierung aus. Noch im vergangenen Jahr waren für den Mobilkredit Jahreszinsen von drei bis vier Prozent fällig, heute bewegen sich die Kreditraten schon fast auf doppeltem Niveau.

Wer unbedingt einen Reisemobil-Urlaub erleben möchte, sollte sich daher in Geduld bei der Anschaffung üben und die Möglichkeit eines Mietfahrzeugs in Erwägung ziehen. Zwar sind die Kosten auch hier gestiegen, doch lässt sich die unangenehme und von vielen nicht mehr zu stemmende Preiswelle geschickt abreiten. Ob Rent & Travel (Knaus-Tabbert) oder McRent (Dethleffs), alle Hersteller oder Konzerne haben entsprechende Mietorganisationen am Markt. Abgesehen von Start-ups wie Roadsurfer poder Indie Campers, die sich auf Campervans spezialisiert haben und eine Vielzahl von Modellen im Programm haben.

Experten rechnen damit, dass spätestens im nächsten Sommer das Niveau sinken wird und der Markt sich allmählich beruhigt. Außerdem dürften die hohen Treibstoffkosten manch einen Reisemobilbesitzer zum Grübeln bewegen, ob diese Urlaubsform noch ins Budget passt. Oder er stellt fest, dass die versprochene Freiheit doch nicht so groß und der Urlaub im Hotel im Vergleich doch ganz komfortabel ist. Wenn dann der Trend zum Verkauf des Mobils beginnt, werden die Preise sowohl auf dem Neu- wie Gebrauchtwagenmarkt deutlich sinken.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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