
Malerei  und Literatur stehen in Südasien seit jeher in einem engen  Zusammenhang. Über die Jahrhunderte hinweg schufen die Maler unzählige  Bilder und umfangreiche Bildserien, die auf der reichen regionalen  Literaturtradition basieren. 
Mit grosser Liebe zum Detail  illustrierten die Maler die berühmten Gedichte und Erzählungen. Sie  verwendeten dazu feinste Pinsel aus Eichhörnchenhaaren und leuchtende  Farben aus edlen Materialien wie Malachit und Lapislazuli. Durch ein  Polieren und die Veredelung mit Goldfolie erhielten die Bilder ihren  umwerfenden Glanz, der bis heute andauert.
Die Bilderzählungen
Die  kleinen, in ihrer Grösse etwa dem modernen A4-Format entsprechenden  Bilder wurden meist in Auftrag von Fürsten für ihren persönlichen  Gebrauch hergestellt. Man traf sich im kleinen Kreis der Familie oder  weniger Vertrauten, betrachtete die Bilder, während man sie in den  Händen hielt, und die Texte vorgetragen, nacherzählt oder memoriert  wurden. Die Malereien funktionieren dabei so ähnlich wie Bilderbücher.  Manche erinnern sogar an Comics, indem sie mehrere Szenen einer  Geschichte auf einem Blatt zusammenstellen.
Doch wieviel versteht  man, wenn man die Geschichten nicht kennt? Oder wenn man die Gedichte  nicht mehr lesen kann? Die Ausstellung Young Krishna füllt diese Lücke.  Es wird viel erzählt, und das auf ganz unterschiedliche Weise: Eine  Animation erklärt, wie ein erzählendes Bild aufgebaut ist und wie es  funktioniert. Fünf Hörstationen laden dazu ein, sich auf gemütlichen  Sitzgelegenheiten niederzulassen, sich die Geschichten anzuhören und  gleichzeitig die dazu gehörigen Malereien (zumindest als Reproduktionen)  in Händen zu halten und anzusehen – ähnlich, wie dies früher an den  Fürstenhöfen üblich war. Wer lieber liest, kann sich aber auch auf den  Text selbst konzentrieren, der ebenfalls an den Hörstationen zur  Verfügung steht. Zu jedem Original in der Ausstellung gibt es  schliesslich einige Zeilen, in denen die Episode nacherzählt wird, die  das Bild illustriert. So kann jede*r die einzelnen Szenen entschlüsseln,  das Bild für sich erkunden und dabei die eine oder andere Entdeckung  machen.
Der Gott Krishna
Ein kleiner Junge, der seinen  Eltern Streiche spielt, als Jüngling die Herzen der Frauen im Dorf  höherschlagen lässt und mit seinen göttlichen Kräften gegen scheinbar  übermächtige Dämonen kämpft – davon berichten die Geschichten des Gottes  Krishna, die die Menschen in Südasien und darüber hinaus bis heute in  ihren Bann ziehen. Sie stammen aus einem Text namens Bhagavata Purana  und sind über Jahrhunderte als mündliche oder schriftliche Erzählungen  überliefert worden.
Das Bhagavata Purana erzählt von Gott  Vishnnuder in den hinduistischen Traditionen als Erhalter der  Weltordnung gilt. Er erscheint immer dann auf der Welt, wenn diese aus  dem Gleichgewicht zu geraten droht und dämonische Kräfte überhandnehmen.  Dabei nimmt er verschiedene Formen an. So gilt Krishna als achte  Herabkunft (avatara) von Vishnu. Auch seine Aufgabe ist es, gegen das  Böse zu kämpfen und dem Guten zum Sieg zu verhelfen. Doch Krishna ist  besonders, denn er lebt als Mensch unter Menschen. Für die Gläubigen ist  dies Zeichen seiner Nahbarkeit. Sie verehren ihn vor allem in der  bhakti, einer Glaubensrichtung des Hinduismus, die die Hingabe und Liebe  zu Gott betont. Darin haben alle Facetten der Liebe ihren Platz und  damit auch alle Varianten sozialer Beziehungen: Krishna ist Gott,  Geliebter, Held, Freund und Sohn zugleich.
Die Sammlung Eva und Konrad Seitz
Die  Ausstellung zeigt 38 Bilder, die fast alle in der Region Bundelkhand,  südlich der Städte Delhi und Agra gelegen, an den Fürstenhöfen von  Orchha, Datia und Panna entstanden. Hier schufen die Maler zwischen dem  16. und 19. Jahrhundert einen ganz eigenen Stil. Er zeichnet sich vor  allen durch seine kraftvollen Farben, die klaren geometrischen Formen  und die zierlich bis üppigen Muster aus. Bis auf wenige Ergänzungen  stammen die Bilder aus der Sammlung von Eva und Konrad Seitz. Das  deutsche Sammlerehepaar hat mit Leidenschaft und grossem Kennertum eine  einzigartige Sammlung solcher Bundelkhand-Bilder zusammengetragen und  sie 2019 dem Museum Rietberg übergeben. Diese Ausstellung ist damit auch  eine Würdigung und ein Dank and die grosszügigen Gönner.
Museum Rietberg
Gablerstrasse 15
8002 Zürich
T. +41 44 415 31 31
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rietberg.ch
Bild: Ausstellungsplakat des Museums Rietberg in Zürich. 2023
YOUNG KRISHNA – DIE ABENTEUER EINES INDISCHEN GOTTES
... zu erleben im Museum Rietberg, Zürich
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