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02.11.2024

 

 

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»Anderselbst«

Das Lausitz Festival präsentiert Programm 2024



Das Lausitz Festival lädt vom 24. August bis zum 14. September zu aufregenden Kunsterlebnissen an besonderen Orten in die Lausitz nach Südbrandenburg und Ostsachsen.

In der fünften Ausgabe dieses europäischen Kunstfestivals sind rund 60 Veranstaltungen in 10 Sparten und acht Originalproduktionen zu erleben: von klassischen Konzerten über Jazz, Theater, Tanz, Film, Literatur und Liederabenden bis hin zu philosophischen Gesprächen beim Lausitz Labor. Das Festival steht unter der Schirmherrschaft der Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Dr. Dietmar Woidke und Michael Kretschmer.

Die diesjährige Festivalausgabe greift wieder einen Aspekt des Strukturwandels heraus, indem das Programm 2024 das Inspirationswort »Anderselbst« in ganz unterschiedlichen Veranstaltungen künstlerisch verarbeitet. »Mit dem Kunstwort ›Anderselbst‹ bezeichnen wir eine Vielheit von Erfahrungen, die Menschen in Orten und Zeiten tiefgreifenden Wandels besonders intensiv prägen. Diese Erfahrungen haben immer mit der Schlüsselfrage zu tun, wie viel Selbst im künftigen, noch unbekannten, noch zu erfindenden Anderen bleiben darf und bleiben muss, wie viel Selbst gar erst durch das Andere zum Vorschein kommen kann. Die Art und Weise, wie wir dem Anderem begegnen, wie wir es betrachten, es beurteilen, seine Relevanz bewerten, formt das Selbst und das Andere – das eigene Gesicht und das Gesicht der Welt von Morgen«, sagt Intendant Daniel Kühnel.

Eröffnet wird das Lausitz Festival 2024 am 25. August in Weißwasser mit »Othello/Die Fremden« von William Shakespeare, inszeniert vom jungen Regisseur Marcel Kohler. Shakespeares Meisterwerk »Othello« über zerstörerische Wut, und »Die Fremden«, ein erschütternd aktueller Text, werden zum immersiven Stationendrama in der ehemaligen Glasfabrik Telux. Das Publikum erlebt die Geschichte an mehreren Orten des Geländes und wird schließlich mit eigenen Begierden und Gefährdungen konfrontiert. Thematisiert werden Wut und Begehren als Geschichtskräfte, die im Zuge von Transformationsprozessen eine besondere Wirkmächtigkeit entfalten. Das Stück wird in Kooperation mit dem Soziokulturellen Zentrum Telux und Telux Glasproducts & Components aufgeführt.

Bereits am Vorabend der Eröffnung zur fünften Ausgabe des Lausitz Festivals sind Besucher:innen zu einem außergewöhnlichen Musikspektakel auf das Altstadtfest in Görlitz eingeladen: »Freude schöner Lausitzfunken« entsteht in Kooperation mit dem Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau und Lausitzer Chören. In einer Klassik Open Air Veranstaltung wird der vierte Satz von Beethovens neunter Symphonie mit der »Ode an die Freude« im Zusammenspiel von Orchester, einem für die Aufführung neu zusammengestellten großen Chor und internationalen Solist:innen erklingen.  Maria Schulz, Geschäftsführerin der Lausitz Festival GmbH, sieht durch das Festival die Region als Ganzes gestärkt. »Die Lausitz wächst durch die besondere Festivalarbeit in den unterschiedlichen Kunstsparten und Fachbereichen bundesländerübergreifend zusammen. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung des Lausitzer Netzwerkes und der Förderer, die dem Lausitz Festival bereits seit fünf Jahren zur Seite stehen. Besonders freue ich mich auf den diesjährigen Einstieg in die Festivalsaison, wenn in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec der vierte Satz von Beethovens Neunter und somit die Europahymne erklingt. Alle sind eingeladen, freudig mitzumachen.«

Ludwig van Beethoven schrieb insgesamt 16 Streichquartette, die seine kreative Entwicklung von der Wiener Klassik zur Romantik illustrieren und die dieses Jahr in der Reihenfolge ihrer Entstehung im Lausitz Festival an besonderen Orten in Brandenburg und Sachsen zu erleben sind. Das Quatuor Danel nimmt Besucher:innen mit auf eine musikalische Reise durch die Lausitz zum Bildungsgut Schmochtitz Sankt Benno, in die Fachwerkkirche Gut Saathain bei Röderland, zum Wappensaal von Schloss Lübben, auf Schloss Branitz sowie zum Fastentuch der Zittauer Kreuzkirche.

In Weißwasser inszeniert die Regielegende Claus Peymann im 100. Todesjahr des Schriftstellers Franz Kafka »Ein Bericht für eine Akademie«. Zu erleben ist, wie der junge Schauspieler Nico Dorigatti als Affe vor die hohe Akademie tritt, um über seine spektakuläre Wandlung vom Affen zum Menschen zu berichten. Mit der Tragikomödie bespielt das Lausitz Festival erstmals den Lichtsaal der ehemaligen Telux-Glasfabrik. Es geht um den radikalen Bruch im Lebensweg eines Außenseiters und einen erzwungenen Umgang mit einer neuen Lebenswelt in einer absurd entfremdeten Gesellschaft.

In Koproduktion mit der neuen Bühne Senftenberg steht eine theatralische Bootsfahrt über den Senftenberger See mit der Santa Barbara auf dem Programm. »Vineta oder Das schwarze Tal« bringt Sagen, Legenden und Lebensläufe ans Licht. Was ist untergegangen mit den Dörfern, Kraftwerken und Systemen?

Am Staatstheater Cottbus inszeniert Regisseur Yaron David Müller-Zach »Bin ich das Andere? Recital for Cathy«. Die Aufführung wandelt sich von einem romantischen Liederabend mit Klavier zu einer orchestral vielschichtigen Erzählung über das Andere, bei der die Sängerin mit großer Tragik und zarter Komik Vertrautes und Fremdes durchforstet.

Die Tanzsparte des Lausitz Festivals setzt ihre musiktanztheatralische Arbeit mit der neuen Produktion »Stille Post – lauter Träume« fort, die im Hangar 1 auf dem Areal des ehemaligen Flugplatzes Cottbus-Nord inszeniert wird. In Zusammenarbeit mit lokalen Akteur:innen der Lausitzer Tanzlandschaft erforscht das Duo Haggai Cohen-Milo und Margaux Marielle-Tréhoüart die Verknüpfung von Tanz und Musik durch die Schaffung gemeinsamer Sprachen und geteilter Spielregeln.

Inspiriert von der Popularität und Avantgarde der Gospelmusik arrangiert der Komponist Haggai Cohen-Milo mit seinem langjährigen musikalischen Partner James Shipp sephardische Melodien. »Diaspora Crossover« ist eine mitreißende musikalische Mischung, die erstmals von der EuropaChorAkademie im Kulturforum Görlitzer Synagoge aufgeführt wird.

Die vom Autor Jurji Koch gestellte Frage nach dem Überleben der Blauracken im Fehrower Spreetal wirft auch die Frage nach der Zukunft der Sorben auf. Im Burgtheater des Deutsch Sorbischen Volkstheaters erkunden drei Schauspieler:innen mit »Wortall oder die Farben der Mandelkrähe« spielerisch Texte, die den Erfahrungshorizont verschiedener Angehöriger des kleinsten slawischen Volkes zwischen Spreewald und Lausitzer Bergland beleuchten.

Das Thema einer Lesung in Görlitz, das die prominente tschechische Autorin Radka Denemarková in ihrem neu aufgelegten Roman »Peníze od Hitlera/Das Geld von Hitler« beschreibt, ist gerade in der Grenzregion Böhmen-Deutschland, also auch in der Oberlausitz, von nachhaltiger Brisanz. Ihr Blick zurück auf ein Kapitel verdrängter deutsch-tschechischer Nachkriegsgeschichte wurde bereits in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

Die finnische Sopranistin Camilla Nylund zählt zu den international begehrtesten Sängerinnen ihres Fachs und gastiert für das Lausitz Festival in der Klosterkirche St. Annen, einem kunsthistorischen Schatz an der Via Sacra. Sie hat ein Programm erarbeitet, das Lieder ihres finnischen Landsmanns Armas Järnefelt, Gustav Mahlers Vertonungen von Friedrich Rückerts Lyrik, frühe Lieder Alban Bergs und die beliebten »Vier Lieder« op. 27 von Richard Strauss umfasst.

Auch Jazzfans haben 2024 wieder gute Gründe, das Lausitz Festival zu besuchen. In der Kulturweberei Finsterwalde spielt die WDR Bigband mit dem US-amerikanischen Trompeter Scott Wendholt, und die Brikettfabrik Louise lockt zum Überraschungskonzert mit Polens beliebtestem zeitgenössischen Jazzpianisten Leszek Możdżer.

Das Lausitz Labor als Ort für Debatte und Kunst lädt schließlich sein Publikum ein, die eigenen Irritationen angesichts der gesellschaftspolitischen Situation im Medium der Philosophie und in Anlehnung an die Kunstwerke des Festivals zu reflektieren. Es stellt an Philosophie und Kunst die Frage »Für wen?«. Das Lausitz Labor hat ausgewiesene Expert:innen aus den Bereichen Philosophie, Soziologie, Literatur, Kunst- und Theaterwissenschaften für drei Tage in die Lausitz nach Cottbus eingeladen, um die Rolle von Philosophie und Kunst in der Gesellschaft zu untersuchen. Es diskutieren unter anderem Carl Hegemann, Susan Neiman, Armin Petras und Richard David Precht.

Das Ephraim-Projekt, benannt nach dem aus der Lausitz stammenden Dichter Gotthold Ephraim Lessing, findet dieses Jahr in einer Serie von Songwerkstätten statt, bei denen sich Träume, Wünsche und Geschichten von Lausitzer:innen in Songpoesie verwandeln. Zum Abschluss des diesjährigen Lausitz Festivals werden in Cottbus erste Vertonungen zusammen mit renommierten Jazzer:innen unter dem Titel Lausitzlieder vorgetragen.

 


Veröffentlicht am: 24.04.2024

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