Wortklauberei (36): Jede Kilowattstunde zählt!

Kommentar von Peter Schwerdtmann, Autoren-Union Mobilität



Immer wieder zwingen einen Studien, die eigene Haltung zu überdenken. Gerade legte Simon-Kucher & Partners, eine global tätige Unternehmensberatung, eine im Juli und August dieses Jahres durchgeführte Studie vor.

Und die gibt zu denken, obwohl das Ergebnis an sich wenig überrascht: Je größer die erwartete Benzinpreiserhöhung, desto größer das Interesse am Elektrofahrzeug. Der Wegfall der Spritpreis-Subventionen sollte jetzt also eigentlich den Verkauf von Elektroautos ankurbeln – hätte sollen, wenn die Lieferzeiten nicht so lang wären.

Einen zweiten Grund für Kaufzurückhaltung nennt die Studie selbst: „...denn auch die Preise am Strommarkt spielen eine wichtige Rolle“. So schnell ändern sich die Zeiten. Rund einen Monat nach der Befragung haut der Strompreis heftig die Notbremse in den Elektroantrieb. Und so erreicht der Strompreis bei Elektroautos jetzt die Wirkung, die einst die Grünen von einem überhöhten Benzinpreis beim geächteten Verbrenner erwartet hatten.

Und dann wird auch noch der grüne Wirtschafts- und Energieminister fast täglich zitiert mit dem Kampfslogan: Jede Kilowattstunde zählt!

Nun zählen die Käufer von Elektroautos nicht zu den Unterprivilegierten. Manche sind auch heute schon bereit, an Ladesäulen rund einen Euro pro Kilowattstunde zu berappen. Die wird der Preis nicht abschrecken. Bleibt die ministerielle Aufforderung, Strom zu sparen. Denn jede gesparte Kilowattstunde verringert nicht nur die Energielücke, sie nimmt uns auch den Zwang, statt Gas nun Kohle zu verstromen.

Noch ist es kein Massenproblem. Denn von den rund 68 Millionen in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen verfügen 700.000 – also nur rund ein Prozent – über einen rein elektrischen Antrieb. Doch jede Kilowattstunde zählt.

In diesen Wochen schauen wir erstaunt zu, wie der Pragmatismus immer wieder über die Ideologie siegt. Wir reden darüber, ob und wie uns die letzten Kernkraftwerke erhalten bleiben. Wir fahren Braun- und Steinkohle-Kraftwerke wieder hoch. Wir wollen eine Grundsäule der Marktwirtschaft umstoßen und als Staat in den Markt eingreifen. Wir denken sogar über Extra-Steuern nach und bauen Entlastungspakete, deren Gegenfinanzierung in den Sternen steht. In diesem Umfeld wirken ältere und vielbejubelte Leistungen des Staates auf einmal wie aus der Zeit gefallen: zum Beispiel die Umweltprämie und die Gelddruckmaschine Treibhausgasminderungsquote.

Was muss ich als Elektroauto fahrender Mensch nun befürchten? Mein e-Mobil zählt mit 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometen zu den sparsamsten seiner Klasse. Muss ich nun trotzdem in Zukunft mit einem Fahrverbot rechnen, wo doch jede Kilowattstunde zählt? (Peter Schwerdtmann/cen)

Foto: Autoren-Union Mobilität

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