
Traces  – Spuren auf dem Boden, an der Wand und in der Luft. Dort weilen  Phillipp Röckers Bronzeskulpturen, wie filigrane Monumente. Durch eine  lang gezogene Geste seiner Hand im Sand entstehen die Formen.  Ausgegossen mit Wachs und dann in Bronze, verwandeln sich die Bahnen in  Spuren des von der Handentfernten, des Absenten. 
Sie sind die  metallene Füllung eines Gestus des Wegnehmens, Erschließens und  Bewegens. Im Raum entfalten sie sich mit selbstverständlicher  Natürlichkeit. Ein wenig fremd und doch von organischer Anmut züngeln  die langen und dünnen, scheinbaren ex situ Freilegungen in eine Richtung  mit abstraktem Ziel. Archaisch-menschlichen Gesten gleich, versucht  man, wie es uns Menschen eben üblich ist, diese zu entschlüsseln, zu  deuten und zu lesen. Doch die Gesten und Spuren lassen sich nicht  einfach lesen. Und wenn der Mensch nicht versteht, versucht er indes  Regeln auf das zu setzen, was er nicht versteht. 
Doch entgegen  diesem Drang, verneinen und arbeiten die Objekte gar gegen die  Dechiffrierung. Das Wesen hier liegt einzig darin, der Wahrnehmung zu  vertrauen, und das Entfalten im Raum zu erlauben und zu erhalten. So wie  die Formen sich selbst erhalten. Man kann den Spuren folgen, die sich  intrinsisch und extrinsisch vollziehen, wenn man denn zulässt, selbst  eine permeable Membran zu sein, durch die die Ausgestellten strömen  können. Teils modular aufgebaut verästeln und verweben sich die  stockartigen Wesen von Philipp Röcker mit den textilen Arbeiten von  Thomas Renwart. Die Bronzen, die trotz ihres Materials mit ihrer  Fragilität und Leichtigkeit auftauchen, treffen auf gewebte und  bestickte Werke mit ambivalenten Sujets.
Daffodils – zu deutsch  Narzissen ist eines der Sujets, der gewebten Bilder von Thomas Renwart.  Die kleinen gelben Scheinwerfer unter den Blumen, die ihr Gesicht stets  zur aufkommenden Sonne des Frühlings richten, sind ebenso Sinnbild des  nur sich selbst Liebenden. Narziss, der der Sage nach nicht Mensch von  Abbild unterscheiden, und sich aufgrund seines Fluches nur in sein  eigenes Spiegelbild im Wasser verlieben konnte, versuchte verzweifelt  sich seines eigenen Körpers zu entledigen, um den anderen,  schlussendlich sich selbst, berühren zu können. 
Wie tragisch,  unmöglich und schlussendlich tödlich dies ist, erfuhr der gleichzeitig  Geliebte, Liebende, Zünder und Entflammte in der Ausweglosigkeit seines  eigenen Seins. So ergibt seine Geschichte einen selbstreferentiellen  Kreislauf, eine Tragik, die sich aus sich selbst ergibt. Eine Art des  menschlichen Seins, die nach außen hin so schön scheinen kann, und der  im tiefen Inneren der unabdingbare und verzweifelte Schmerz der  unmöglichen, gar unechten Liebe innewohnt. Der nach außen Schöne birgt  das Tragische in seinem Inneren.
Während Röcker aufzuzeigen  versucht, dass organische Wahrnehmung impulsiv und vertrauenswürdig  vonstatten gehen kann, verhält sich Renwart konfrontativer: was ist  Bild, was ist Mensch?
Steht bei Röcker die Kraft des Schaffens,  ohne den Zwang des Idealen und Schönen im Vordergrund, so ist es bei  Renwart umgekehrt. Seine perfekte handwerkliche Praxis mit den schönen  Sujets wird gebrochen, durch die süße Bitterkeit der Schriftzüge und  Bedeutung der Bilder, die oft die heiteren Erinnerungen hervorheben,  unter der Krux ihrer Vergangenheit und aktuellen Unmöglichkeit.
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Bild: Thomas Renwart, Austellungsaufnahme. Courtesy: the artist.
TRACES AND DAFFODILS
PHILIPP RÖCKER & THOMAS RENWART in der Thomas Rehbein Galerie
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