STERNE ÜBER PARIS – SERGIO BIRGA UND DIE MODERNE

... im Lindenau-Museum Altenburg



Mit der Ausstellung „Sterne über Paris“ präsentiert das Lindenau-Museum Altenburg als erstes deutsches Museum überhaupt das Werk des italienischen Künstlers Sergio Birga (1940–2021), der Jahrzehnte seines Lebens in Paris verbrachte. 

Im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg wird ein Panorama seines künstlerischen Schaffens gezeigt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Birgas persönlichen Begegnungen mit bedeutenden deutschen Künstlern des Expressionismus wie Otto Dix, Erich Heckel, Ludwig Meidner oder Conrad Felixmüller.

Sergio Birga in Altenburg?

Ausgangspunkt für das Ausstellungsprojekt „Sterne über Paris“ war der Besuch des Lindenau-Museums durch das Ehepaar Christoph und Renate Hesse aus Dresden im Frühjahr 2019. Dabei suchten sie das Gespräch mit der Museumsleitung und stellten den Kontakt zu Sergio Birga her. Vier Jahre nach dessen Tod wird nun eine Ausstellung eröffnet, in der auch wertvolle Schenkungen Birgas an das Lindenau-Museum präsentiert werden.

Mit dieser von Vincent Rudolf, Kunsthistoriker der Altenburger Museen, kuratierten Werkschau werden zugleich mehrere künstlerische Anknüpfungspunkte zur Sammlung des Hauses geschaffen: So begegnete Birga in seiner frühen Schaffensphase Otto Dix, Ludwig Meidner oder Conrad Felixmüller, die auch im Bestand des Lindenau-Museums prominent vertreten sind. Die Künstler porträtierten sich gegenseitig. Das Porträt Birgas von der Hand von Otto Dix ist in der Ausstellung zu sehen.

Ein Grundgedanke bei der Ausstellungsplanung war es, das Netzwerk Birgas nachzuvollziehen und die Geschichte von Freundschaften zu anderen Künstlerpersönlichkeiten zu erzählen. Zusätzlich wird Birgas Begeisterung für die deutschsprachige Kultur am Beispiel seiner Kafka-Illustrationen sichtbar.

Maßgeblich zur Realisierung der Ausstellung hat die Witwe Sergio Birgas beigetragen, die den Nachlass ihres Mannes betreut und die wichtigste Leihgeberin ist.

Zum Künstler

Sergio Birga wird am 10. Juli 1940 in Florenz geboren. Nach einem Kunststudium in seiner Geburtsstadt, das er mit einem Diplom abschließt, setzt er sein Studium ab 1965 an der École des Beaux-Arts in Paris fort und besucht die Druckgrafikklasse von Lucien Coutaud. Bereits kurze Zeit später reist er erstmals nach Deutschland und trifft Erich Heckel und Otto Dix. Im Jahr darauf, 1966, folgen weitere Künstlerbesuche bei Ludwig Meidner, Oskar Kokoschka und erneut Otto Dix. Von 1969 bis 1974 nimmt er am Salon de la Jeune Peinture (Salon der Jungen Malerei) teil. In dieser Zeit entsteht auch ein reger Kontakt mit Conrad Felixmüller, der Birga auch seine erste Einzelausstellung in Deutschland – in der Galerie Jean-Pierre Lavignes in Köln – vermittelt. 1976 lädt Felixmüller Birga zudem nach West-Berlin ein.

Unter der Direktion von Jean-Luc Chalumeau erfolgt 1983 Birgas Beteiligung an der Ausstellung Tel peintre, quels maîtres? in der Galerie Christian Cheneau, ABCD, in Paris. 2007 widmet sich eine Retrospektive in der Villa Tamaris Centre d’Art in La Seyne-sur-Mer dem Lebenswerk des Künstlers.

Im August 2021 stirbt Sergio Birga im Alter von 81 Jahren in Cannes. Heute befinden sich seine Werke unter anderem in den Sammlungen der Vatikanischen Museen, des Musée Carnavalet in Paris und des Nationalmuseums für moderne und zeitgenössische Kunst in Seoul.

Sergio Birga und die Moderne

Sergio Birga begeisterte sich bereits in jungen Jahren vor allem für den deutschen Expressionismus und experimentierte mit verschiedenen druckgrafischen Techniken und Formen der Malerei. In seinem späteren Schaffen fokussierte er sich zunehmend auf Stadtansichten und religiöse Themen. Unter dem Schlagwort der „Pittura colta“ kehrte er zu einer klassischeren Ausdrucksform zurück. Eine nachdenkliche Sicht auf die Welt, die Suche nach der eigenen künstlerischen Identität sowie gesellschaftskritische Momente durchziehen sein Werk jedoch kontinuierlich.

Seine Motive fand Birga in seinem unmittelbaren Umfeld: in den Straßen von Paris, in der Nacht, in der Kultur seiner italienischen Heimat oder in der Lektüre Franz Kafkas und anderer Dichter.

Die Ausstellung des Lindenau-Museums im Prinzenpalais vereint Beispiele dieser künstlerischen Strömungen und begibt sich auf die Spuren seiner persönlichen Begegnungen mit Malerkollegen – über Sprach- und Ländergrenzen hinweg. Insgesamt werden mehr als 80 Gemälde und Grafiken gezeigt.

Den Auftakt zur Schau bildet jedoch ein Ausstellungsraum zum Künstler selbst. Anhand zahlreicher Porträts aus allen Schaffensperioden blicken die Besucherinnen und Besucher in das Gesicht Sergio Birgas. Aus den ausgestellten Exponaten lässt sich nicht nur seine künstlerische Entwicklung ablesen, sondern auch die Beherrschung verschiedenster Techniken – von Aquatinta-Radierungen bis hin zu monochromen Linolschnitten.

Ein zweiter Ausstellungsschwerpunkt rückt Birgas Vorliebe für den deutschen Expressionismus in den Mittelpunkt. Die ausgestellten Werke illustrieren, wie der Expressionismus auf Birgas Schaffen gewirkt hat. Neben Malereien wie dem „Selbstbildnis Florentiner Ferien“, auf denen immer wieder Bezüge zu dieser Stilrichtung erkennbar sind, werden auch mehrere Skizzenbücher gezeigt, die den Arbeitsprozess des Künstlers und seine Experimentierfreude dokumentieren.

Fast folgerichtig schließt sich daran ein Fokus auf die Beziehung zu Conrad Felixmüller an, die unter Birgas Künstlerfreundschaften einen besonderen Stellenwert einnimmt. Trotz eines Altersunterschieds von 40 Jahren tauschten sie sich über neue Werke und ihre jeweilige künstlerische Entwicklung aus. Ein besonderes Interesse hatte Birga an Felixmüllers Hinwendung vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit. Zeugnis dieser engen persönlichen Bindung ist ein ausgestelltes Doppelbildnis, das Felixmüller 1976 von Annie und Sergio Birga anfertigte.

Eine herausragende Stellung im Werk Sergio Birgas nimmt die Auseinandersetzung mit dem literarischen Schaffen Franz Kafkas ein. Bereits in den 1960er-Jahren zeigte sich Birgas Faszination für Werke wie Die Verwandlung, Der Prozess oder Ein Traum. Noch sechzig Jahre später setzte er sich mit Kafkas schriftstellerischem Erbe auseinander. Es dominieren in Schwarz gehaltene Holzschnitte, welche die Schwermut Kafkas ins Visuelle übersetzen.

Dem Ausstellungstitel verpflichtet, beschäftigt sich die Schau schließlich mit Sergio Birgas Wahlheimat Paris – sowie mit der Nacht. Als aufmerksamer Beobachter gleichen seine Malereien einer Chronik der jüngeren Vergangenheit der französischen Hauptstadt. So thematisieren seine Werke nicht nur soziale Milieus der Metropole, sondern auch aktuelle Ereignisse. Die Nacht jedoch übte wohl den größten Zauber auf ihn aus: In seinem Œuvre sind nächtliche Szenen ein stets wiederkehrendes Motiv. Es scheinen die Straßenlaternen, der Mond – und die Sterne über Paris.

Katalog zur Ausstellung

Zur Ausstellung „Sterne über Paris – Sergio Birga und die Moderne“ erscheint ein Katalog im Sandstein Verlag der von Dr. Roland Krischke, Direktor der Altenburger Museen, für das Lindenau-Museum Altenburg herausgegeben wurde.
Mit Texten von Jean-Luc Chalumeau, Sophie Eloy, Roland Krischke, Yves Kobry, François Michaud, Emilia Pradel, Maxime Préaud, Vincent Rudolf, Friedrich Schmidt, Miriam Stadie und einem Vorwort von Dr. Roland Krischke
Weitere Informationen zum Katalog: 144 Seiten, 84 meist farbige Abb. in deutscher und französischer Sprache
Verlagspreis: 34 EUR
ISBN 978-3-95498-872-3

Allgemeine Informationen zur Ausstellung
bis 10. August 2025
Sterne über Paris – Sergio Birga und die Moderne
Sonderausstellung des Lindenau-Museums Altenburg im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, an Feiertagen
11 bis 17 Uhr

Eintritt: 4 € / 3 € (ermäßigt)
Der Zugang zu den Ausstellungsräumen im Prinzenpalais ist nicht barrierefrei.

Lindenau-Museum Altenburg  
Hillgasse 15
04600 Altenburg
info@lindenau-museum.de 
www.lindenau-museum.de

Öffnungszeiten
Di–So 12–18 Uhr
und feiertags 

Bild: Sergio Birga, In Richtung Eiffelturm, „Triptychon Nachtstücke vom Atelier aus“, 2019, Sammlung Annie Birga, Paris
Foto: Lindenau-Museum Altenburg © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

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