ALL DIESE DINGE. ÜBERALL. DIE GANZE ZEIT.

... ausgestellt in der Kunsthalle Mainz



Die 13 Künstler*innen in der Ausstellung All diese Dinge. Überall. Die ganze Zeit. verbindet ein grundlegendes Interesse daran, Dingen auf den Grund zu gehen und sie jenseits ihrer augenscheinlichen Bedeutung und Funktion wahrzunehmen. Sie sind in der Lage, feinste Veränderungen in unserer Umwelt wahrzunehmen und Entwicklungen und Fragen eine Form zu geben. 

In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigen sie sich mit den Verhältnissen zwischen Körper und Arbeitswerkzeug, der Beziehung zwischen Form und Stoff, Maschine und Produkt, Materialität und Spur, Dienlichkeit und Empfindung. Dinge evozieren Erinnerungen, erzählen Geschichte(n), dienen als Orientierung und Werkzeug. Sie manifestieren Fertigkeiten, Wahrnehmungs- und Handlungsprozesse, fassen Zeit und sind Werkstoff für Kunstproduktion. Ein Blick auf die Dinge lohnt sich, denn sie zeigen uns in welcher Welt wird leben.

Lejla Jakupovićs Arbeiten entstehen häufig in Zusammenarbeit mit oder in Bezug auf Familienmitglieder, Freundinnen oder Orte, die sie geprägt haben. Die Arbeit My Grandmother’s Fig Tree verbindet analoge Fotografien mit einem selbst verfassten Gedicht. Die Bilder sind dabei keineswegs Illustrationen der geschriebenen Worte. Beide sind eigenständige Formen, die anhand ihrer Kombination Zwischenräume für Assoziationen öffnen. Sie laden dazu ein, über persönliche Erinnerungen und gemeinsame Erfahrungen nachzudenken. Lejla Jakupović schafft Räume in denen Verbindungen organisch wachsen können.

Ihr Interesse gilt der Art, wie Geschichten zwischen Menschen weitergegeben werden: durch Worte und Gesten, durch Dinge und damit verbundene Rituale.

In seiner Arbeit many of one befragt Leonard Schlöder die Beziehung zwischen Kunst und Natur, zwischen Einzigartigkeit und Standard, zwischen Kunstwerk und Massenprodukt. Er hat ein
gegabeltes Ästchen ausgewählt, es in Bronze gegossen und zu einem Standard erhoben. Das normierte Ding wird zum Objekt in einem Geflecht von Erwartung und Funktion. Es wird zu einem Werkzeug, das über die Eignung anderer Dinge bestimmt. Präsentiert in einem Werkzeugkoffer steht es im Ausstellungsraum als Einzelstück, bereit, in die Natur getragen zu werden und natürliche Wald-Fundstücke an ihm zu messen. Schlöder folgt dem Prozess der Standardisierung, der dazu dient Dinge gleich oder zumindest vergleichbar zu machen, um sie dann als Produkt zu vermarkten. Das Bild von gleichgemachten Massenprodukten tritt dem von natürlich gewachsenen und dadurch einzigartigen Dingen gegenüber.

Für Katrin Nicklas ist die künstlerische Arbeit als Bildhauerin eine sehr körperliche Erfahrung, die von der physischen Anstrengung bei der Holzbearbeitung bis hin zum Fühlen der Materialien und Oberflächen mit den Fingerspitzen reicht. Der Konzentration auf die eigene Wahrnehmung geht ein neugieriges Staunen über Prozesse und Zusammenhänge in und mit unserer Umwelt voraus. Dies bewirkt ein achtsames Aufgehen im Hier und Jetzt, das sich von der Schaffenden auf die Betrachtenden überträgt. Das Anschauen wird zum haptischen Erfühlen der Oberflächen im eigenen Körper. In der raumgreifenden Installation kombiniert Nicklas Holz- und Leinwandkörper. Eine Seite der Holzkörper ist mit Pinselstrichen aus Ölfarbe eingefärbt, die dann Abdrücke auf dem Leinwand-Gegenstück hinterlassen. Druckstock und Druckprodukt werden zu einer Form und verwischen die Grenze zwischen Werkzeug und Produkt.

Why Hugs Are Difficult stellt das Motiv der Umarmung ins Zentrum. Eine Umarmung ist für Ji Heaun Kweon nicht nur eine körperliche Geste. Sie manifestiert eine emotionale Erfahrung, Gefühle wie Nähe und Trost, aber auch Unsicherheit und Unbehagen. Die Künstlerin lädt ein, genauer hinzusehen und nachzuspüren, was eine Umarmung für einen selbst bedeutet, welche kulturellen Normen, persönliche Erfahrungen und individuelle Grenzen unser Verhältnis zu körperlicher und emotionaler Nähe prägen. Die Materialien, die Kweon für den gehäkelten Hintergrund der Stickereien verwendet, sind alte Kleidungsstücke und Bettwäsche − Stoffe, die uns umgeben, berühren und einhüllen.

Es erscheint ein Katalog
Im Rahmen der Ausstellung wird ein Publikumspreis verliehen, der von der Zollhafen Mainz GmbH & Co. KG gestiftet wird. Die Preisverleihung findet am 31/08 um 16 Uhr statt.

Kunsthalle Mainz
Am Zollhafen 3–5
55118 Mainz
www.kunsthalle-mainz.de

Öffnungszeiten:
Mi–So 10–17 Uhr
An Feiertagen 10–17 Uhr

Bild: Lejla Jakupović, Gallus, My Grandmother’s Fig Tree, 2025, Text, Serie aus 11 Fotografien, Größen variabel. 
©Lejla Jakupović

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