GTÜ nennt Fakten zu häufigen Fragen rund um die Infrastruktur für E-Mobilität in Deutschland

Hohe Preise sind vor allem bei spontanem Laden möglich



Wie gut ist die Infrastruktur für E-Mobilität in Deutschland ausgebaut? Zu diesem Thema gibt es in öffentlicher und privater Kommunikation sehr unterschiedliche Einschätzungen. Vieles lässt sich mit Zahlen und Fakten klären. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überprüfung mbH gibt Antworten auf oft gestellte Fragen.

1. Gibt es genug öffentliche Ladepunkte im Land?
Die Bundesnetzagentur führt für Deutschland zum 1. Juli 2025 mehr als 131.000 öffentlich nutzbare Normalladepunkte und über 40.500 Schnellladepunkte auf. Dazu kommen weitere Möglichkeiten zur Energieversorgung batterieelektrischer Pkw (BEV) wie private Wallboxen und firmeninterne Ladepunkte für Mitarbeiter. Diesem Angebot stehen rund 1,7 Millionen reine E-Fahrzeuge gegenüber. Damit deckt die Infrastruktur in Deutschland den Bedarf für öffentliches Laden rein rechnerisch ausreichend ab.

2. Warum wird das öffentliche Ladenetz so unterschiedlich bewertet?
Entscheidend sind individuelle Bedingungen am Wohn- oder Arbeitsort sowie Erfahrungen entlang von Reiserouten. Denn öffentliche Ladepunkte sind in Deutschland ungleichmäßig verteilt. Hoch ist die Abdeckung eher im Süden und Norden der Republik, geringer im Osten. Der Westen liegt im Mittelfeld. Verglichen wird dabei die relative Dichte unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl. Grafisch stellt das zum Beispiel ein digitaler Deutschlandatlas des Bundes mit farbcodierten Landkarten dar.

3. Gibt es nur regionale Unterschiede?
Nein, Unterschiede gibt es auch zwischen Ballungsräumen und ländlichem Raum. Das wird sogar in einzelnen Landkreisen deutlich. Ein Beispiel ist Groß-Gerau in Hessen. Der Kreis ist mit rund 412 Ladepunkten je 100.000 Einwohnern einer der Spitzenreiter in der Republik. Besonders dicht ist die Ladeinfrastruktur in der Opel-Stadt Rüsselsheim, der größten Kommune dort. Wenige Kilometer weiter finden sich Orte mit ganzen Stadtteilen ohne öffentliche Ladestationen.

4. Wie teuer ist das öffentliche Laden?
Vor allem beim spontanen Laden unterwegs an Fernstraßen fallen teils erhebliche Kosten an. Das betonte Ende Juli 2025 der ADAC nach einer Stichprobe von Ladepunkten an deutschen Autobahnen. Für Kunden mit Ladestromverträgen kann der Unterschied beim Ad-hoc-Laden über 60 Prozent teurer sein als an Säulen des eigenen Vertragspartners. Der Automobilclub plädiert für mehr Transparenz und fordert unter anderem die Einrichtung einer Markttransparenzstelle für Ad-hoc-Ladepreise beim Bundeskartellamt. Grundsätzlich gibt es aber günstige Ladestromverträge mit weniger als 0,50 Euro je Kilowattstunde auch für Gleichstrom-Ladepunkte (DC), wenn man ausschließlich Säulen des Vertragspartners nutzt. Hinzu kommt normalerweise eine monatliche Grundgebühr.

5. Wie komfortabel kann man öffentlich Laden?
Am einfachsten haben es Kunden mit Ladevertrag, deren E-Auto mit modernen Säulen ihres Anbieters kommuniziert: Einfach das Ladekabel am Fahrzeug anschließen, schon fließt der Strom. Andernfalls braucht es eine App, um den Zugang zur Ladesäule freizuschalten. Die Identifikation geschieht über den Scan eines QR-Codes oder die Auswahl eines an der Säule angegebenen Codes aus Buchstaben und Ziffern. Zum Problem können abgerissene oder überklebte Etiketten am Gerät und eine schlechte Mobilfunkverbindung werden. Oft ist aber auch das direkte Bezahlen per Karte über ein Lesegerät oder eine kontaktlose Schnittstelle möglich. Seit 2024 müssen das alle neu in Deutschland installierten Schnelladepunkte ab 50 kW Leistung anbieten. Das schreibt die EU-Verordnung „Alternative Fuels Infrastructure Regulation“ vor (Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, AFIR).

6. Welche Kritikpunkte gibt es besonders häufig?
Immer wieder werden neben hohen Preisen eine zu geringe Zahl von Ladepunkten an Autobahnraststätten und über längere Zeit defekte Ladesäulen genannt. Das sind wichtige Impulse für Ladeinfrastrukturbetreiber und Politik. Denn die Beschreibungen solcher negativen Erfahrungen haben eine erhebliche Reichweite zum Beispiel in den sozialen Medien. Gerade hat im Juni 2025 eine Studie zur Akzeptanz von E-Autos in Deutschland, Österreich, Australien und den USA unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID) und der Universität Hohenheim gezeigt, dass negative Botschaften, Mythen und Fehlinformationen rund um E-Autos und ihren Betrieb besonders stark verbreitet werden.

7. Ist die Entwicklung der Ladeinfrastruktur auf einem guten Weg?
Für 2025 gehen Experten davon aus, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur sogar minimal schneller voranschreitet als das Wachstum des E-Auto-Bestands. Eine Empfehlung für Infrastrukturbetreiber: Bei der Standortwahl auf die sogenannte „30-Minuten-Ökonomie“ zu setzen. Dabei verbinden die Kunden einen halbstündigen Ladevorgang zum Beispiel mit dem Einkauf, einem Frisörtermin oder an der Autobahn mit einer Kaffee- und Toilettenpause. Gerade auf Fernfahrten sind Pausen ohnehin wichtig, erinnert die GTÜ. Denn davon profitiert dann nicht nur der Ladestand des Akkus, sondern auch die Fitness des Fahrers – und damit die Verkehrssicherheit.

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