Gesundheits-News vom 26. Mai 2023

Vor allem bei Übergewicht: Fachleute warnen vor verstecktem Muskelschwund



Es sei ein bislang kaum beachtetes Krankheitsbild, und es beträfe vor allem Menschen mit starkem Übergewicht, der sog. Adipositas: Aufgrund von Bewegungsmangel könne es bei dieser Bevölkerungsgruppe zu einem schleichenden Muskelschwund kommen, der unter dem Fettmantel verborgen und damit unentdeckt bleibe.


Prof. Dr. med. Stephan Bischoff von der Universität Hohenheim in Stuttgart gehört zu einem internationalen Experten-Panel, das das neue Krankheitsbild der sogenannten „sarkopenen Adipositas“ definierte und Kriterien zur Diagnose erarbeitete.

Muskelschwund aufgrund von Bewegungsmangel sei eine Krankheit, die bislang vor allem bei betagten Menschen, bei chronisch Kranken und als Folge längerer Phasen der Unbeweglichkeit beobachtet werde. Beispiele für solche chronischen Krankheiten könnten Krebs, Herzinsuffizienz oder Diabetes sein. Längere Unbeweglichkeit könne z.B. durch langes Tragen eines Gipsverbandes oder längere Bettlägerigkeit verursacht werden.

Neu sei allerdings die Erkenntnis, dass auch junge Menschen an Muskelschwund leiden können, wenn sie entsprechendes Körpergewicht auf die Waage brächten, erklärt Ernährungsmediziner
Prof. Dr. med. Bischoff. „Mit zunehmendem Übergewicht steigt erst einmal die Muskelmasse, um die Gewichtszunahme auszugleichen. Danach erreicht die Muskelmasse jedoch oft einen Kipp-Punkt, ab dem sie aufgrund von Bewegungsmangel wieder abnimmt.“

Mit abnehmender Muskelmasse steigt die Gefahr von Erkrankungen

Das Gefährliche daran: bei stark bis krankhaft übergewichtigen Menschen verberge die Decke aus Körperfett den gefährlichen Muskelverlust. Die Folgen seien nicht zu unterschätzen, warnt Prof.
Dr. Bischoff: „Patientinnen und Patienten mit Muskelschwund sind deutlich anfälliger für Krankheiten. Auch die Lebenserwartung sinkt“, so der Ernährungsmediziner.

Diesen Zusammenhang hätten zum Beispiel auch die Erkrankungswellen während der Covid-Pandemie illustriert: „Da sich Muskelschwund bei adipösen Menschen auch auf die Atemmuskulatur auswirkt, hatten diese aufgrund der verringerten Atemleistung deutlich schwerere Verläufe.“

Ein Viertel der Bevölkerung potentiell betroffen


In Deutschland seien Übergewicht und Adipositas leider kein Randgruppenphänomen: Rund die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland sei inzwischen übergewichtig. Bei einem Viertel der
Gesamtbevölkerung sei das Übergewicht so stark ausgeprägt, dass sie unter dem Namen Adipositas als Krankheit eingestuft werde. Wie die sarkopene Adipositas behandelt werden könne, sei derzeit noch Gegenstand der Forschung, betont der Ernährungsmediziner der Universität Hohenheim. Erste Ergebnisse zeichneten sich jedoch bereits ab.

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