Männergesundheit: Zwischen Selbstbild und Wirklichkeit

forsa-Studie: Männer reden selten über psychische Belastungen



Wie steht es um die Gesundheit von Männern? Dieser Frage ist die hkk Krankenkasse in einer repräsentativen forsa-Umfrage mit über 1.600 Teilnehmenden nachgegangen, darunter rund 1.000 Männer. Das Ergebnis: Zwar bewerten viele Männer ihren Gesundheitszustand positiv, doch im Umgang mit psychischen Belastungen sind sie auffallend zurückhaltend.

Hohe Zufriedenheit – doch viele fühlen sich belastet


Drei Viertel der Männer beurteilen ihre psychische (78 Prozent) und körperliche Gesundheit (77 Prozent) positiv. Gleichzeitig fühlt sich jedoch mehr als jeder dritte Mann (37 Prozent) durch Alltag oder persönliche Probleme belastet – vor allem Männer zwischen 35 und 49 Jahren. „In der Psychologie sprechen wir von einem ,unrealistischen Optimismus’“, sagt Thomas Altgeld, Psychologe und Vorstandsvorsitzender des Bundesforum Männer. „Viele Männer überschätzen ihre Ressourcen und blenden Risiken aus. In Befragungen geben sie hohe Zufriedenheitswerte an – doch tatsächlich fühlen sie sich oft überfordert.“

Schweigen statt sprechen: Männer bleiben mit Sorgen oft allein

Nur 57 Prozent der Männer sprechen mit ihrer Partnerin oder Familie über ihre Sorgen (Frauen: 65 Prozent), im Freundeskreis sind es sogar nur 45 Prozent (Frauen: 59 Prozent). 44 Prozent der Männer geben an, dass es ihnen schwerfällt, über Gefühle zu sprechen; 36 Prozent fürchten, nicht verstanden oder abgewertet zu werden. Viele ziehen sich zurück und versuchen, Probleme allein zu bewältigen (37 Prozent). Der Bremer Psychotherapeut Ralf Hillebrandt-Tasmim erklärt: „Wer sagt, es gehe ihm psychisch nicht gut, gilt schnell als schwach oder krank. Das widerspricht traditionellen Männlichkeitsbildern.“ Zudem entstünde mit diesem Eingeständnis der Druck, etwas verändern zu müssen – davor schrecken viele zurück.

Nur 16 Prozent der Männer nehmen professionelle Hilfe in Anspruch. „Das muss nicht unbedingt an mangelnder Bereitschaft liegen, sondern auch an hohen Hürden – etwa lange Wartezeiten, unflexible Sprechzeiten, komplizierte Terminvergaben. Wir brauchen mehr niedrigschwellige, digitale und männergerechte Angebote“, fordert Altgeld.

Gesellschaftlicher Druck hemmt Offenheit

Etwa jeder fünfte Befragte (19  Prozent) meint, dass traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit einen sehr starken Einfluss darauf haben, wie Männer mit ihren Gefühlen umgehen. „Schon Jungen lernen: Wer überlegen und cool wirkt, wird anerkannt. Wer hingegen Gefühle zeigt, wird schnell als Heulsuse oder Feigling verspottet“, sagt Hillebrandt-Tasmim. „Diese Prägungen wirken bis ins Erwachsenenalter.“

Was sich ändern muss

Die befragten Männer wünschen sich mehr Verständnis und Offenheit für emotionale Gespräche (56 Prozent), eine wertfreie, unterstützende Atmosphäre (51 Prozent), weniger gesellschaftlichen Druck, stark sein zu müssen (53 Prozent) und mehr männliche Vorbilder, die offen über Gefühle sprechen (38 Prozent). „Toxische Männlichkeitsbilder sind noch immer verbreitet“, so Altgeld. „Männer mit Statussymbolen und Risikobereitschaft dominieren das Bild. Männer, die sich um Familie oder Pflege kümmern, stehen selten im Rampenlicht. Dabei brauchen wir genau solche Vorbilder – in Medien, Politik und Alltag.“ Auch die emotionale Kompetenz müsse früher gefördert werden. Kinder bräuchten sichere, liebevolle Beziehungen ohne Gewalt. „Erwachsene sollten ihnen zeigen, wie man gut mit Gefühlen umgeht. Trainings für Eltern und frühe Hilfen können verhindern, dass Kinder belastende Erfahrungen machen. So lernen Jungen und Mädchen von Anfang an: Gefühle sind okay, und darüber zu sprechen hilft", so Hillebrandt-Tasmim.

Bild: hkk Krankenkasse

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