Wenn nicht eine Versicherte oder ein Versicherter kündigen, sondern der Versicherer, kann das drastische Folgen haben, warnt der Bund der Versicherten (BdV). Etwa indem man nach einem Schadensfall keine neue Versicherung mehr findet. Dann steht der bisherige Versicherungskunde plötzlich ohne Schutz da.
Eine Kündigung durch den Versicherer sei für Versicherte in zweierlei Hinsicht problematisch, erläutert BdV-Vorständin Bianca Boss: Sie verlieren ihren Versicherungsschutz und erhalten von anderen Versicherern häufig keine Vertragsangebote mehr – oder nur mit stark eingeschränkten Leistungen. „In solchen Fällen ist es wichtig, nicht abzuwarten, sondern zügig zu handeln“, rät die Expertin.
Was viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht bedenken: Auch Versicherer können Verträge kündigen. Grundsätzlich steht den Unternehmen, wie den Versicherten auch, ein Kündigungsrecht zu. So darf ein Versicherer schon nach nur einem Schadensfall einen Vertrag außerordentlich beenden, frühestens bei der ersten Schadenszahlung und spätestens nach Abwicklung des Schadensfalls mit einer vierwöchigen Frist, wie die Stiftung Warentest erläutert. Doch das geschieht in der Regel nicht ohne Grund, beruhigen Marktkenner.
Versicherer sind privatwirtschaftliche Unternehmen und als solche, wie andere auch, bemüht, Verluste zu vermeiden. Daher prüfen Versicherungen alle Verträge mit einem sogenannten negativen Schadenverlauf. Wer z. B. mehrmals einen Fahrraddiebstahl bei seiner Versicherung meldet oder so häufig Schäden reguliert haben will, dass aus Sicht des Versicherers die eingezahlten Versicherungsbeiträge diese Risiken nicht mehr decken, muss mit einer Kündigung rechnen. Dabei kann sich ein Versicherer darauf berufen, dass er die Gemeinschaft der Versicherten schützen und nicht mit unverhältnismäßigen Zahlungen belasten will.
Ein Kündigungsgrund kann auch sein, dass sich in bestimmten Fällen ein Versicherungsgegenstand in einem schlechteren Zustand als angenommen befindet und weitere Schäden wahrscheinlich sind. So etwa, wenn es häufiger zu Leitungswasserschäden an einem maroden Rohrleitungssystem kommt, das dringend sanierungsbedürftig ist. Dann steigt das Versicherungsrisiko. Dies ist auch der Fall, wenn ein einmal versichertes Risiko so verändert wird, dass es aus dem Rahmen des vereinbarten Versicherungsumfangs fällt: Beispielsweise, wenn ein zum Verkauf stehendes Haus einige Zeit nicht bewohnt ist und sich in dieser Zeit ein Schaden daran ereignet, der, weil er nicht rechtzeitig bemerkt wird, ein Ausmaß annimmt, das bei rechtzeitigem Einschreiten hätte vermieden werden können. In einem solchen Fall handelt es sich um eine Risikoerhöhung, die dem Versicherer das Recht gibt, einen Vertrag innerhalb von vier Wochen zu kündigen.
Grundsätzlich dürfen Versicherer von Rechts wegen private Unfall- und Schadenverträge einseitig kündigen, wie die Stiftung Warentest feststellt. Dazu gehören demnach unter anderem die Hausratversicherung, die Wohngebäudeversicherung, die Haftpflichtversicherung, die Rechtsschutzversicherung und die Kfz-Versicherung. Nicht einseitig kündigen können Versicherer nach Angaben der Verbraucherorganisation diese Verträge: Kapitallebensversicherung und Risikolebensversicherung, private Rentenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung und private Krankenvollversicherung.
Allerdings: Versicherer dürfen außerordentlich kündigen, wenn der Versicherte sie bei Vertragsabschluss täuscht, etwa indem er falsche Angaben macht, um einen Vertrag zu erhalten. Das gilt immer und für jede Versicherungssparte, so die Stiftung Warentest.
„Wer eine solche Kündigung erhalten hat, hat häufig Schwierigkeiten, einen neuen Vertrag bei einem anderen Unternehmen zu bekommen“, weiß Thorsten Rudnik, Berater bei den Verbraucherzentralen. Um dem zuvorzukommen, sollten Versicherte auf ein entsprechendes Schreiben ihrer Versicherung sofort reagieren, raten Fachleute. Denn unter Umständen lässt sich eine Kündigung noch abwenden. Einige Versicherer seien bereit, einen bestehenden Vertrag fortzuführen, wenn bestimmte Anpassungen vorgenommen werden, zeigt der BdV auf. Demnach kann etwa im Zuge einer sogenannten Vertragssanierung eine Selbstbeteiligung vereinbart oder eine bereits bestehende Selbstbeteiligung vorübergehend erhöht werden. Auch der Ausschluss einzelner Leistungen sei im Einzelfall eine mögliche Lösung, regt der Versicherten-Schutzverband an. Sofern der übrige Schutz bestehen bleibt und das ausgeschlossene Risiko tragbar ist.
Sollte sich der Versicherer nicht auf eine solche Vertragssanierung einlassen und an der Kündigung festhalten, bringt der BdV eine sogenannte Kündigungsumkehr als eine adäquate Lösung ins Gespräch. In diesem Fall kündigt nicht der Versicherer, sondern die versicherte Person selbst, wie der Verband erklärt, und zwar bevor die Kündigung des Versicherers wirksam wird. Das soll die Chancen auf eine neue Versicherung erhöhen. Bei einer ordentlichen Kündigung durch den Versicherer seien Versicherte auf das Entgegenkommen ihres Versicherers angewiesen und sollten aktiv das Gespräch suchen, rät BdV-Chefin Boss.
Anders verhält es sich demnach bei einer außerordentlichen Kündigung, etwa nach einem Schadensfall. In solchen Fällen könnten Versicherte einfach ihrerseits kündigen und für die eigene Kündigung ein früheres Wirksamwerden festlegen als der Versicherer, empfiehlt der Versichertenbund. Denn bei wechselseitigen Kündigungen gilt stets diejenige, die zuerst wirksam wird.
Hat ein Versicherter mehrere Verträge bei ein- und demselben Versicherungsunternehmen, darf dieses nach einem Schaden nur den entsprechenden Vertrag kündigen und nicht sämtliche bestehenden Policen, wie aktiv-online, das Info-Portal für Arbeitnehmer, hervorhebt. Beispiel: Wurde ein in der Hausratversicherung versichertes Fahrrad gestohlen, darf der Versicherer nur die Hausratversicherung kündigen. Alle anderen Verträge haben unverändert weiterzulaufen.
Quelle: GOSLAR INSTITUT
Rasch reagieren, wenn der Versicherer kündigt
... rät der der Bund der Versicherten
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