Mit „Koffer der Unsichtbaren“ zeigt die Galerie Anna Laudel vom 05. September bis 25. Oktober 2025 die erste Einzelausstellung des Künstlers Bilal Hakan Karakaya außerhalb der Türkei und präsentiert die Spannbreite seines vielfältigen Schaffens.
Der Titel der Ausstellung verweist auf den Begriff „Kofferkinder“, der 1985 von Maria Papoulias geprägt wurde und eine Generation beschreibt, die infolge der Arbeitsmigration nach Deutschland von ihren Familien getrennt aufwuchsen.
Ein ähnliches Schicksal traf Karakaya, der 1979 in Ankara geboren wurde: Sein Vater wanderte nach Deutschland aus und verstarb dort, ohne seinen Sohn jemals wiedergesehen zu haben. Karakaya studierte später an der Gazi-Universität, wurde Künstler und zog 2006 nach Istanbul. Seine Familiengeschichte steht exemplarisch für viele Biografien, die durch Migration geprägt und fragmentiert wurden. Und welcher Ort wäre geeigneter als Deutschland, um den Spuren seines Vaters nachzugehen?
Im Zentrum der Ausstellung steht ein symbolträchtiges Motiv, das tief in Migrationsnarrativen verwurzelt ist: der Bahnhof. In Istanbul verkörpern der Bahnhof Haydarpaşa auf der asiatischen und der Bahnhof Sirkeci auf der europäischen Seite seit jeher Orte des Aufbruchs und Abschieds. Beide wurden zur Zeit der Fin de Siècle von deutschen Architekten errichtet und gelten als Ausdruck türkischer Modernisierung. Diese architektonischen Wahrzeichen bildeten für viele den ersten Kontaktpunkt mit Europa – eine Synthese aus byzantinischen Elementen und westlichen Gestaltungsprinzipien. Karakayas Reise nach Deutschland, die – metaphorisch oder vielleicht auch ganz konkret – an einem dieser Bahnhöfe beginnt, ist eine persönliche Spurensuche. Sie prägt die in der Düsseldorfer Galerie Anna Laudel gezeigten Werke aus verschiedenen Schaffensphasen.
Die Besucher:innen erwartet eine Auswahl von Skulpturen aus verschiedenen Werkphasen, die aus Materialien wie Stein, Metall und Holz bestehen. In einem Koffer etwa formen magnetisierte Granulate die spiegelnde Silhouette eines Bahnhofs – bewegt durch einen Magneten, gesteuert über einen vom Künstler programmierten Code. Andere Koffer offenbaren Metallstäbe und farbige Glaseinlagen, die urbane Strukturen bilden, hinterleuchtet von einem diffusen Licht, das durch das Mosaikglas scheint.
Labyrinthische Stadtformen ziehen sich durch Karakayas Werk – teils inspiriert von realen Städten, teils aus der Vorstellung geboren. Diese hybriden, oft kugelförmigen oder verspiegelten Strukturen sind zu dichten Netzwerken verknotet, ohne Anfang und Ende. Ebenso begegnen die Betrachter:innen humanoiden Figuren, aus deren Köpfen Blumen wachsen. In traumhafter Stille schwebend, tragen sie das biografische Gepäck und das psychologische Gewicht vererbter Erinnerung und Migration.
Bilal Hakan Karakaya
1979 in Ankara geboren, studierte Bilal Hakan Karakaya von 1999 bis 2004 Kunst an der Gazi-Universität. 2006 zog er nach Istanbul, wo er mit dem Künstler Hanefi Yeter zusammenarbeitete. Seine erste Einzelausstellung „Hybrid Delusions“ zeigte er 2014 in der Galerie Anna Laudel.
Karakayas Werk umfasst Skulpturen aus Beton, Stein, Metall und Holz sowie digitale 3D-Arbeiten, die wie Gemälde oder Zeichnungen inszeniert werden. Seine Arbeiten spielen mit Raumwahrnehmung und optischer Täuschung: Labyrinthische Stadtlandschaften, oft kugelförmig, lassen Realität und Imagination verschwimmen. Dabei erzeugen die Materialien eine kühle, fast entrückte Atmosphäre.
Inhaltlich verknüpft Karakaya urbane Strukturen mit mythologischen Motiven aus der anatolischen Kultur und persönlichen Erfahrungen wie Schlafparalyse. Traum, Erinnerung und Mythos verschmelzen in seinen Werken zu einer fast spirituellen Bildsprache.
Der Künstler lebt und arbeitet in Istanbul und ist regelmäßig in verschiedenen Ausstellungen und weltweit auf führenden Kunstmessen vertreten.
Anna Laudel
Gegründet 2012 hat sich die Galerie Anna Laudel als eines der dynamischsten Zentren für zeitgenössische Kunst in Istanbul etabliert. Im Herzen der Stadt hat sich die Hauptgalerie von Anfang an zum Ziel gesetzt, künstlerische Vielfalt zu fördern und Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Herkunft und Karrierephasen zu präsentieren. Seit Beginn bietet die Galerie eine Plattform für Talente aus der Türkei, Deutschland und vielen weiteren Ländern, stets mit einem inklusiven Ansatz.
Als kultureller Knotenpunkt zwischen Europa und Asien bietet Istanbul mit seiner pulsierenden Kunstszene ideale Voraussetzungen für diese Vision. Um ihre internationale Reichweite zu stärken, eröffnete Anna Laudel 2019 eine zweite Galerie in Düsseldorf und 2022 einen dritten Standort in Bodrum im Zai Yaşam, die sich vor allem auf Einzelausstellungen konzentriert.
Die Galerie arbeitet eng mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen, um ihre Werke auf internationaler Ebene zu fördern – sowohl in den Ausstellungsräumen in Istanbul, Düsseldorf und Bodrum als auch auf führenden Kunstmessen weltweit. Unter der Leitung von Ferhat Yeter bleibt Anna Laudel ihrer Mission treu, zeitgenössische Kunst einem breiten Publikum zugänglich zu machen und die kreative Entwicklung ihrer vertretenen Künstlerinnen und Künstler aktiv zu unterstützen.
Anna Laudel Düsseldorf
Mühlenstraße 1, 40213 Düsseldorf
+49 (211) 902 269 62
dus@annalaudel.gallery
www.annalaudel.gallery
Bild: Bilal Hakan Karakaya, City Maps Series No.01, 2025 © Courtesy of the artist and Anna Laudel gallery.
Photo by Hadiye Cangökce
BILAL HAKAN KARAKAYA „KOFFER DER UNSICHTBAREN“
... anzusehen in der Galerie Anna Laudel
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