
(vfa)  Die Arzneimittelentwicklung macht große Fortschritte. Im Jahr 2023  dürften mehr als 45 neue Medikamente gegen unterschiedlichste  Krankheiten für Markteinführungen in EU-Ländern in Betracht kommen. Das  ergibt sich aus den beantragten oder kürzlich erteilten EU-Zulassungen  für Arzneimittel. 
Mehr jedoch als in früheren Jahren ist offen,  welche von ihnen auch in Deutschland dauerhaft für die Bevölkerung  bereitstehen werden.
„Bislang konnten jedes Jahr fast alle neuen  Medikamente zeitnah und auf Dauer in die deutsche Versorgung aufgenommen  und damit Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Doch das im Januar  in Kraft tretende GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinen  weitgreifenden Rabattforderungen und Preisvorgaben erschwert das nun. Es  ist offen, welche Medikamente tatsächlich eingeführt werden und auch  nach den Preisverhandlungen als Therapieoptionen verfügbar bleiben“,  sagt Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden  Pharma-Unternehmen (vfa).
Krebserkrankungen
Rund ein  Drittel der Medikamente, für die 2023 eine Markteinführung in EU-Ländern  möglich werden dürfte, könnte Menschen mit unterschiedlichen Krebsarten  zugutekommen: etwa mit Brust- oder Prostatakrebs, mit Speiseröhren-,  Bauchspeicheldrüsen-, Leberzell- oder Gallengangkarzinom, mit  nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, Melanom, Multiplem Myelom oder einer  von vielen Formen von Leukämie oder Lymphom.
Die dafür in  Betracht kommenden Medikamente gehören zu unterschiedlichen  Arzneimittelklassen. Neben einigen Kinasehemmern könnten unter anderem  mehrere bifunktionale Antikörper eingeführt werden. Sie können gleich an  zwei verschiedenen Stellen in die Krankheitsvorgänge eingreifen und  beispielsweise Immunzellen in die Krebsbekämpfung einbeziehen.
Infektionskrankheiten
Ein  Fünftel der Medikamente mit neuem Wirkstoff, die für Neueinführungen in  Betracht kommen, dürften der Bekämpfung von Infektionskrankheiten  dienen. Beispielsweise könnte es erstmals möglich werden, allen kleinen  Kindern wie auch älteren Menschen einen Schutz vor RSV-Infektionen  anzubieten – bislang gibt es das nur für Frühchen und Kinder mit  bestimmten Erkrankungen. Neue Impfstoffe könnten auch gegen Grippe und  Dengue-Fieber einsetzbar werden. Für HIV-Patienten könnte erstmals ein  Medikament zum Einsatz kommen, das nur noch halbjährlich angewendet  werden muss. Auch das Repertoire für die Covid-19-Therapie und  -Vorbeugung könnte sich noch erweitern.
Angeborene Gendefekte
Trotz  Fortschritten seit der Jahrtausendwende sind immer noch die meisten  Krankheiten, die auf ererbten Gendefekten beruhen, nicht ursächlich  behandelbar. 2023 dürften aber gegen einige weitere von ihnen die ersten  Medikamente die Zulassung erlangen. Dazu könnte ein Medikament gegen  die sehr seltene Krankheit „Fibrodysplasia ossificans progressiva“  gehören. Bei den Betroffenen wandeln sich Knorpel und andere Arten von  Bindegewebe allmählich in Knochen um. Auch könnte ein Medikament für  Betroffene mit CDKL5-assoziierter Epileptischer Enzephalopathie  verfügbar werden.
Mehrere Erbkrankheiten sollen durch Gentherapien  behandelbar werden, etwa Hämophilie B – eine besonders seltene Form von  Blutgerinnungsstörung. Bislang sind die Betroffenen auf regelmäßige  Injektionen oder Infusionen mit dem ihnen fehlenden Gerinnungsfaktor  angewiesen; diese könnten nach einer Gentherapie vollständig oder  weitgehend entfallen.
Doch entwickeln Unternehmen parallel dazu  auch andere Medikamente zur Linderung von Erbkrankheiten, die dann  jedoch lebenslang regelmäßig angewendet werden müssen. Solche  Medikamente könnten 2023 beispielsweise für Patient:innen mit Morbus  Fabry oder Morbus Pompe verfügbar werden.
Viele Medikamente gegen  Erbkrankheiten haben von der EU während ihrer Entwicklung den Orphan  Drug-Status erhalten, weil sie eine wesentlich verbesserte Behandlung  für eine seltene Krankheit versprechen. Dass dies zutrifft, wird stets  im Zulassungsverfahren überprüft. Nur wenn sich ihre Überlegenheit  zumindest für ein Teil des Patientenkollektivs bestätigt, behalten die  Arzneimittel den Status auch nach der Zulassung.
Amyotrophe Lateralsklerose
Amyotrophe  Lateralsklerose (ALS) führt bei den Betroffenen zu fortschreitender  Lähmung. Der Prozess lässt sich bislang medikamentös nur in kleinem  Umfang verzögern. Pharma-Unternehmen haben in den letzten Jahren jedoch  intensiv an neuen Medikamenten gearbeitet. Ein bis zwei davon könnten  2023 die Versorgung erreichen.
Weitere Erkrankungen
Noch  für viele andere Patientinnen und Patienten dürften 2023 Medikamente für  eine Markteinführung in Betracht kommen, etwa solche mit Diabetes Typ  2, Autoimmunkrankheiten wie Lupus-Nephritis oder Psoriasis, Osteoporose,  Migräne und Anämie. In einem Jahr wird man sehen, welche davon das  deutsche Gesundheitssystem zugänglich gemacht hat.
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Ausblick auf 2023: Mehr als 45 neue Medikamente möglich
Krebserkrankungen im Fokus
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